27/11/2008
27/11/2008

Abb 1: Von der Kreuzung Schulgasse bis kurz vor den Kreuzungsbereich Plüddemanngasse / Waltendorfer Hauptsraße entstanden in den letzen Jahren alle Gebäude neu

Abb. 2: Nur das Gasthaus DI Gallo ist noch Altbestand

Abb. 3: Die Gehsteige sind gefährlich schmal.

Abb. 4: Hier stand vor kurzem noch die Fleischerei Reiner und dahinter befand sich die legendäre Fraueninitiative Fabrik (Kulturinitiative, Kindergarten, Werkstätten)

Abb. 5: Die neuen Gebäude drängen sich an die alte Baulinie, übrig bleibt ein sehr schmaler Gehsteig.

Abb. 6: Kreuzungsbereich Koßgasse: rechts die zahlreichen neuen Gebäude.

Abb. 7: überbaute „Gürteltrasse“

Abb. 8: FußgängerInnen kämpfen sich durch

Abb. 9: architektonische Qualität?

Abb 10: Marktgasse ohne Gehsteig im Bereich dichter Wohnverbauung

Abb. 11: Parkplätze statt Freiraum

Abb. 12: Abstandsgrün

Abb. 13: „Albt-raum wird wahr“; exklusiv sind vielleicht die Wohnungspreise. Fotomontage: el

Abb.14: Hier wurde noch städtebaulich verantwortungsvoll gedacht und gehandelt

Abb. 15: Straßenzonierung mit Baum/Grünstreifen und Längsparkspur

Abb. 16: Platz für halböffentliche Übergänge

Abb. 17: Abruptes Ende der Regulierungsplanung - Verengung zu neuem Stadttor

Abb. 18: "Klasse-Wohnungen"

Abb. 19: Wetten, dass diese Bäumchen (re) wohl nie zu Bäumen werden

Abb. 20: Reversieren auf Vorrangstraße

Abb. 21: Gebäuderiesen drängen sich förmlich in die Straße

Abb. 22: Eine Bushaltestellensäule unterteilt 1,46 m schmalen Gehsteig

Abb. 23: Der Schilderwald zeigt, wer hier das eigentliche Sagen hat

... eine vergebene Chance und ein Beispiel mehr für ein zahnloses Stadtentwicklungskonzept.

Die Plüddemanngasse als Verlängerung der St. Peter Hauptstraße ist eine der am meisten frequentierten Einfallsstraßen von Graz. Sie gliedert sich in zwei unterschiedliche Bereiche: in den zentrumsnahen Abschnitt vom Schillerplatz bis zur Kreuzung Waltendorfer Hauptstraße und in den südlichen Bereich bis zur Kreuzung Petersgasse. Dort beginnt die ebenso stark belastete St. Peter Hauptstraße.

Der erste Abschnitt der Plüddemanngasse im Norden ist teilweise noch durch gründerzeitliche Bebauung geprägt, grundsätzlich aber mehr von heterogenen Bebauungsmustern unterschiedlicher Zeiten bestimmt (freistehende Villa neben solitären öffentlichen Gebäuden, Hochhaus und Reste dörflicher Bebauung). Die Gehsteige sind schmal, nicht überall ist Platz für eine Busspur, bzw. ausreichende Abbiegebereiche. Dementsprechend stauanfällig ist dieser Straßenteil. In den letzten 15 Jahren wurden gerade in diesem Bereich auf der östlichen Seite viele neue Gebäude errichtet, indem niedrige Bestandsgebäude abgebrochen bzw. Lücken ausgefüllt wurden (Abb 1, 2, 3 , 4).

Diese „Neubauwelle“ hätte die einmalige Chance geboten, mittels eines rechtzeitig erstellten Regulierungsplanes über das gesamte Gebiet die städtebauliche und verkehrliche Situation für die Zukunft zu optimieren. Man hätte sich mit diesem Planungsinstrument über die baugesetzlich mögliche Abtretung den Platzbedarf für vernünftige Gehsteigbreiten, Busspuren, Radwege und bestenfalls auch noch Baumstreifen sichern können. Dem war nicht so. Die neu errichteten Gebäude wurden allesamt an die alte Baulinie gestellt, das jüngste davon im Bereich der Kreuzung Koßsgasse ist gerade in Fertigstellung (Abb.5). Seitens der Stadt wurde damit eine historische Chance vergeben.

