Die Straßenfassade des Planet Planai. (Foto: Paul Ott)

Blick über den Zielbereich auf das Skygate, das gemeinsam mit dem aufgeständerten Dach auch ohne Rennen die Assoziation mit einer Arena hervorruft. (Foto: Paul Ott)

Unter dem Ausläufer des Loops hat man von der Straße aus einen freien Blick auf den Zielhang und das Skygate. (Foto: Paul Ott)

Erdgeschoß-Grundriss des Zielareals. (Plandarstellung: Hofrichter-Ritter Architekten)

Grundriss der Seilbahnhalle im OG des Planet Planai. (Plandarstellung: Hofrichter-Ritter Architekten)

Draufsicht auf das Zielgelände. (Plandarstellung: Hofrichter-Ritter Architekten)

Schnitt und Ansicht: Der Loop umhüllt bestehende und neue Bauteile. (Plandarstellung: Hofrichter-Ritter Architekten)

Der fünften Fassade fällt eine besondere Bedeutung zu, da sie vom Zielhang aus von genauso vielen Menschen gesehen wird wie die Straßenfassade. (Foto: Planai)

Über zwei Rolltreppen gelangen die Gäste vom Eingang in die Seilbahnhalle im Obergeschoß. (Foto: Paul Ott)

Im Erdgeschoß befinden sich das Tourismus- und Servicecenter und ein Sportgeschäft. (Foto: Paul Ott)

Sogar auf den Toiletten kann man Alpenpanoramen genießen. (Foto: Paul Ott)

Vorplatz (Foto: Paul Ott)

Unten fahren die Autos ins Parkhaus, oben die Skifahrer in die Seilbahnhalle. (Foto: Martin Grabner)

Blick aus dem Zielbereich auf das Skygate und den Zielhang der Planai. (Foto: Martin Grabner)

Das Skygate hat auch schon ohne die noch folgende LED-Fassade Potenzial zur Landmark. (Foto: Paul Ott)

In ziemlich genau einem Jahr, im Februar 2013, findet nach 1982 zum zweiten Mal eine Alpine Ski WM in Schladming statt. Die obersteirische Stadt konnte sich gegen Konkurrenten wie St. Moritz und Beaver Creek/Vail unter anderem auch deshalb durchsetzen, weil Schladming der wahrscheinlich bisher einzige WM-Ort ist, in dem das Ziel der Rennen direkt in der Stadt liegt. Das garantiert eine einmalige Atmosphäre – nicht umsonst wird der Zielraum in Schladming auch "Hexenkessel" genannt – stellt aber auch eine Herausforderung für die Veranstalter dar. Für Schladming bedeutet die WM die Notwendigkeit und Möglichkeit für Investitionen in Bauprojekte, die einen dauerhaften Mehrwert für die ganze Region darstellen können.
Schon vor dem Zuschlag als WM-Austragungsort entschieden sich die Planai-Hochwurzen-Bahnen GmbH und die Stadt Schladming, ein neues Zielstadion für die erhoffte WM, aber auch das erfolgreiche Nightrace zu bauen. Den 2005 international ausgeschriebenen Generalplaner-Wettbewerb konnten die Grazer Architekten Veronika Hofrichter-Ritter und Gernot Ritter für sich entscheiden. In der ARGE Zielstadion Planai, HOFRICHTER-RITTER Architekten-Jandl-Mandl wurde ein Konzept aus permanenten, temporären und verschieden nutzbaren Bauten entwickelt, das zwei vollkommen unterschiedliche Zustände kennt: den "Ausnahmezustand" während der zweiwöchigen WM mit erwarteten 450.000 Besuchern und den Alltagsbetrieb eines Skigebiets, um der Stadt eine langfristige Wertschöpfung zu sichern. Und, eigentlich als dritten Zustand, den ohne Schnee, im Sommer, auf den bei vielen Wintertourismus-Projekten vergessen wird, der aber gerade weil die Planai direkt in Schladming endet nicht ignoriert werden darf.
Eine große Herausforderung stellte die Bauabwicklung dar: Alle Arbeiten mussten in den sieben Monaten außerhalb der Saison untergebracht werden. Eine Verzögerung der Saisoneröffnung wäre schlichtweg undenkbar. Die Realisierung wurde deshalb über drei Jahre abgewickelt: 2009 das Parkhaus, 2010 der "Planet Planai" um die Talstation und schließlich die Fertigstellung des WM-Stadions mit Tiefgarage/Servicedeck unter dem Zielraum und dem Skygate im Jahr 2011.

