14/12/2012
14/12/2012

Architekt Michael Szyszkowitz, im Bild mit Landeshauptmann Franz Voves, bei der Angelobung zum stellvertretenden Vorsitzenden der ASVK im Jahr 2011.

©: Martin Brischnik

Anlässlich der Petition der ZT-Kammer zum Thema der ASVK (GAT berichtete) führte GAT mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der ASVK (Altstadt-Sachverständigenkommission in Graz), Arch. DI  Michael Szyszkowitz nachfolgendes Gespräch. Szyszkowitz ist das dienstälteste ASVK-Mitglied. Er zeichnet für einige maßgebliche Bauvorhaben in der Grazer Schutzzone verantwortlich (u. a. Humanic Flagship Store, Kastner & Öhler Sporthaus am Kai, Kastner & Öhler Tiefgarage, Hauptgebäude der Steiermärkischen Sparkasse und Sparkassenhöfe). 

GAT: Die ASVK wurde in den 70er-Jahren gegründet. In welchem Kontext entstand dieses Gremium?

Szyszkowitz: Der Wildwuchs in der Stadt war der Anlass, wobei ich gestehen muss, dass das Thema Altstadt damals am Rande meines Interesses stand. Als junger Architekt habe ich mich für andere Dinge interessiert, bin ins Ausland gegangen. Hier hat das Thema der Redakteur der „Kleinen Zeitung“, Max Mayr, inszeniert und ins Leben gerufen. Das hat damals gut funktioniert und allgemeines Interesse gefunden, weil man gemerkt hat, was man mit dieser schönen Innenstadt eigentlich besitzt.

Was hat sich seitdem geändert, wie betrachten Sie die Rolle der ASVK heute?

Szyszkowitz: Das für mich Interessanteste dabei ist, dass wir jetzt in einer Position sind, welche mit Gertrude Celedin schon begonnen hat. Celedin hatte ein großes „Feeling“ für die moderne Architektur und war in der ASVK die Wegbereiterin dafür, dass die Phänomenologie dessen, was Architektur ausmacht, unabhängig von jedem Zeitfaktor ist.

Nach welchen Kriterien werden Projekte, vor allem Neubauprojekte, in der ASVK beurteilt? Gibt es hier einheitliche Vorgehensweisen?

Szyszkowitz: Gerade das Kriterium der „baukünstlerischen Qualität” ist neu. Das hat es vorher nicht gegeben, sondern ist erst seit der Novellierung des Altstadterhaltungsgesetzes 2008, welches Celedin wunderbar inszeniert hat, ein Kriterium geworden. Seit diesem Zeitpunkt tragen meiner Meinung nach die Architekten, die in der Kommission sind, eine größere Verantwortung. Wenn man jetzt schaut, welche Leute wir da haben oder immer wieder bitten, von den verschiedenen Institutionen in die Kommission entsandt zu werden, dann wird das auch unter diesem Aspekt gemacht. Wenn ich zum Beispiel die Vertreter der ZT-Kammer betrachte, die Architekten Gerhard Wallner und Johann Grabner, dann haben wir exzellente Leute dabei, die selbst auch Architektur machen. Oder auch Marlies Binder und Anselm Wagner.

Die Entscheidungsfindung geschieht also stark personenbezogen?

Szyszkowitz: Ja. Vielleicht ist das am besten zu vergleichen mit dem, was eine Architekturjury zu machen hat. Da gibt es unterschiedliche Kriterien wie beispielsweise städtebauliche und so weiter. Diese Kriterien sind hinsichtlich der Altstadt offensichtlich. Das Wichtigste ist das strukturelle Einfügungsgebot. Ein Projekt muss von der Struktur her in die Stadt hineinpassen. Daher passt meiner Meinung nach, und das war ein langer Kampf, das Kunsthaus sehr gut in die Stadt. Es passt sowohl von der Struktur her als auch von der Größenordnung. Man sieht das, was da oben an dem „Warzenschwein“ herauskommt, die kleinen „Warzen“. Wenn man über die Stadt schaut, ist das gleichbedeutend mit den umgebenden Dachgaupen. Strukturell gibt es überhaupt kein Problem. Die Sprachlichkeit kann dennoch eine neue Architektur sein, die Farbe eine andere, aber von der Struktur her passt das.

Wie gestaltet sich aus Ihrer Sicht derzeit die Qualität der eingereichten Projekte?

Szyszkowitz: Das ist eine gefährliche Frage. Wenn ich diese ehrlich beantworten soll, muss ich sagen, es verhält sich 80 zu 20 Prozent.

Die 80 Prozent sind ...?