Gerade im Bereich der Kreuzungen Plüddemanngasse, Waltendorfer Gürtel / Koßgasse sowie Plüddemanngasse und Waltendorfer Hauptstraße ist die nicht erfolgte Regulierung des Straßenprofils ein besonderer Fauxpas. Hier gibt es aufgrund der Linksabbieger in die Waltendorfer Hauptstraße, bzw. der kurzen Linksabbiegespur in die Koßgasse ein besonders hohes Staupotential. Auch die stadteinwärts führende Busspur ist aus Platzmangel unterbrochen und die Gehsteige sind extrem schmal, sodass sich die Situation für FußgängerInnen als unangenehm bis gefährlich darstellt. (Abb. 6,7,8,)

2001 wollte die Stadt endlich einen Generellen Regulierungsplan beschließen. Dieser sollte, als Vorgabe für den Flächenwidmungsplan 3.0 und als geplanter Bestandteil dessen, als verbindliches Planungsinstrument den Verlauf und den Querschnitt öffentlicher und privater Straßen in Abstimmung mit langfristigen Zielen der Stadtentwicklung enthalten. Aufgrund von zahlreichen Einwendungen während der Auflagefrist wurde dieser aber aus dem Flächenwidmungsplan 3.0 herausgenommen. Allerdings ist in Zukunft geplant, den Generellen Regulierungsplan als eigenes Rechtsinstrument mit intensiver BürgerInnenbeteiligung bereichsweise zu entwickeln. Davon ist aber in der Plüddemanngasse bisher nichts zu bemerken. Für die Planungsqualität der neu entstanden Gebäude scheinen Dichtemaximierung und hohe Renditen vorrangiges Ziel gewesen zu sein. Großteils haben die neuen Objekte mit enormer Baudichte eine hohe Bautiefe, wodurch verbliebene Freiräume für Parkplätze verloren gehen oder bestenfalls als Abstandsgrün zu bezeichnen sind. Wie diese Projekte die Freigabe des Wohnbautisches – ein Qualitätssicherungsinstrument des Landes Steiermark - geschafft haben, ist eine weitere Frage (Abb. 9,10,11,12). Wahrscheinlich wurde ähnlich geblendet wie auf den Werbeplakaten vor zwei Jahren (Abb. 13).

Für die Passage von der Kreuzung Waltendorfer Hauptsraße bis zur Eisteichgasse, hat es in den 1970er und 1980er Jahren offensichtlich einen Regulierungsplan mit städtebaulichen Zielsetzungen gegeben. Das Straßenprofil bietet Platz für Abbiegespuren, 2 m breite beidseitige Gehsteige, breite Grünstreifen mit Bäumen und Längsparkstreifen. Die Gebäude stehen in angenehmer Entfernung zur Straße und bilden Eingangszonen aus. Hier ist der Aufenthalt für FußgängerInnen bequem und sicher (Abb 14, 15, 16). Dieses Wohlgefühl endet abrupt vor der Kreuzung Eisteichgasse, denn hier verengt sich der Straßenraum unverständlich wie zu einem „Stadttor“ (Abb. 17). Keine Gebäude standen der Fortführung des breiteren Straßenquerschnittes im Weg. Hier befanden sich bis vor kurzem auf beiden Seiten freie Grundstücke. Anstelle des Nostalgiegefühle weckenden Sägewerks Stangl wurde ein Wohn- und Bürokomplex so knapp an der Straße errichtet, dass für die davor gesetzten Alibibäumchen kaum Platz bleibt. Zu Baubeginn warb die GWS mit der Errichtung von Klassewohnungen. Welche Klasse haben Wohnungen, von deren Balkonen man auf eine Parkplatzwüste sieht (Abb. 18, 19, 20)? Anliefernde Fahrzeuge reversieren aufgrund einer zu schmalen Einfahrt frech auf der Fahrbahn.