Der Loop

Die Grundidee des Entwurfs ist es, alle Funktionen für Rennen und Alltag unter einem Dach zu vereinen. Diese schützende Hülle und formale Klammer über die einzelnen Teile bildet der Loop: Er scheint sich vom Berg ins Tal zu bewegen und lässt dabei die natürliche Landschaft in eine künstliche übergehen. Aus dem Hang heraus entwickelt er sich über Zwischendecke und Außenwand zu einem Dach und findet seinen Abschluss in einem schmalen Band, das entlang der Straße, auf hohen Stützen balancierend, den Zielraum fasst und städtebaulich definiert. Gemeinsam mit dem Skygate am Zielhang ruft dieser geschwungene Ausläufer des Daches auch abseits der WM die Assoziation mit einer, mit Zuschauern gefüllten Arena hervor.
Die starke Primärform des blauen Loops stellt sicher, dass das Gebäude auch bei späteren Eingriffen und Umbauten (die im Massentourismus nicht immer dezent ausfallen müssen) seine charakteristische Wirkung behält. Die Schräglage der "tanzenden" Stützen im Innen- und Außenraum ist keine ironische Anlehnung an leicht angeheiterte (Après-)Skifahrer, wie man bei einem abendlichen Lokalaugenschein vielleicht vermuten könnte, sondern ergibt sich ganz rational aus der Statik. Zusätzlich zu den Lasten des Gebäudes sind in ihnen auch die der, bei der WM aufgesetzten, temporären Tribünenbauten einkalkuliert.

Funktionales Herzstück ist die aus dem Jahr 1982 stammende Talstation der Planai-Bahn, die umfassend saniert wurde, wobei das Seilbahngebäude erhalten werden musste, da es mit der Bahn eine statische Einheit bildet. Auf drei Ebenen befinden sich unter dem Loop außerdem das Headquarter der Planai, weiter Büros, ein Sportgeschäft, ein Tourismus- und Servicecenter, das WM-Studio des ORF sowie ein großes Skidepot im Untergeschoß.
Im Grunde ist der "Planet Planai" ein Transitraum, weswegen der Wegeführung für Fußgänger, Skifahrer, PKW und Busse besondere Beachtung geschenkt wurde. Vom Erdgeschoß führen zwei schaltbare Rolltreppen hinauf in die Seilbahnhalle, die hangseitig über den Loop auch direkt von der Piste und vom Parkhaus aus zugänglich ist. Am Abend können die Skifahrer dann direkt von der Piste jene Parkebene anfahren, in der ihr Auto steht. Unter dem Zielraum wurde eine zweigeschoßige Tiefgarage errichtet, die über einen Tunnel von der neuen Schladminger Osteinfahrt aus erreicht werden kann. So stehen der Seilbahn insgesamt rund 1000 Parkplätze in unmittelbarer Nähe zur Verfügung, der Ort wird aber nicht von zusätzlichem Verkehr belastet.

Das Skygate oder "Tor der Sieger" ist das Symbol der WM, das durch seine visuelle Inszenierung und Fernsehpräsenz weltweit mit Schladming assoziiert werden wird. Der Fokus auf den Augenblick des Überquerens der Ziellinie verdichtet das Skirennen, das für die Zuschauer im Unterschied zu vielen anderen Sportarten immer nur in Fragmenten erlebbar ist, zu diesem einen Bild. Und die Leistung der Skifahrer wird mit diesem Bogen angemessener gewürdigt als nur mit einem Transparent über der Strecke. Die Tour de France wird schließlich auch unter dem Triumphbogen gewonnen, wie Gernot Ritter meint.
Auch in einem anderen Sinn ist das Skygate mehr als andere Bauten eine "Fernseh-Skulptur". Der Entwurf erfolgte in enger Abstimmung mit dem Fernsehen, da möglichst wenig von der Strecke verdeckt werden darf und dementsprechend die Blickwinkel der Kameras schon bei der Planung berücksichtigt wurden. Die Stahlkonstruktion mit einer Höhe von 35 Metern (die sich damit auf Augenhöhe mit dem Kirchturm von Schladming befindet) und einer ebenso großen Auskragung wird im Herbst vollständig mit LED-bestückten Reflektoren verkleidet und hat für die WM noch weitere Überraschungen auf Lager. Auf halber Höhe befindet sich eine Lounge mit 64m2, die intensivste Nähe zur Piste bietet.

