12/06/2019

Der Stoff, aus dem
Träume sind

1975 - 2015
Wohnprojekte in Österreich

Ein Film von Michael Rieper und Lotte Schreiber
75 Min, AT 2019

Der Stoff, aus dem Träume sind erkundet die verschiedenen Zugänge und Formen gemeinschaftlichen Wohnens aus der Innenperspektive von BewohnerInnen und AkteurInnen, verzichtet dabei bewusst auf ExpertInnen- kommentare aus dem Off und eröffnet so das Thema einem breiten Publikum.

Premiere in Graz
Mo, 17. Juni 2019, 18:30 Uhr
KIZ RoyalKino
Conrad von Hötzendorfstr. 10
8010 Graz

Premiere in Wien
Di. 18. Juni 2019, 19:30 Uhr
Stadtkino im Künstlerhaus
Akademiestraße 13
1010 Wien

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12/06/2019

Der bildende Künstler Marko Lulic realisierte 2010 in der Terrassenhaussiedlung Graz die Arbeit 'Der Stoff, aus dem Träume sind' in Form einer einprägsamen Fassadenbeschriftung – sie wurde zum Filmtitel.

Filmplakat – Der Stoff, aus dem Träume sind – Wohnprojekte in Österreich, 1975 - 2015. Ein Film von Michael Rieper und Lotte Schreiber, 75 min, AT 2019

Filmstill – P.K.W. – Projekt Kooperatives Wohnen, Raaba, Betonmodule. Archivbild aus der Bauzeit

Anhand von sechs Meilensteinen selbstorganisierten und selbstverwalteten Wohnbaus in Österreich nähert sich der Dokumentarfilm an die unterschiedlichen Themen kooperativer Wohnprozesse von 1975 bis heute an. Dabei beleuchtet er über die AkteurInnen und BewohnerInnen der jeweiligen Wohnprojekte nicht nur deren sozialen und sozialökonomischen Anspruch, sowie deren gesellschaftspolitische Aussage sondern gibt darüber hinaus Einblick in die alltäglichen kleinen wie großen Errungenschaften, Diskussionen und Konflikte, die das Leben im Kollektiv mit sich bringt.

Der Stoff, aus dem Träume sind begibt sich unter der Regie von Michael Rieper und Lotte Schreiber anhand von sechs ausgewählten, gemeinschaftlichen Wohnprojekten auf Spurensuche quer durch Österreich. In Beobachtungen des Alltäglichen und in Interviews wird unter anderem der Frage nachgegangen, inwieweit die individuellen Wunschvorstellungen nach selbst- und mitbestimmtem Wohnen der Praxis des Zusammenlebens standhalten. Dabei werden auch die unterschiedlichen Strategien beleuchtet, die den einzelnen Wohnprojekten zugrunde liegen – etwa in der Frage der Eigentumsverhältnisse. Diese reichen vom persönlichen Wohnungseigentum, über das bewährte Genossenschaftsmodell bis hin zum ausgeklügelten Gemeinschaftsmodell des deutschen Mietshäusersyndikats, das von Linzer AktivistInnen nach Österreich überführt wurde.
So unterschiedlich die Modelle, so verschieden sind auch die Ausgangssituationen und Beweggründe der einzelnen Bau- und Wohngemeinschaften:
Während das 1978 fertiggestellte P.K.W. – Projekt Kooperatives Wohnen in Raaba bei Graz aus der Privatinitiative mehrerer Familien hervorging, die zusammen mit dem oberösterreichischen Architekten Fritz Matzinger ihre Vorstellungen nach einer alternativen Wohnform verwirklichten, formierte sich die Interessengemeinschaft der Terrassenhaussiedlung Graz, Österreichs größter eigentümerverwalteten Wohnanlage, zu Beginn der 1970er-Jahre aus einer Notlage heraus. Als im Zuge der Errichtung der Bauträger pleite ging und das bereits einbezahlte Geld verloren schien, schlossen sich die über tausend zukünftigen BewohnerInnen öffentlichkeitswirksam zusammen und erwirkten so die Fertigstellung der Wohnungen.
Die Vision in Gemeinschaft ökologisch zu bauen und zu leben stand am Beginn der Ökosiedlung Gärtnerhof in Gänserndorf, in den 1980er-Jahren initiiert und geplant von Architekt Helmut Deubner, der auch für das 2005 in unmittelbarer Nachbarschaft errichtete Cohousing-Projekt Lebensraum verantwortlich zeichnet.
Das Wohnprojekt Wien, im Wiener Stadtentwicklungsgebiet Nordbahnhof angesiedelt, wurde nach soziokratischem Modell im Kollektiv geplant und gemeinsam mit dem Büro einzueins Architekten entlang von Kriterien wie Nachhaltigkeit und Solidarität umgesetzt.
Der Wunsch nach eigenem Wohn- und Gestaltungsspielraum, ohne dafür Eigenkapital aufbringen zu müssen, führte die Akteure rund um das Linzer Projekt Willy*Fred zusammen. Sie erwarben mithilfe eines wohldurchdachten Finanzierungskonzepts ein bestehendes Stadthaus, befreiten dieses mittels eines ausgefeilten Systems langfristig vom Immobilienmarkt und setzten damit ein weithin sichtbares Zeichen. Unter dem von ihnen gegründeten österreichischen Dachverband habiTAT wurden bereits mehrere Nachfolgeprojekte umgesetzt bzw. sind aktuell in Planung.

