22/01/2016

Orte für Menschen
Österreich-Beitrag zur
Architektur-Biennale 2016
in Venedig

La Biennale di Venezia
15. Internationale Architekturausstellung
REPORTING FROM THE FRONT
Kuratiert von Alejandro Aravena

28. Mai – 27. November 2016

22/01/2016

Österreich Pavillon: 'Orte für Menschen'

©: Paul Kranzler

Österreich Pavillon (Montage), 'Orte für Menschen', Visualisierung: grafisches Büro

©: Archiv HZ, Georg Petermichl

Team 'Orte für Menschen' v.l.n.r.: Martin Bergmann, Gernot Bohmann, Harald Gründl, Lotte Kristoferitsch, Christian Muhr, Sabine Dreher, Elke Delugan-Meissl, Günter Katherl, Ulrich Aspetsberger, Martin Haller, Marie-Therese Harnoncourt. Ernst J. Fuchs.

©: Christian Redtenbacher

Aus Anlass der Flüchtlingskrise hat sich der Beitrag für die Architektur-Biennale 2016 vorgenommen, nicht nur den Pavillon in Venedig zu bespielen, sondern sich dezentral mit drei Projekten in Wien zu befassen. Konkret werden drei Teams beauftragt, jeweils in Zusammenarbeit mit NGOs die Adaptierung von leerstehenden Immobilien für die temporäre Unterbringung von Menschen in laufenden Asylverfahren zu planen und zu betreuen. Ziel dieser Eingriffe ist es, menschenwürdige Lebensräume für die Betroffenen zu gestalten, die Zuständigkeit der Architektur für soziale Belange einem Reality-Check zu unterziehen und die Ergebnisse in Venedig einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren.

Bundesminister Dr. Josef Ostermayer
"Ich freue mich besonders, dass mit Elke Delugan-Meissl eine hoch angesehene Architektin – und Preisträgerin des Großen Österreichischen Staatspreises 2015 – die Architektur-Biennale 2016 für Österreich kuratiert. Sie hat mit ihren vielseitigen Erfahrungen als weltweit – mit Roman Delugan und Partnern – tätige Architektin, als Lehrende und als Mitglied zahlreicher Wettbewerbsjurys einen klaren Blick dafür, wie sich Österreich bei der international bedeutenden Architektur-Biennale in Venedig präsentiert. Ihre Bauten sind beachtete Beispiele in der internationalen Architekturwelt. Das Porsche Museum in Stuttgart, das Niederländische Filminstitut in Amsterdam, sowie das Festspielhaus in Erl in Tirol und viele Wohnbauten und andere Gebäude finden nicht nur in der nationalen, sondern auch in der internationalen Szene große Anerkennung.
Für die Kulturnation Österreich stellt die Teilnahme an der Biennale di Venezia ein wichtiges Ereignis dar. Die Vielfalt der Ausstellungsbeiträge bietet einen geeigneten Rahmen, um das jeweilige Kunst- und Architekturschaffen einem internationalen Publikum zu präsentieren.
Kommissärin Delugan-Meissl greift mit ihrem Beitrag Orte für Menschen das Generalthema von Alejandro Aravena – Reporting from the Front – auf und setzt sich gleichzeitig mit dem Thema auseinander, das uns alle in den nächsten Jahren auf vielfältige Art und Weise beschäftigen wird: der Integration von Kriegsflüchtlingen in unsere Gesellschaft. Dass die Kunst und die Architektur hier auch Antworten liefern kann und soll, damit setzt sich der Beitrag von Elke Delugan-Meissl und ihrem Team auseinander. Mit unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren wird dabei die entscheidende Frage verhandelt, wie es uns gelingen kann, Häuser so zu gestalten, dass sie Schutz bieten, dass sie effizient konzipiert und errichtet werden können und auch ein Heim für diese Menschen werden.
Ja, Architektur ist mehr als das Bauen von Gebäuden. Das stellen die Beiträge zur Architektur-Biennale eindeutig und nachdrücklich unter Beweis. Architektur ist idealerweise die Verwirklichung einer Idee, eines Gedankenbildes, dass unsere Gesellschaft, ihre Herausforderungen und ihre Zukunft reflektiert und entsprechende räumlich-ästhetische Antworten liefert. Offenheit für Veränderung von Räumen und Förderung des Gewöhnungsprozesses an neue Perspektiven sind wichtige Aspekte des Grenzbereiches zwischen Architektur, Wissenschaft, Kunst und dem täglichen Leben. Zum 11. Mal leistet Österreich nun einen wertvollen Beitrag zum internationalen Architekturdiskurs und festigt damit sein hohes internationales Ansehen in diesem Bereich. Das Bundesministerium im Bundeskanzleramt stellt auch heuer wieder 400.000 Euro für die Konzeption und Durchführung der österreichischen Ausstellung zur Verfügung. Ich gratuliere den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Architektur Biennale 2016 sehr herzlich und freue mich auf regen Besuch und hohe nationale und internationale Akzeptanz."

