19/05/2010
19/05/2010

Pressekonferenz zur Vorstellung der Förderung steirischen Architekturexportes im HdA am 19.05.2010

Eva Guttmann (GF.i. HDA Graz) begrüßt zur Pressekonferenz.

V.r.n.l.: Landesrat Dr. Christian Buchmann, Dr. Burghard Kaltenbeck (GF SFG), Mag.a DI.in Eva Guttmann (GF HdA), Dr.in Claudia Weyringer (ICS), Martin Krammer

Dr. Burghard Kaltenbeck (GF SFG), Landesrat Dr. Christian Buchmann, Eberhard Schrempf (GF CIS). Fotos: Martin Brischnik

Am Montag, dem 17.05.2010 beschloss die Steiermärkische Landesregierung auf Antrag von Landesrat Dr. Christian Buchmann einstimmig, den Planungsexport steirischer ArchitektInnen im Jahr 2010 mit einer Summe von 150.000 Euro zu fördern.

Die Vorgeschichte zu diesem Entschluss stammt aus dem Jahr 2008, als Arch. DI Ernst Giselbrecht mit Landesrat Buchmann über die Ausweglosigkeit des Architekturexportes sprach. Die Politik anderer Nationen wie beispielsweise Holland oder Dänemark steht deutlich hinter deren Architektinnen und Architekten und fördert den Export durch gezielte Programme. Hohe Geldbeträge fließen in Publikationsförderungen, es werden Architekturausstellungen im Ausland organisiert und politisch getragen. In Österreich konnten Architekturschaffende bis vor Kurzem nicht einmal die Unterstützung von Außenhandelsdelegierten oder Kulturattaches beanspruchen, unterstehen diese doch den Wirtschaftskammern, während ArchitektInnen bekanntlich eine eigene Kammervertretung haben. Allein die bewusste Nutzung vorhandener Netzwerke und Ressourcen am Sektor des Dienstleistungsexportes kann eine enorme Chance darstellen.

Basierend auf diesen Missständen startete die „Creative Industries Styria“ unter Geschäftsführer Eberhard Schrempf im Jahr 2009 ein Branchenscreening, in dessen Rahmen 22 Grazer ArchitektInnen zu deren Erfahrungen am Sektor des Planungsexportes, zum dringenden Bedarf und den aus ihrer Sicht drastischsten Mängeln befragt wurden. Begleitet von Andreas Pfetsch, dem Betreiber der Architekturmarketing-Agentur „ap35“, fanden im Sommer mit den am Branchenscreening beteiligten ArchitektInnen noch drei „Think Tanks“ statt. Im Rahmen dieser Workshops wurde vertieft über die Möglichkeiten der Vernetzung steirischer Architekturbüros, die Sinnhaftigkeit der Bildung einer Marke „Steirische Architektur“ sowie über mögliche Fördermodelle diskutiert.

Aus den Ergebnissen von „Branchenscreening“ und „Think Tanks“ wurde Anfang 2010 von Andreas Pfetsch und Eberhard Schrempf ein aus fünf Modulen bestehendes Maßnahmenpaket geschnürt, welches schließlich Landesrat Buchmann vorgestellt wurde. Die Kosten dafür wurden für das Jahr 2010 mit 150.000 Euro angesetzt und nun durch die Landesregierung beschlossen.

Landesrat Buchmann sieht im Architekturexport vor allem eine Chance hinsichtlich der langfristigen Wertschöpfung. Die heurige Förderung sei nicht als einmaliges Projekt zu verstehen, sondern als Beginn eines kontinuierlichen Prozesses. Vor allem erhoffe man sich seitens der Wirtschaftspolitik einen nachhaltigen Dominoeffekt. Erhebungen anderer Nationen zeigen, dass Dienstleistungsumsätze im Ausland für die aktiven Exportländer das 10- bis 20-fache an produktbezogenen Exportleistungen zur Folge haben. Spezialisierte steirische Firmen aus der Bauindustrie, welche zum Teil bereits gegenwärtig eng mit den ansässigen Architekturbüros kooperieren, könnten in ihrem eigenen Export direkten Profit aus dem gesteigerten Planungsexport ziehen.

