13/12/2007
13/12/2007

Anke Strittmatter (mi) und Elisabeth Oswald (re)

Anke Strittmatter, Andrea Domesle und der Moderator des Abends Rainer Rossegger

Schablone mit 27 Punkten zum Festlegen einer Route durch eine x-beliebige Stadt. Idee: Emil Gruber. Fotos: ch.s.

Am Dienstag, den 04.12.2007 lud die Gruppe WSKKFV (Elisabeth Oswald und Carola Peschl, Architektinnen, Graz) die AG Goldene Engel (Franziska Klug und Birgit Schulz, Architektinnen, Graz), den Soziologen Peter Arlt, die Kunsthistorikerin Andrea Domesle, den Bildermacher Emil Gruber, die Theaterpädagogin Martina Pusterhofer, die Architektin Anke Schrittmatter sowie den Kulturtheoretiker Anselm Wagner ins Forum Stadtpark Graz ein, um über Stadtstrategien zu diskutieren.

Die Veranstaltung galt als Auftakt eines langfristig angelegten Projektes, in dessen Rahmen Fachleute aus den Bereichen Architektur, Soziologie, Photographie, Theaterpädagogik, Kulturtheorie und Kunstgeschichte eingeladen werden, um ihre Strategien im Umgang mit Stadt vor- und damit zur Diskussion zu stellen. Dabei soll es zu einem regen Austausch zwischen den Teilnehmerinnen kommen und in Folge sollen neue Projekte wie Ausstellungen entstehen.

Der erste Abend stand vorerst unter dem Motto 27QuickSnapStrategies. Was damit genau gemeint war, erfuhr man bei den Präsentationen der geladenen TeilnehmerInnen, die im Vorfeld des Abends, mit einer Quicksnapkamera ausgerüstet, ihre Stadtstrategie und ihren subjektiven Blick auf die Stadt festhalten sollten - in 27 Bildern, denn genau so viele kann man mit einer Quicksnapkamera machen.

Bei der Präsentation zeigte sich, dass einer der Teilnehmer, Emil Gruber, Quicksnapkamera und der Zahl 27 besonders fasziniert war. Mit der Kamera „bewaffnet“ zog er durch die Straßen und suchte in einem bestimmten Umkreis alle Schilder mit der Hausnummer 27, die er dann fotografierte. Bei diesem Spaziergang kam er auf die Idee, wie es möglich wäre, eine Stadt ganz ohne Stadtführer kennen zu lernen. Dafür benötigt man eine Schablone mit 27 Punkten, die man auf jeden x-beliebigen Stadtplan legen kann. Dabei interpretiert der Benutzer die jeweiligen Markierungspunkte als Sehenswürdigkeiten und macht sich auf seinen Weg durch die Stadt. So kann es geschehen, dass man plötzlich vor der Tür eines Fremden steht. „Es ist immer gut, in einer fremden Stadt neue Bekanntschaften zu schließen“, argumentierte Gruber.

Im zweiten Teil des Abends stellten die TeilnehmerInnen eigene Projekte vor. Anke Schrittmatter, die an der TU Graz tätig und Mitglied der Gruppe osa – office for subversive architecture ist, bevorzugt es, Vorhandenes oder Vorgefundenes neu zu gestalten und zu interpretieren, wie dies im Fall des Projekts Intact (Installation in London, 2004) geschehen ist. Bei einem Spaziergang durch einen Ortsteil von London entdeckten zwei Mitglieder von osa ein verlassenes Stellwerk nahe einer Eisenbahnlinie und hatten die spontane Idee, dieses Haus in ein Traumhaus zu verwandeln. Nach langen und erfolglosen Gesprächen mit den zuständigen Behörden, beschlossen sie, die Realisierung im "Guerilla Stil" vorzunehmen und bauten das Gebäude in nur 10 Stunden um. Die Bevölkerung reagierte begeistert.

Eine ganz andere Stadtstrategie verfolgen die beiden Initiatorinnen der Veranstaltung, Elisabeth Oswald und Carola Peschl (WSKKFV wirsindkeinekunstfachverkäuferinnen). Sie verfremden Fotos durch Wortüberlagerungen, um die Wahrnehmung der Leute zu schärfen. Die AG Goldene Engel stellte bei ihrer Präsentation fest, dass es in einer Stadt mehrere Beobachtungsebenen gäbe: man beobachtet und man wird beobachtet. Andrea Domesle sprach über Künstler, die beispielsweise als Bauarbeiter verkleidet die Stadt aktiv gestalten. Anselm Wagner betonte die Bedeutung des Abstandhaltens in einer Stadt.

Peter Arlt meinte, dass es sich bei den TeilnehmerInnen des Abends um keine StadtstrategInnen, sondern um TaktikerInnen handle und er kritisierte, dass die Vorgehensweisen von WSKKFV und AG Goldene Engel wenig mit Architektur zu tun hätten. Darauf folgte eine kurze Diskussion, die jedoch viele Fragen offen ließ. Hiermit fand der Abend auch sein Ende, denn nach fünf Stunden mit Berichten und Präsentationen zeigten weder die TeilnehmerInnen noch das Publikum die Bereitschaft, sich noch rege auszutauschen.

Verfasser/in:
Christine Seuter, Bericht
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