2013: Das zweite Gesicht

Das neue Zielstadion hat zwei Gesichter – das der WM-Skiarena und den Alltagszustand. Die sichtbarste Veränderung sind die temporären Tribünenbauten, die bei der WM ein 25 Meter hohes Halboval für über 21.000 Zuschauer formen. Das Dach der Talstation, wie auch die Statik der gegenüberliegenden Hohenhaus Tenne (deren leicht überdimensionierter rustikaler Lederhosenarchitektur man ihr Alter von erst drei Jahren nur schwer glauben kann, sehr wohl aber, dass sie kein Bestandteil der Planung von Hofrichter-Ritter ist), sind auf Gewicht und Raster des für Veranstaltungen angemieteten Tribünensystems ausgelegt. Dort wo sich im Skialltag ein Parkplatz befindet, wird bei Rennen mit einer dicken Schneedecke der Zielauslauf errichtet, der bis zu den Panoramascheiben der unter den Tribünen situierten Lounge reicht.
Die neue Tiefgarage unter dem Zielareal wird während der WM zum Servicedeck umfunktioniert, das den Backstagebereich der Veranstaltung beherbergt: Räume für die Dopingkontrollen, das LOC (Local Organising Committee), Einsatzzentralen und die vielen freiwilligen Helfer. Außerdem ist über die Garage die unterirdische Querung der Arena für Besucher und Einsatzkräfte möglich, sowie durch den Zufahrtstunnel eine Verbindung zum neuen Kongresscenter, das das Medienzentrum der WM für 3000 Personen beherbergen wird. Das Parkhaus wird ebenfalls umgenutzt: Hier errichtet der ORF auf 14.000 m2 sein Übertragungszentrum.

Auch abseits des Stadions wird die 4.500 Einwohner zählende Stadt während der WM kurzfristig ein neues Erscheinungsbild erhalten: Hofrichter-Ritter wurden vom ÖSV mit der Planung der temporären Bauten in Schladming beauftragt. Herzstück ist die Medal Plaza für 10.000 Menschen am Rathausplatz, wo die abendlichen Siegerehrungen stattfinden werden. Überhaupt eröffnet die WM der Stadt die Möglichkeit, zahlreiche Infrastrukturmaßnahmen umzusetzen, die nach der Veranstaltung der Allgemeinheit zugutekommen: Neben der neuen Osteinfahrt und umfangreichen Umbauarbeiten am Bahnhof wird etwa auch eine Breitbandinfrastruktur errichtet, um nur einige der Projekte zu nennen. Große Bauprojekte sind neben dem Zielstadion das 2011 fertiggestellte Kongresszentrum von Riepl-Riepl Architekten aus Linz und die Athletic Arena des Grazer Architekten Gerhard Mitterberger.

Mit dem ikonischen und zugleich alltagstauglichen "Planet Planai" stehen die Chancen gut, dass die WM 2013 Schladming sowohl internationale Aufmerksamkeit mit entsprechender Steigerung der Gästezahlen als auch langfristige positive Effekte für die Bevölkerung bringen kann. Damit nicht nur das vom Skisport abhängige österreichische Selbstbewusstsein etwas von der WM hat.

Projektdaten Planet Planai:
Generalplanung: ARGE Zielstadion Planai, HOFRICHTER-RITTER Architekten-Jandl-Mandl
Architektur: HOFRICHTER-RITTER Architekten ZT GmbH
Tragwerksplanung: Dr. Peter Mandl ZT GmbH
Kostenplanung: Jandl GmbH
Bauherr: Planai-Hochwurzen-Bahnen GmbH
Fertigstellung: 2009-2011
Parkhaus: 2009
Planet Planai, 1. Abschnitt - Talstation: 2010
Planet Planai, 2. Abschnitt - Zielstadion, Servicedeck/TG, Skygate (bis auf Fassade): 2011
Baukosten (Ziel-Stadion mit Servicedeck und Skygate): 24,4 Mio €
Gesamtinvestitionen in Rahmen der WM (Planai, Kongresszentrum, Infrastruktur, Hotellerie,...): rund 470 Mio. €

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