In der Praxis gliedert sich die Förderung für das Jahr 2010 in fünf Module. So soll nach Ermittlung von realistischen Zielregionen gezieltes Lobbying über die vorhandenen Strukturen und Kontakte der Wirtschaftspolitik betrieben werden. Die Präsenz steirischer Architektur in internationalen Blogs und auf Internetplattformen soll durch eine „Web-Force-Unit“ optimiert werden. Neben diesen zentral gesteuerten Projekten, welche der gesamten Branche zugutekommen werden, soll es auch individuelle Förderungen geben. So wird die Teilnahme an internationalen Architekturwettbewerben für zehn ausgewählte Projekte mit jeweils 4.000 Euro unterstützt. Es sollen Druckkosten für Architekturpublikationen und Reisekosten für Akquisitionsreisen gefördert werden. In Kooperation mit der TU und dem Ziviltechnikerforum soll die Qualifizierung durch Fortbildungen, z. B. in den Sektoren internationalen Vertragsrechts, Businessenglisch und Marketing verbessert werden.

Die Abwicklung dieser Maßnahmenpakete erfolgt durch die Creative Industries Styria (CIS) und die Steirische Wirtschaftsförderungs GmbH (SFG) in Kooperation mit dem Internationalisierungscenter Steiermark (ICS), der Zentralvereinigung der Architekten Steiermark (ZV-Steiermark), dem Haus der Architektur (HdA), der steirischen Kammer für Architekten und Ingenieurkonsulenten sowie der TU Graz.

Zusätzlich zu der nun beschlossenen Förderung stehen für steirische ArchitektInnen bereits seit Herbst 2009 die Exportförderungen von SFG und ICS bereit. So nehmen heuer im Juni an der geförderten Reise einer Wirtschaftsdelegation der SFG zur Weltausstellung nach Shanghai bereits zu etwa 50 % Architektinnen und Architekten teil.

Die Chance, den Planungsexport steirischer ArchitektInnen zu verbessern, ist groß, und es ist sehr positiv zu bewerten, dass seitens der Politik eine klare Wertschätzung heimischer Architektur gezeigt wird. Die Nachhaltigkeit dieses Projektes ist allerdings nur gegeben, wenn greifbare Inhalte und Themen generiert werden, welche im internationalen Kontext Aufsehen erregen und die Qualität steirischer Architektur belegen. Dieser Prozess wird ohne den Kooperationswillen und den Einsatz der steirischen ArchitektInnen wiederum nicht machbar sein. Die Initialzündung ist erfolgt.

Verfasser/in:
Martin Brischnik, Bericht
ute angeringer-mmadu

In regelmäßigen Abständen bekennen sich Politiker zu Architektur und Baukultur, sie geben sich in diversen Institutionen ein Stelldichein, um ihr Verständnis zu bekräftigen, dass ihnen Architektur und ihre Vermittlung am Herzen liegen. Genauso regelmäßig werden Gelder in nicht unbeträchtlicher Höhe locker gemacht, um sich selbst, die Architektur und einige wenige ihrer Protagonisten zu feiern. Um Inhalte geht es dabei meist nicht, genauso wenig wie inhaltliche Diskussionen geführt werden. Am wenigsten fühlen sich diejenigen angesprochen, um die es eigentlich geht, oder gehen sollte, nämlich die Userinnen und User, wie sie gerne genannt werden und um die andererseits doch alle buhlen, wenn es darum geht, die Architektur aus dem so genannten elitären Eck zu holen und als das zu vermitteln, was sie eigentlich ist: gestaltete Umwelt, dazu gehören Freiräume genauso wie gebaute Räume, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass wir alle ständig von Architektur umgeben sind hieße eigentlich Architekturvermittlung zu betreiben. Das hieße auch, damit schon frühzeitig in der Schule, besser noch im Kindergarten zu beginnen. Bloß gehen alle Bemühungen spurlos an PädagogInnen, SchülerInnen und an allen anderen vorrüber, außer an denen, die es ohnehin besser wissen, die sich dann wieder gegenseitig darin bestärken, wie schwierig es ist, Architektur der breiten Masse zu vermitteln.
Viel lieber scheint es, biedert sich die steirische Architektur den Gegebenheiten von herrschenden Machtstrukturen und politischen Verhältnissen an, wirft sich in die Arme des Neoliberalismus und entfernt sich zunehmend davon, was Architektur eigentlich sein sollte, Seismograph bestehender Verhältnisse, aber im Sinne einer kritischen Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Verhältnissen. Architektur wird damit zur hegemonialen Angelegenheit nicht einmal mehr des Staates, sondern der alles sich einverleibenden Wirtschaft.
Vielleicht täte einmal ein Diskurs gut, zu definieren, was Architektur überhaupt noch ist…

Do. 20/05/2010 12:07 Permalink
ute angeringer-mmadu

Ein Ansatz dem ich sehr viel abgewinnen kann, vor allem dann, wenn die Initiativen, die sich um eine Vermittlung von Architektur auf Augenhöhe bemühen, auch einen dem entsprechenden Etat zur Verfügung hätten.
Denn es mangelt weder an guten Ideen noch an kompetenten und engagierten Personen, die das ohnehin praktizieren, engagiert mit viel Enthusiasmus und wenig Mitteln.

