20/03/2017

Alles bunt und wunderbar

Vorschläge zur Diagonale 2017 von Emil Gruber

20. Diagonale
Festival des österreichischen
Films in Graz
28. März – 2. April 2017

20/03/2017

Constructed Futures

©: Sandra Schäfer

Homo Sapiens

©: Nikolaus Geyrhalter

Sühnhaus

©: Freibeuterfilm gmbh

Du, meine konkrete Utopie

©: Zara Pfeifer

Donald Judd and I

©: Sasha Pirker

A Tropical House

©: Karl-Heinz Klopf

Die Liebhaberin

©: Nabis Filmgroup s.r.l.

Die Migrantigen

©: Golden Girls Filmproduktion

Die Nacht der 1000 Stunden

©: Widrich Films

20. Diagonale

©: DIAGONALE

Die Welt ohne uns, 2007 erschienen, gilt mittlerweile als ein Sachbuchklassiker. Sein Autor Alan Weisman erforscht aufgegebene und unberührte Umgebung in ihrer Entwicklung, wenn der Mensch fehlt. Immer wieder setzt er sich dabei auch mit Bauwerken auseinander, erklärt akribisch den Lauf der Auflösung, zeigt das Kurzfristige und das Dauernde in der Architektur.
Von Weismans Buch ist es nur ein kurzer Weg zu Homo Sapiens von Nikolaus Geyrhalter. Der Regisseur ist Experte für Dokumentarfilme, deren Bildsprache so eindringlich ist, dass auf jeden Dialog verzichtet werden kann. Diesmal zeigt er uns Orte in der Welt, in der die Natur wieder die Alleinherrschaft übernommen hat. "Homo Sapiens ist ein Film über die Endlichkeit menschlichen Seins, über die Fragilität unserer Existenz, das Ende des industriellen Zeitalters und über das, was es ausmacht, Mensch zu sein" (Geyrhalter).

Die Diagonale tritt vom 28. März bis 2. April 2017 wieder vor die Leinwand. Aufgrund der Special Olympics zwar etwas verspätet, gibt es dennoch wieder viele Gründe für Architektinnen und Architekten den Off-Modus von CAD Programmen zu aktivieren, Modelle fragmentarisch gestaltet und Pläne ruhen zu lassen. Film inspiriert. Das kann für Ideen zur Rettung der Welt nur gut sein.

