08/03/2009
08/03/2009

... Wege ...

und Plätze, die nach berühmten Frauen benannt sind ...

... - eine Möglichkeit des Sichtbarmachens der Leistungen von Frauen.

Lebensrealitäten von Architektinnen

Die Aktivitäten rund um den Internationalen Frauentag am 8. März 2009 stehen heuer ganz im Zeichen der Wirtschaftskrise und damit auch der Erwerbssituation von Frauen. Der erste internationale Frauentag fand am 19. März 1911 in Dänemark, Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA statt. Über den Ursprung des Internationalen Frauentages am 8. März gibt es verschiedene Theorien und Deutungen. Einige Quellen erwähnen, dass mit dem Datum 8. März auch an den großen Textilarbeiterinnen-Streik in St. Petersburg im Jahr 1917 erinnert werden soll. Er wurde in späteren Jahren unter dem Motto „Brot und Rosen“ als Tag gefeiert, an dem an Frauenrechte erinnert wird. Die ökonomische Situation von Frauen stand also von Anfang an immer auch im Mittelpunkt der Aktivitäten, vom Kampf um formale Gleichberechtigung mit Männern abgesehen.

Das Leben von Architektinnen gilt als spannend und abwechslungsreich, wobei der Kampf um Anerkennung härter ist als für Männer, denen man(n) von vornherein mehr zutraut und die zudem auch von Männernetzwerken gefördert werden. Es sind zudem meist doch die Frauen, für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie einen Balanceakt darstellt und die durch das notwendige Reduzieren von Arbeitszeit in Nachteil gegenüber ihren Kollegen geraten. Frauen haben aber auch sehr konkrete Wünsche, die von mehr Engagement der Kammer für Ein-Frau-Unternehmen bis zu Frauenquoten in der Jury von Wettbewerben und Frauen in den Führungsetagen der Bauträger reichen. Schließlich bedeutet Architektur von Frauen, dass die Bedürfnisse aller künftigen BewohnerInnen stärker berücksichtigt werden, wobei sich Architektinnen auch gerne bei den noch eher raren Frauenwohnprojekten einbringen.

Im Bereich der Architektur könne von einer „gebremsten Auftragslage“ die Rede sein, wie die Architektin Ursula Schneider meint. Allerdings ist es aus ihrer Sicht ohnehin eine Profession, die von beiden Geschlechtern mit einem gewissen Ausmaß an Selbstausbeutung ausgeübt wird. Zurzeit werden die Anforderungen noch höher, da potenzielle KundInnen angesichts der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geplante Projekte oft noch etwas aufschieben und zuwarten wollen.

Elisabeth Farkahazy arbeitet in Mauthausen als Ein-Frau-Unternehmen und stellt eine gewisse Unruhe in der Branche fest. Es ist ihrer Erfahrung nach aber generell für Frauen schwieriger, an Aufträge zu gelangen, da planende Baumeister oft keine Scheu haben, die Qualitäten einer Architektin in Frage zu stellen. Es kommt auch vor, dass Funktionalität, Gespür für Form und Farben bei den Bauten einer Frau besonders gelobt werden, während manche Männer unbeirrbar der Ansicht sind, eine Architektin könne höchstens die richtigen Vorhänge aussuchen, sie also eher als Innenarchitektin sehen.

Die Grazer Architektin Elisabeth Lechner meint außerdem, dass Frauenquoten bei Architekturwettbewerbe und Jurybesetzungen erforderlich wären und dass Frauen in leitende Positionen bei Wohnbaugesellschaften kommen müssten, sodass wiederum auch Frauen mit großen Aufträgen betraut werden. Farkahazy ortet einen kontraproduktiven Einfluss mancher Baumeister auf Bauherren, sodass diese dann die Fähigkeiten von Architektinnen gar nicht mehr objektiv bewerten können.

Ursula Schneider (pos architekten ZT KG) hat vier Kinder und tritt vehement dafür ein, die Frage der Betreuung nicht immer als reines Frauenthema abzuhandeln, da es eine gesellschaftliche Frage ist, die beide Elternteile betrifft. Im Grunde, meint sie, seien nur die Stillzeiten von etwa neun Monaten Sache der Frau und fallen bezogen auf die gesamte Lebensarbeitszeit prozentuell kaum ins Gewicht. Sie rät Frauen aber, die Betreuungsfrage nicht zu einem zu großen Problem zu machen, das dann der Karriere hinderlich ist, und sich den Partner genau auszusuchen. In ihrem Büro mit 8 Beschäftigten wird Betreuung als Sache von Frauen und Männern angesehen und es werden flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit angeboten, von zu Hause aus zu arbeiten.

Elisabeth Farkahazy ist Mutter zweier Kinder und sieht Vorteile in der Selbständigkeit, da sie auch nachts arbeiten und sich die Zeit entsprechend einteilen kann. Als großen Fortschritt bezeichnet sie, das Kindergeld für Selbstständige und die Erleichterungen für Architektinnen mit Kindern seitens der Kammer. Ihre Grazer Kollegin Elisabeth Lechner arbeitete der Kinderbetreuung wegen zeitweise nur halbtags mit einem Partner, der sie dann aus ihrem Büro hinausmobbte, sodass sie ohne eigene Kontakte dastand. Dabei wirkte sich auch aus, dass sie wegen ihrer gezwungenermaßen unüblichen Arbeitszeiten an vielen Terminen nicht teilnehmen konnte.