Gegenüber liegt das Gebäude mit der penetrant wiederholten Aufschrift „Admiral Wetten“. Es drängt sich förmlich in den Kreuzungsbereich. Für den Gehsteig blieben hier gerade einmal 1,46 m übrig. Wer an den Aufgangstreppen stolpert, läuft Gefahr, überfahren zu werden. An dieser Engstelle befindet sich auch noch eine Bushaltestelle. Es gibt keinen Platz für sich begegnende FußgängerInnen und wartende Fahrgäste. Der Bus muss direkt auf der Fahrbahn im unmittelbaren Kreuzungsbereich stehen bleiben (Abb. 21, 22)! Warum ging man hier von der Regulierungsplanung der 1980er Jahre ab? Wie war es möglich, dass infolge der Neuverbauung leerer Grundstücke an solch einer verkehrsdichten Stelle keine ausreichend breiten Gehsteige gebaut wurden, auf einen Radweg und beidseitige Baumstreifen vergessen wurde? Es drängt sich die Vermutung auf, dass Planungsbehörden bzw. Politik vor den Investoren, die keine Flächeneinbußen durch Abtretungen in Kauf nehmen wollten, in die Knie gegangen sind (Abb. 23). Wo war in diesem Fall die angekündigte bereichsweise Umsetzung des Generellen Regulierungsplanes mit BürgerInnenbeteiligung? Warum wurden die im Stadtentwicklungskonzept 3.0 festgeschriebenen städtebaulichen Ziele nicht umgesetzt? Exemplarisch lauten diese so: „Die Bebauungsplanung ist zur Sicherung der städtebaulichen Qualität weiter zu intensivieren. Leitbild-Projekte sollen die Umsetzung des Räumlichen Leitbildes unterstützen, wie Attraktivierung und Neugestaltung der Grazer Stadteinfahrten u. a. der St. Peter-Hauptstraße/ Plüddemanngasse“.

Der Rechnungshof hat betreffend STEK 3.0 bemängelt, dass eine gesonderte Bewertung der Zielerreichung zur Standortbestimmung unterblieben ist und empfiehlt das STEK und die Sachprogramme nach der Hälfte ihrer Geltungsdauer zu evaluieren. Man kann nur hoffen, dass dies bereits erfolgt ist um die richtigen Schlüsse für das STEK 4.0 zu ziehen. Ansonsten könnte man die Abkürzung auch so lesen: Sicher Tolles aber Ergebnisloses Konzept.

Verfasser/in:
Elisabeth Lechner, Kommentar
winfrid sallinger

der zuständigen Bezirkspolitiker!
da liest man im Big von einer Sanierung der St. Peter Hauptstraße, aber zur Plüddemanngasse ist den Planern offensichtlich nichts eingefallen.
Die Darstellung im Artikel spricht Bände,
aber auch die Nichtreaktion der Politk.

Mo. 01/12/2008 11:19 Permalink
DI Maria Fanta

Am Sonntag haben wir einen kleinen Rundgang in diesem Bereich unternommen und mussten feststellen, dass es z.B von der Carl-Spitzweggasse, wo sich doch eine größere Wohnsiedlung befindet, keine fussläufige Verbindung zur Plüddemanngasse und ihren Einrichtungen gibt!! die "armen" Leute dort müssen also, wenn sie ein kleines Frühstück einkaufen gehen wollen Umwege von bis zu 1km in Kauf nehmen.Oder sie müssen oder sollen doch mit dem Auto ihre Einkäufe erledigen???
Quo vadis, Stadtplanung?

Do. 04/12/2008 2:05 Permalink
Alexia Schrempf-Getzinger, MAS (Stv. Bezirksvorsteherin, SPÖ

Was soll frau/man da sagen: Hinsichtlich der beschriebenen Abschnitte der Plüddemanngasse kann frau/man nur das Versagen von Stadtplanung und Verkehrsplanung konstatieren und die Kapitulation der zuständigen politischen ReferentInnen vor den Profitinteressen einiger weniger feststellen.
Seit März 2008 bin ich Bezirkspolitikerin in St. Leonhard und bemühe mich, wenigstens künftig solche Planungsfehler zu verhindern: Insbesondere werde ich eine Debatte im Gemeinderat anregen und auf Bezirksebene versuchen, die Wahrnehmung der KollegInnen zu sensibilisieren.

Di. 02/12/2008 10:15 Permalink
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+