Der Stoff, aus dem Träume sind

Idee: Michael Rieper
Buch + Regie: Michael Rieper und Lotte Schreiber
Musik: Luca Pivetz
Produktion: MVD Austria
Titel: Der bildende Künstler Marko Lulic realisierte 2010 in der Terrassenhaussiedlung die Arbeit Der Stoff, aus dem Träume sind in Form einer einprägsamen Fassadenbeschriftung, die nun zum Filmtitel wurde.

Die sechs Wohnbauten:

Terrassenhaussiedlung, Graz, 1975
1.235 BewohnerInnen / 550 Autos
 / 531 Wohneinheiten
1 Kindergarten / 1 TV Kanal
875 EUR/m2 / persönliches Eigentum, gemeinschaftlich verwaltet
Architektur: Werkgruppe Graz (Eugen Gross,
 Friedl Groß-Rannsbach, Werner Hollomey,
 Walter Laggner, Hermann Pichler, Peter Trummer)

P.K.W. – Projekt Kooperatives Wohnen, Raaba, 1978
60 BewohnerInnen
 / 29 Autos
 / 3 Wohnhöfe mit Atrium
1 Schwimmbecken
 / 1 Gemeinschaftsgarten / 1 Schutzkeller
620 EUR/m2
 / persönliches Eigentum, gemeinschaftlich verwaltet
Architektur:
 Arch. DI Fritz Matzinger

Ökosiedlung Gärtnerhof, Gänserndorf, 1988
60 BewohnerInnen / 40 Autos
 / 25 Komposttoiletten
1 Badeteich / 1 Pflanzenkläranlage
660 EUR/m2 / 
persönliches Eigentum, kollektiv verwaltet
Architektur:
 Arch. DI Helmut Deubner

Cohousing Lebensraum, Gänserndorf, 2005
88 BewohnerInnen / 45 Autos
 / 1 Foodcoop
1 Kulturverein / 1 Hühnerstall
5,40 EUR/m2 Miete plus Genossenschaftsanteil
Genossenschaftsprojekt, kollektiv verwaltet
Architektur:
 Arch. DI Helmut Deubner

Wohnprojekt Wien, 2014
100 BewohnerInnen
 / 140 Fahrräder / 
6 Autos
 / 2 Solidaritätswohnungen
1 Gemeinschaftsküche / 1 Kinderspielraum / 1 Bibliothek
 / 1 Sauna
7,60 EUR/m2 Miete plus Genossenschaftsanteil
Vereinseigentum, kollektiv verwaltet
Architektur:
 einzueins architektur, DI Katharina Bayer, DI Markus Zilker

Willy*Fred, Linz, 2015
30 BewohnerInnen / 7 Vereine
 / 1 Auto
 
1 Lokal / 1 Proberaum / 1 Werkstatt
6,35 EUR/m2 Miete / 
unveräußerbares gemeinschaftliches Eigentum,
kollektiv verwaltet
Architektur: unbekannt

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Gemeinschaftliche Wohnprojekte

Die Wurzeln gemeinschaftlicher Wohnprojekte reichen zurück auf die wohnungspolitische Reformbewegung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Diese erfuhren eine erste Renaissance in den 1960er- und 1970er-Jahren und erfreuen sich seit einigen Jahren wieder einer starken Konjunktur. Gründe dafür sind meist die Sehnsucht nach engeren nachbarschaftlichen Strukturen, aber durchaus auch finanzielle Aspekte.
Das große Potenzial gemeinschaftlicher Wohnprojekte als Strategie sozialer und ökologischer Stadtentwicklung wurde zum Teil auch schon von Seiten der Politik erkannt, was eine bereits 2009 von der Stadt Wien in Auftrag gegeben Studie belegt. Aus dieser geht mitunter hervor, dass die Bau- und Wohngemeinschaften der Gegenwart meist nicht auf einem festen ideologischen Fundament basieren, wie das in der Vergangenheit oft der Fall war, sondern sich einem Pragmatismus verschreiben, der es ermöglicht, die aufwändigen Entscheidungsfindungen in der Gruppe möglichst rationell durchzuführen und die Projekte auf eine ökonomisch vertretbare Weise umzusetzen. Aus diesem Grund gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Baugemeinschaftsprojekten, die weit über den in der Vergangenheit meist vorhandenen Charakter des Pilotprojekts hinausgehen.
   [Quelle: Studie zu Baugemeinschaften in Wien, Endbericht 1, Potenzialabschätzung und Rahmenbedingungen. Robert Temel, Maja Lorbek, Aleksandra Ptaszy ́cska (SORA) Daniela Wittinger (SORA), Juni 2009]

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