Orte für Menschen – Anlass und Intention
Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Die aktuelle und mit großer Wahrscheinlichkeit noch länger anhaltende Flüchtlingswelle stellt Europas staatliche Institutionen, aber auch seine Zivilgesellschaften vor enorme Herausforderungen. Schutz zu bieten, menschenwürdige Lebensräume zu gestalten und Voraussetzungen für ein gutes gesellschaftliches Zusammenleben zu schaffen, gehört seit jeher zu den zentralen Aufgaben von Architektur. Aus gegebenem Anlass möchte der Österreich-Beitrag zur Architektur-Biennale von Venedig 2016 diese besonderen Kompetenzen der Disziplin produktiv machen und sie exemplarisch in Form von konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen Zuflucht Suchender in Österreich einsetzen. Die Initiative Orte für Menschen macht es sich zur Aufgabe, das Know How ausgewählter österreichischer Architektinnen und Architekten,
die Öffentlichkeit und das Prestige der Biennale, das damit verbundene Produktionsbudget, die Kompetenzen von NGOs sowie die Leistungen von Sponsoren zu nutzen, um grundsätzlich dafür geeignete Immobilien mit architektonischen Mitteln im weitesten Sinne so zu adaptieren, dass sie Menschen eine würdige Unterkunft und weitergehende Betreuung bieten können.
Während es bei Orte für Menschen zunächst um konkrete Menschen und Orte geht, sind keine sinnvollen Ansätze denkbar, wenn der Fokus sich darauf beschränkt. Im Gegenteil: Die jeweiligen speziellen Fragestellungen sind von allgemeiner Bedeutung. Sie betreffen nicht weniger als die Art und Weise, wie wir zukünftig zusammenleben wollen, wie unsere Städte, Wohnungen und öffentliche Räume gestaltet und genutzt werden sollen und nicht zuletzt, wie Architektur ihrem sozialen Auftrag weiterhin nachkommen und gesellschaftlich relevant bleiben kann.

Teilnehmende und Arbeitsweise
Im Rahmen von Orte für Menschen werden sich drei österreichische Architektur- und Designteams in enger Kooperation mit den betreibenden NGOs mit drei unterschiedlichen Immobilien in Wien auseinandersetzen, die für die Unterbringung von Flüchtlingen bereits genutzt werden oder dafür vorgesehen sind. Die Auswahl der geladenen Büros erfolgte aufgrund ihrer Kompetenz und Erfahrung mit vergleichbaren Aufgaben und in Erwartung, dass unterschiedliche Herangehensweisen zu einem breiten Spektrum an Ideen und Lösungsvorschlägen führen werden.
Da den sozialen, kulturellen, psychologischen, ökonomischen und rechtlichen Rahmenbedingungen größte Bedeutung zukommt, arbeiten die Teams interdisziplinär und in ständigem Austausch auch mit Betroffenen und zugezogenen ExpertInnen. Auf diese Weise soll es gelingen, nicht nur kurzfristig zur Verbesserung der Situation beizutragen, sondern darüber hinaus Modelle zu konzipieren, die sich stärker an den Chancen als an den Limitationen orientieren, die diese neuen Realitäten ebenfalls bieten. Die Projekte werden dokumentiert, im österreichischen Pavillon in Venedig präsentiert und von den beteiligten ProjektpartnerInnen auch nach Ablauf der Biennale weiter betreut. Abgesehen von diesen Interventionen soll die Öffentlichkeit der Biennale dazu genutzt werden, auf die zahlreichen weiteren Initiativen in Österreich hinzuweisen, die als vorbildlich und zukunftsträchtig erachtet werden. Aus diesem Grund verfügt die Website von Orte für Menschen über einen eigenen Bereich um Best-Practice-Modelle entsprechend vorzustellen.

