27/05/2019

Wohnen Griesgasse, Graz

Neubau in einer Baulücke und Revitalisierung eines denkmalgeschützten Hauses an der Griesgasse sowie neue Reihenhäuser im Hof.

Adresse
Griesgasse 28 und 30
8020 Graz

Architektur
Arch. DI Christian Andexer
2018

Mitarbeiter
DI Johann Timmer-Maier,
DI Stefan Brandtner

Wettbewerb: 2014
Planung: 2014-2017
Fertigstellung: 2018

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Dieser Beitrag erscheint in der GAT-Serie bauwerk.aktuell, in der Architekturproduktionen innerhalb und außerhalb Österreichs präsentiert werden.

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27/05/2019

Wohnen Griesgasse, Graz. Neubau und revitalisiertes denkmalgeschütztes Haus

Architektur: Christian Andexer Architekt©: Peter Eder

Blick aus einer Loggia des Neubaus an der Griesgasse

©: Peter Eder

Durchblicke durch eine der schmalen Wohnungen im Neubau an der Griesgasse

©: Peter Eder

Eine der Wohnungen mit Stuckaturdecke im revitalisierten, denkmalgeschützten Altbau an der Griesgasse

©: Peter Eder

Hofansicht des Neubaus und der neuen Reihenhäuser im Innenhof

©: Peter Eder

Grundriss 1. OG: Reihenhäuser im Innenhof | schmale Neubauwohnungen mit Loggien an der Griesgasse | Wohnungen im denkmalgeschützten Altbau an der Griesgasse

©: Christian Andexer Architekt

Schnitt – Neubau und Reihenhäuser

©: Christian Andexer Architekt

Eine Baulücke
und das denkmalgeschützte Haus nebenan wurden unabhängig voneinander von Herrn DI Helge Leinich und Herrn DI BM Alexander Pongratz erworben. Daraus entstand die Interessensgemeinschaft der Grundstückseigentümer, die auf Anregung der Grazer Altstadtsachverständigenkommission, einen anonymen geladenen Architekturwettbewerb auslobte. Das Preisgericht unter Vorsitz von Architekt Peter Reitmayr prämierte 2014 das 2018 fertiggestellte Projekt.

Das Quartier Gries
hat erst mit der Regulierung der Mur im 19.Jahrhundert seine überlieferte Gestalt bekommen. Die ehemalige Bürgerhäuser mit vielen gewerblichen Hofbauten aus dem Biedermeier und der Gründerzeit wurden überformt, oder dem Verfall preisgegeben. Traditionelle Betriebe und Bewohner wurden weniger, viele Zuwanderer mit verschiedenen Kulturen haben diese Lücke gefüllt. Dies hat eine sehr bemerkenswerte Vitalität im Stadtteil Gries zur Folge, vieles wird noch zu Fuß erledigt, die Menschen begegnen sich, es wird hier wirklich gearbeitet und gewohnt.

Der Neubau in der Baulücke
versteht sich als Pioniergewächs im Stadtteil. Sein Baukörper reflektiert die Umgebung in anderer Form. Lange Grundrisse, durchgehend offen, bieten beidseitige Belichtung und Belüftung für ein anderes Wohnen. Zur Gasse springt der Bau, ähnlich wie beim Nachbarn, zurück und nimmt die neuen Loggien auf. Diese grenzen sich mit perforierten, stählernen Lamellen, dreh- und verschiebbar, zum Stadtraum ab. Die Bewohner bestimmen über das Öffnen der Elemente selbst das Maß der Interaktion zwischen privatem und öffentlichem Raum. Im denkmalgeschützten Objekt wird mit dem gleichen Konzept die historische Struktur neu verknüpft. Die kleinen Reihenhäuser im Hof, frei vor der Feuerwand des Nachbarn, sind ebenfalls beidseitig belichtet und bilden ein privates Atrium aus. Alle 23 Wohnungen haben je eine eigene Freifläche. Es wird bewusst keine gängige Symbolik des Wohnens angewendet, sondern ein urbanes Zielpublikum angesprochen. 

