26/12/2008
26/12/2008

Ausstellungsansicht

"The Missing Negatives of the Sonnenfeld Collection"; 2008 S/W Fotografie
57 x 38,5 cm / gerahmt: 83 x 64,5 cm
Edition 1/5.

Noch bis 8. Jänner ist in der Wiener Engholm Engelhorn Galerie, in Gehnähe zum Karlsplatz, eine Ausstellung der 1970 geborenen israelischen Medienkünstlerin Yael Bartana zu sehen, die in Tel Aviv und Amsterdam lebt und arbeitet. Ausgangspunkt von Bartanas Video-, Sound- und anderen Multimediaarbeiten ist eine kritische Reflexion des Alltagslebens in Israel mit seinen Ritualen angesichts der ständigen Präsenz von Krieg, Unsicherheit und Ausnahmezuständen.

Yael Bartana verbindet wie in der Wiener Ausstellung „Summer Camp“ auch in vielen ihrer anderen Arbeiten einen dokumentarischen Zugang mit einer poetischen Verfremdung der Bilder. Im Zentrum stehen hier (Propaganda-)Fotos und Filme der 1930er- und 40er-Jahre, die tief in der kollektiven Visualisierung des Zionismus und des Aufbaus Israels durch eine junge Generation von HebräerInnen verankert sind. Zerstörung und (Wieder-) Aufbau, Propaganda und Rassismus sind die Eckpunkte der Ausstellung.

Im Eingangsbereich der Galerie präsentiert die Künstlerin eine Fotoserie („The Missing Negatives of the Sonnenfeld Collection“), mit der sie auf Bilder der Berliner Fotografen Herbert und Leni Sonnenfeld referiert, die nach 1933 jüdische Gemeinde- und Sozialeinrichtungen, Kultur- und Sportveranstaltungen in Deutschland sowie die Aufbauarbeit in Palästina dokumentiert haben. Yael Bartana stellt diese vom Pathos des Zionismus geprägten Szenen junger ArbeiterInnen, SoldatInnen und FarmerInnen auf subversive Weise durch arabische Fotomodelle nach.

In einem separaten Raum wird eine 12-minütige Video- und Toninstallation gezeigt, die bereits im vergangenen Jahr auf der Documenta 12 zu sehen war. Im Jahr 2006 hat Yael Bartana das vierte Summercamp des ICAHD (Israeli Committee Against House Demolition) filmisch dokumentiert. Zu einem dramatischen Soundtrack in der Art zionistischer Propagandafilme der Zwischenkriegszeit zeigt das Video eine Gruppe internationaler HelferInnen (Israelis, PalästinenserInnen und andere Staatsangehörige), die ohne Baugenehmigung das im Dezember 2005 von einer israelischen Sondertruppe zerstörte Haus einer palästinensischen Familie nahe Jerusalem wiederaufbaut. Wird Widerstand gewöhnlich mit Angriff bzw. Zerstörung assoziiert, so steht in der Widerstandsarbeit des ICAHD gerade der Wiederaufbau – des zuvor durch das Besatzungsregime des israelischen Staates gewaltsam Zerstörten – als gewaltfreier Akt gegen die Demolierung der Häuser von Palästinenserfamilien im Zentrum.

Yael Bartana stellt nicht nur durch die Musik, sondern auch durch Kameraeinstellung und Bildmotive der propalästinensischen Aktivistenorganisation Parallelen zur ideologischen Praxis des Zionismus her. Über ihre Zugangsweise schreibt sie selbst: “I undertook the documentation of the summer camp in order to study the dynamic that engenders this act of resistance and opposition performed by Israeli, Palestinian and international volunteers working together against the Israeli occupation. I focused on the ideology that motivates them as a group, as well as on the manner in which they respond as individuals within this group.”

Summer Camp
Bis 8.1.2009
Geöffnet: Di-Fr 11.00-18.00 Uhr, Sa 11.00-15.00 Uhr

Engholm Engelhorn Galerie
Schleifmühlgasse 3
1040 Wien
T +43 (0)1/585 73 37

Verfasser/in:
Antje Senarclens de Grancy, Empfehlung
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+