Wie jedes Jahr werden hier, wie immer überzeugt subjektiv, eine Auswahl von empfehlenswerten Filmen vorgestellt, die Architektur im Zentrum haben oder rund um sie kreisen.
Als ein besonderer Leckerbissen kann dabei das Programm 4 im Rahmen der Kurzdokumentarfilmreihe herausgeschält werden. Du, meine konkrete Utopie von Zars Pfeifer taucht in das in den 1970ern erbaute Wohnprojekt Wien Alt-Erlaa ein, ein weiterer kurzer Streifen macht die Verbundenheit des 1994 verstorbenen Künstlers Donald Judd zum Inventar des Schindler House in Los Angeles sichtbar. In A Tropical House wird fast eine Stunde lang auf Materialien und Geschichten des vom indonesischen Architekten Andra Matin geplanten Bauwerks eingegangen.
Constructed Futures: Haret Hreik läuft als einer der Filme im Kurzfilmdoku-Programm 3. Haret Heik ist ein Stadtteil von Beirut. Er gilt als das Zentrum und der Hauptsitz der Hisbollah. 2006 wurde das Quartier großflächig durch israelisches Bombardement im Libanonkrieg zerstört; mittlerweile ist es fast vollständig wieder aufgebaut. Der Film geht dem Spannungsbogen zwischen Ideologie, Krieg und Architektur nach.
„Das Haus, die Flammen, der Tod. Sigmund Freud. Und warum manche Orte das Unheil anziehen ...“,  ist der Ankündigungstext zu Sühnhaus von Maya McKechneay. Der dokumentarische Essay erzählt die Geschichte einer Adresse, Schottenring 7, in Wien. Hier brannte 1881 das Ringtheater vollständig ab, das Unglück forderte 384 Menschenleben. Das danach errichtete Sühnhaus wurde zu Kriegsende 1945 wieder praktisch zerstört und einige Jahre danach abgetragen. McKechneays Architekturhorrorfilm liefert ein frisches Bild auf eine seinerzeit immer wieder rasch zugedeckte Wiener Lokalhistorie.
Unverputztes und Offenes, bei Festivals 2016 mehrfach Prämiertes, zeigt in der Sektion Spielfilme Die Liebhaberin. Los Decentes, so der treffendere spanische Originaltitel, ist eine österreichische, südkoreanische(!) und argentinische Koproduktion des in Salzburg geborenen Filmemachers Lukas Valenta Rinner. Sie hat Belén, ein Hausmädchen in einer Gated Community am Stadtrand von Buenos Aires, im Fokus, die die andere Seite des Zauns entdeckt. Dort herrscht ein Leben in einer für sie bisher nicht vorstellbaren Freiheit. Beléns Grenzgänge und ihre neue Erfahrung mit Unabhängigkeit münden in eine thrillermäßige Auseinandersetzung mit der bourgeoisen Macht.
Welche unerzählten Familiengeheimnisse kommen zu Tage, wenn in einer Nacht sämtliche Bewohner eines ehrwürdigen Gebäudes einer Unternehmerdynastie wieder auferstehen und sich zu den Lebenden gesellen? „Ein Haus als geisterhaftes Geschichtsmodell“ (Programmheft): Virgil Widrichs Die Nacht der 1000 Stunden, eine Groteske über jedermanns und jederfraus mit ins Grab genommenes Zweitleben neben der überlieferten Erinnerung wurde unter anderem beim größten Filmfestival Asiens, im südkoreanischen Busan, ausgezeichnet.
Eine österreichische Uraufführung erlebt Die Migrantigen. Im fiktiven Rudolfsgrund, einem sozialen Problemviertel, täuschen Benny und Marko für eine Pseudo-Doku-Soap vor, Kleinkriminelle mit migrantischem Hintergrund zu sein. Bis irgendwann die Show aus dem Ruder zu laufen beginnt. Arman T. Riahi, selbst im Iran geboren und in Wien aufgewachsen, wechselt seit Jahren zwischen Dokumentation und Spielfilm. Die Migrantigen, die ursprünglich als zwölfteilige Serie gedacht war, ist so etwas wie die erste österreichische Anti-Integrationskomödie, bei der bewusst Grenzen ausgelotet werden.

Unbeschränkt empfehlenswert ist das heurige Spezialprogramm 1000 Takte Film. Gemeinsam mit dem Österreichischen Filmmuseum und dem Filmarchiv Austria wurden insgesamt elf Programmteile entwickelt, die einen Querschnitt von Filmen zur österreichischen Popkultur von Ende der 1960er Jahre bis ins Heute zeigen. Arena-Besetzung, Hansi Lang, Schmetterlinge, Ambros und Fendrich auch als Schauspieler, Uma Thurman als noch unentdeckter Filmstar in einem Peter Ily Huemer Film (Kiss Daddy Good Night), U4, New Wave, Techno, Malaria, Coconuts, Ich oder Du und zum guten Ende ein Bilderbuch:  Everybody dance now !

TERMINE

  • Homo Sapiens – Mi 29.3., 13 h, 30 KIZ Royal
  • Sühnhaus – Do 30.3., 16 h, UCI Annenhof Saal 5
  • Constructed Futures: Haret Hreik
    im Rahmen von Kurzdokumentarfilm-Programm 3
    Do 30.3., 21 h, Schubertkino 2 / So 2.4., 11 h, Rechbauerkino
  • Du, meine konkrete Utopie
    Donald Judd and I

    A Tropical House
    Alle im Rahmen von Kurzdokumentarfilm-Programm 4
    Fr 31.3., 16 h, Schubertkino 2
    Sa  1.4.,  8 h 30, UCI Annenhof Saal 5
  • Die Liebhaberin
    Mi 29.3., 18 h 30, UCI Annenhof Saal 5
    Fr  31.3. 11 h 30, UCI Annenhof Saal 6
  • Die Migrantigen
    Fr 31.3., 21 h , KIZ Royal
    So  2.4. 11 h 30, UCI Annenhof Saal 6
  • Die Nacht der 1000 Stunden
    So 2.4.,  11 h, UCI Annenhof Saal 5

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