Der gemeinsame Hauptzugang
erfolgt über den Altbau Griesgasse 28. Die ehemalige historische Reiche mit Laubengang findet sich in der Morphologie der neuen Bebauung wieder. Über diese betritt man den grünen Innenhof mit offenem Stiegenhaus und Lift. Der Neubau wird mit offenen Laubengängen erschlossen, der Altbau direkt angebunden. Die Erschließung der Maisonette-Wohnungen erfolgt direkt vom Hof. Alle Wohnungen sind barrierefrei adaptierbar.

Die Materialität
wird von der Massivbauweise bestimmt. Diese ordnet sich in die Typologie der Umgebung ein. Die Neubau-Fassaden sind hinterlüftet, zur Gasse bilden perforierte Blechlamellen die Ansicht, im Hof perforierte Metall-Schiebeläden vor den Fenstern. Sonstige Flächen sind mit Betonfaserplatten und Verputz ausgeführt. Die Leichtbauweise im Innenausbau ist kombiniert mit Holzfenstern, Holzböden, Terrassen mit Lärchenholz, die Dächer extensiv begrünt. Das historische Haus wird von rezenten Bauteilen entkernt, die historischen Bauelemente saniert und die Struktur wieder erlebbar gemacht. Die Fenster werden als  Kastenstockfenster rückgebaut, das Dach mit eingemischten Ziegeln gedeckt. Deckenstuckaturen und Fassadenfärbelung sind vom Restaurator in Kalk-Technik wiederhergestellt.

Die Nachhaltigkeit des Projektes
definiert sich aus dem Wohnraumkonzept mit Vorbildwirkung im heruntergekommenen, aber lebenswerten Stadtteil. Dies betrifft die Bewohner, die Menschen der Umgebung, das Zusammenleben vor Ort, die soziologische, städtebauliche, bautechnische und auch die architektonische Verbesserung. Die Lage mitten in der Stadt schont Ressourcen und trägt zum urbanen Leben bei.
Auf den Einsatz alternativer Energien wird aufgrund der Fernwärmeanschlussmöglichkeit vom ökologischen Fußabdruck her verzichtet. Die Loggien zur Griesgasse fungieren als Klimapuffer. Teilweise erfolgt der Einsatz einer kontrollierten Wohnraum-Be- und Entlüftung. Der bauphysikalische Standard entspricht den Forderungen der Wohnbauförderung.

Eva Mohringer

Kritik einer Denkmalpflegerin:
Bildbeschreibung:
Das Haus schwebt -
das Erdgeschoss ist nicht existent
es ist ein schwarzes, leeres, ein ungenütztes Loch
Das Haus ist ein Geschoss zu hoch
- Ansporn, die nächste Baulücke auch so hoch oder noch höher zu füllen?
- Ich bin sicher, dass das Haus (bis auf das Erdgeschoss) innen gut funktioniert
ABER:
Das Haus fügt sich nicht in das geschützte Stadtbild von GRAZ ein
Das Haus fügt sich nicht in die gewachsene und aktuelle Struktur vom GRIES ein

Di. 28/05/2019 8:53 Permalink
Anonymous

Die "Balken" an den Balkonen gefallen mir gar nicht ansonsten ein tolles Projekt, die Höhe ist für die Breite der Griesgasse am Limit aber ok, wir sind ja im knapp 330.000 Einwohner zählenden Graz und nicht in Semriach.
Die Erdgeschosszone zurückzusetzen finde ich auch nicht gut, in der Karlauerstraße (Rankenhof) ist das viel schöner gelöst.
Das der wunderschöne Altbau rechts daneben vor dem Abbruch gerettet wurde ist den bauherrn hoch anzurechnen.

Mo. 03/06/2019 6:53 Permalink
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