Referenz und Inspiration
Der Titel des österreichischen Beitrags versteht sich auch als Hommage an den österreichisch-amerikanischen Architekten und Designer Bernard Rudofsky, von dessen nomadischem Leben und visionärem Werk sie ebenfalls inspiriert ist. Rudofsky war ein Architekt, der sein Leben dem Reisen widmete und dabei auch die Unfreiwilligkeit des Exils erlebte. Im Mittelpunkt seiner Schriften, Bauten und Ausstellungen steht die Auseinandersetzung mit elementaren Vollzügen des Lebens wie Essen, Schlafen, Sitzen, Liegen, Waschen und die Frage, wie Architektur diese Bedürfnisse auf menschenwürdige Weise erfüllen kann. Dabei spielen provisorische, improvisierte und temporäre Lösungen eine zentrale Rolle. Rudofskys Überzeugung, dass primär eine neue Lebensweise nottut, hat er nicht zuletzt aus der Analyse von anonymen Architekturen und Alltagspraktiken auch des arabischen Raums gewonnen. (1)

Mit Orte für Menschen startet die Kommissärin Elke Delugan-Meissl eine Aktion, die ihr aktuell notwendig erscheint und deren Intentionen sich mit dem Generalthema der Architektur-Biennale 2016 unter dem Titel REPORTING FROM THE FRONT weitgehend deckt. Aufgrund ihrer hohen räumlichen und atmosphärischen Qualitäten werden die Installation von Heimo Zobernig für die Kunst-Biennale 2015 sowie die landschaftsarchitektonische Gestaltung von Auböck+Kárász der Architektur-Biennale 2014 als Rahmen für die Präsentation von Orte für Menschen beibehalten.


Verweis (1)
Bernard Rudofsky: Strassen für Menschen. Residenz, Salzburg ; Wien ~1995 (Originaltitel: Streets for People: A Primer for Americans (1969), übersetzt von Berta Rudofsky und Brigitte Herberstein)



Orte für Menschen –
Österreich-Beitrag zur Architektur-Biennale 2016
Aus Anlass der Flüchtlingskrise hat sich der Beitrag für die Architektur-Biennale 2016 vorgenommen, nicht nur den Pavillon in Venedig zu bespielen, sondern sich dezentral mit drei Projekten in Wien zu befassen.

Kommissärin: Elke Delugan-Meissl

Geladene Architektur- und Designbüros
_ Caramel Architekten, Günter Katherl, Martin Haller, & Ulrich Aspetsberger, www.caramel.at
_ EOOS, Gernot Bohmann, Harald Gründl, Martin Bergmann & Lotte Kristoferitsch, www.eoos.com,
_ the next ENTERprise, Marie-Therese Harnoncourt & Ernst J. Fuchs - architects, www.thenextenterprise.at

Konzept & Projektleitung
_ Elke Delugan-Meissl DMAA, www.dmaa.at
_ Sabine Dreher & Christian Muhr, Liquid Frontiers, www.liquidfrontiers.com

Produktion & Finanzierung
Katharina Boesch, section a, www.sectiona.at

Visuelle Kommunikation: grafisches Büro, www.g-b.at

im Auftrag des Bundeskanzleramtes Österreich, Sektion Kunst und Kultur

Texte: Liquid Frontiers

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