Fr. 21/05/2010 8:46 Permalink
Miriam Morgenstern

Ich moechte nicht auf die Sinnhaftigkeit der Foerderung von Architekturexport per se eingehen - doch ich wuerde gerne das Branchenscreening, (Zitat Anfang) >in dessen Rahmen 22 Grazer ArchitektInnen zu deren Erfahrungen am Sektor des Planungsexportes, zum dringenden Bedarf und den aus ihrer Sicht drastischsten Mängeln befragt wurden.< (Zitat Ende), hinterfragen.
Gibt man in www.herold.at als Suchbegriff 'Architekten' und als Ort 'Graz' ein, erhaelt man 241 Suchergebnisse fuer Graz (Stadt).
22 Befragungsergebnisse als Grundlage fuer ein derartiges Massnahmenpaket zu nehmen, erscheint angesichts grundsaetzlicher Architektur-Vermittlungsinteressen fuer die Bevoelkerung, sehr fragwuerdig und scheint eher eigenen Interessen dienlich zu sein!
Ich begruesse Foerderungen, die die heimische Wirtschaft unterstuetzen, doch sollte nicht auf dem Bild, das nach aussen vermittelt wird, der Fokus liegen, sondern auf den Inhalten, die wir produzieren, aus diesen ergibt sich das positive Bild, dass die Welt dann von uns und unserem Export erhaelt!!

Do. 20/05/2010 3:03 Permalink
Martin Brischnik

Was ist Architektur? Wie funktioniert Architekturvermittlung?
Große Fragen und wenig Antworten. Oder doch ganz viele Antworten? Klar - das meisste was gegenwärtig am Sektor Architekturvermittlung geschieht verpufft branchenintern. Man geht "Häuser schauen" und trifft Kolleginnen und Kollegen. Man besichtigt das Büro seines Kollegen im Rahmen der Architekturtage. Auf der Biennale - ArchitektInnen wohin das Auge blickt. Auch das Publikum des HdA ist traditionell schwarz gekleidet.
Die Lehre die daraus gezogen werden kann ist: Vermittlung von Baukultur sollte qualitativ verbessert werden und professioneller laufen. Aber - jammernd jeden weiteren Versuch der Architekturvermittlung bereits in den Anfängen schlecht zu machen ist kontraproduktiv. Wichtiger wäre, dass die gesamte Branche ihre abgehogene Arroganz endlich ablegt und lernt mit den vielen Menschen, denen Architektur noch nichts bedeutet, auf Augenhöhe über Baukultur zu sprechen und Begeisterung dafür zu vermitteln. Dieser Prozess soll und muss natürlich schon bei der Jugend, den SchülerInnen beginnen. Dieser Prozess muss auch auf die "Baustelle Land" hinausgetragen werden. Alle diese Initiativen schliessen einander nicht aus, im Gegenteil, sie ergänzen einander. Der aktuelle Versuch auch den Export von Architekturplanung anzukurbeln ist ein weiterer und wichtiger Vorstoss um die heimische Architekturszene zu fördern. Die Ansätze sind gut, es gilt nun Inhalte in das Programm zu bringen.

Do. 20/05/2010 2:52 Permalink
B:Bertold

Geldverschleuderung wie im Falle des ALS Architektur Laboratorium Steiermark (angeblich rund 600.00 € plus 200.000 für Biennale Auftritt) und wem hat das Projekt genützt, welcher Hahn (internationalen gesehen) kräht deshalb nach steirischer Architektur. Ich möchte wissen, welcher der teilnehmenden Architekten in Folge auch nur einen Auftrag im Ausland bekommen hat, geschweige denn ein Feedback. Eine Evaluation wäre dringend nötig. Und nun fließen wieder die Gelder in etwas, das von Bauherren nicht wahrgenommen werden wird, oder worum geht es dabei sonst?

Do. 20/05/2010 9:08 Permalink
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