Für Ursula Schneider, deren Büro auch Passivhäuser baut und in der Entwicklungszusammenarbeit aktiv ist, müssen Frauen einfach mehr Kompetenz als Männer beweisen, wenn sie mit Bauherren verhandeln, also eine gewisse Härte zeigen.

Gendersensible Projekte oder Frauenwohnprojekte sind offenbar der Traum vieler Architektinnen, so auch von Elisabeth Fakahasy, die im Qualitätsbeirat der Wohnbauförderung des Landes Oberösterreich als Gender-Expertin tätig ist und auch gerade den Leitfaden „Wie kommt Gender zum Bauen“ schreibt. Sie bedauert, bislang noch nicht an einem konkreten Projekt beteiligt gewesen zu sein, während Elisabeth Lechner sich in einem „selbstgestrickten“ Frauenwohnprojekt am Grazer Hohenwartweg einbringen konnte. Dabei sei für sie übrigens, wie sie betont, ein Frauennetzwerk sehr hilfreich gewesen. Frauen sollten sich daran ein Beispiel nehmen und einander mehr gegenseitig fördern. Außerdem ist sie in einer interdisziplinären Arbeitsgruppe, die einen Kriterienkatalog für alltagsgerechten Wohnbau entwickelt. Architektinnen könnten sich auch, wie Lechner es in Zusammenarbeit mit dem Grazer Frauenreferat praktiziert hat, in Stadtteilprojekte zur Alltagskultur oder bei Tagungen zu Themen wie „Frauen und öffentlicher Raum“ einbringen.

Während derzeit Männernetzwerke dominieren und bei der Auftragsvergabe wirken, wäre es im Interesse aller, Expertinnenwissen zu berücksichtigen. Lechner meint, es gäbe nur dann eine für NutzerInnen zufrieden stellende Architektur. Farkahazy spricht von einem „schönen Beruf“, den mehr Frauen ergreifen sollten, wobei sie den Existenzkampf als Alleinerzieherin und selbständige Ziviltechnikerin allerdings auch als zermürbend erlebt hat.

Elisabeth Lechner kritisiert, dass inzwischen zwar viele Frauen Architektur studieren, aber im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen meist nur unter erschwerten Bedingungen Karriere machen können. Dabei spielt neben der Frage der Kinderbetreuung eine Rolle, dass Frauen weniger über (Männer-) Netzwerke weitergereicht werden. Ursula Schneider reizt an ihrem Beruf, dass nachhaltige und kreative Lösungen gefragt sind und immer neue Aufgaben gestellt werden.

Die spezielle Sensibilität von Architektinnen für die Berücksichtigung unterschiedlicher Lebenswirklichkeiten haben in Zeiten des Gender Mainstreaming bereits Auswirkungen auf das Planen und Bauen. Schlecht beleuchtete und unübersichtliche Anlagen beispielsweise sind bei gendersensibler Herangehensweise ebenso passé wie winzige Küchen und kleine Kinderzimmer in Wohneinheiten. Traditionellerweise wurde auf jene Bereiche wenig Wert gelegt, die den Alltag des berufstätigen Mannes, der von der Wohnung zur Arbeit und retour fährt und sich nicht um Haushalt und Kinder kümmern und beispielsweise keinen Kinderwagen durch eine Tür manövrieren muss, wenig berühren. Auch ist für ihn die Infrastruktur in der Wohnumgebung nicht so wichtig, als für jemanden, der Kinder betreut und zuhause arbeitet, für die/den das Vorhandensein von Geschäften und der gute Anschluss an den öffentlichen Verkehr zu den Prioritäten gehören. In einer sich verändernden Arbeitswelt kommt es aber mehr und mehr auch Männern zugute, was als Orientierung an den Bedürfnissen von Frauen in gendersensibler Planung und Umsetzung in vielen Bereichen begonnen hat.

KUZBIOGRAFIE:
ALEXANDRA BADER (* 1963 in Graz) lebt in Wien, seit 10 Jahren Internetjournalistin, Herausgeberin des Frauen-Onlinemagazins www.ceiberweiber.at

Verfasser/in:
Alexandra Bader
Emil Gruber

Es ist trotzdem sehr klischeehaft, dass die Stadt Wien auf dem Strassenschild Hedy Lamarr als "schöne Frau" in ihren Filmrollen würdigt und nicht, was ja viel bedeutsamer ist, als Erfinderin.
Ihre Frequenzsprungtechnik, ursprünglich für die Torpedosteuerung entwickelt, steckt heute in jedem Mobile.
Der seit ein paar Jahren ins Leben gerufene "Tag der Erfinder" findet jedes Jahr am 9.11., an Lamarrs Geburtstag statt.

So. 08/03/2009 2:49 Permalink
Alexandra Bader

Sie haben recht, das dachte ich mir auch, als ich das Schild fotografierte. Es gehört zu den Dingen, die man über Hedy Lamarr wissen muss. Bei den Politikerinnen, nach denen auch Wege im Kabelwerk benannt sind, wird ja auch nicht auf die politischen Funktionen vergessen...
LG
Alexandra Bader
www.ceiberweiber.at

So. 08/03/2009 5:11 Permalink
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