Szyszkowitz: Das können Sie sich vorstellen. Es sind Dinge dabei, da kann man einfach nicht „Ja” sagen. Wenn man Dachaufbauten betrachtet, muss es beispielsweise noch lange nicht passen, ein historisches, klassizistisches Element einfach als Gaupe hinaufzusetzen. Da muss man vorher das Bestandsgebäude und die Nachbarschaft genau anschauen. Diese verlangen ja geradezu nach einer Lösung, die eine neue sein muss.

Wie gehen Sie vor, wenn BauherrInnen mit Ihrer Ansicht nach „schlechten" Projekten zu Voranfragen kommen? Raten Sie dann zu einem Planerwechsel?

Szyszkowitz: Das ist eine sehr wesentliche Frage. Wir haben nämlich die Aufgabe der „Manuduktion” bekommen – wortwörtlich „an der Hand führen“ – das heißt, wir haben sogar die Bringschuld, nicht nur zu erklären, warum ein Projekt nicht passt, warum es dem Einfügungsgebot nicht entspricht, sondern wir haben darüber hinaus die Verpflichtung zu sagen, wie es besser gehen könnte.
Da gibt es jetzt eine neue Methode, die irgendwie komischerweise gerade bei den Architekten auf Unmut gestoßen ist, obwohl gerade das eine Hilfe und Unterstützung für sie darstellt. Wir haben sinngemäß  gesagt:  „Lieber Herr, Sie kommen jetzt einfach nicht wirklich zusammen.“ Es gibt Projekte, die zehnmal eingereicht wurden, und sie blieben immer unverändert. So jemandem ist nicht zu helfen. Der Bauherr meint: „Ich mache keinen Wettbewerb und kein Gutachterverfahren. Ich habe das Anrecht, hier so zu bauen, das ist nicht zu groß und im öffentlichen Interesse ist es auch nicht.“ Was macht man da?
Was haben wir gemacht? Und das ist eine sehr gute Sache. Ich stehe dazu, obwohl die ZT-Kammer da irgendetwas geschrieben hat. Wir haben gesagt: „OK, Sie kommen immer wieder mit demselben Mann, aber das wird nichts.” Wir machen einen Vorschlag: Der ursprüngliche Planer soll nach unseren Intentionen seinen Vorschlag noch einmal überarbeiten, und wir, das heißt der LR Buchmann, aus einem gewissen Budget, zahlen zwei andere. Die Architekten erarbeiten nur eine Idee – es ist eine Ideenfindung, keine Konkurrenz. Wir sagen dem Bauherren gar nicht - du musst den Einen oder den Anderen nehmen – überhaupt nicht. Sie nehmen einfach das Beste aus dem Ganzen. Es kann sein, dass sie von da was nehmen und von dort etwas. Nur bitte, damit etwas weitergeht.

Das heißt, Sie betrachten das als Mehrwert für den Bauherrn?

Szyszkowitz: Unbedingt. Und diesen Mehrwert, das ist das Tolle dabei, können wir aus einem Budget finanzieren – so bescheiden es auch sein mag – das uns LR Buchmann zur Verfügung gestellt hat.

Wenn dann drei Studien vorliegen – in welcher Form werden diese beurteilt? Werden sie von der ASVK beurteilt?

Szyszkowitz: Natürlich werden diese von der ASVK beurteilt, aber mit dem Bauherrn, der dabei ist. Auch Schöttli (Heinz Schöttli, ehemaliger Stadtplanungschef, Anm. der Red.) war dabei.

Das bedeutet, der Bauherr bekommt dann eine Empfehlung, welches der drei Projekte er umsetzen soll?

Szyszkowitz:
Nein, er sitzt dabei. Er hört sich das alles an und kann auch sagen, wenn ihm etwas nicht gefällt.

Aber in der ASVK sitzen kompetente Architekten, welche den Bauherrn aktiv beraten werden?

Szyszkowitz: Klar. Völlig richtig. Wir hatten am Anfang Schöttli dabei. Außerdem haben wir die Stadtbaudirektion eingeladen, die aber nicht gekommen ist, weil sie meinte, die ZT-Kammer würde sich dagegen wehren und dieses Vorgehen der ASVK sei ein verstecktes Wettbewerbsverfahren oder ein verstecktes Gutachterverfahren. Es ist nichts von alledem. Jeder Bauherr hat das Recht, irgendjemanden mit einer Studie zu beauftragen. Es ist auch objektiv nicht nachvollziehbar, zu welchem der drei Entwürfe sich die Runde schließlich entscheidet. Nicht die Runde der ASVK alleine, sondern zusammen mit dem Bauherrn.

Ist es nicht offensichtlich, dass der Bauherr sich zu dem entscheidet, was die ASVK empfiehlt, um sich den Weg nicht unnötig zu erschweren?

Szyszkowitz: Er sitzt ja dabei. Er kann beispielsweise sagen: „Ich kann mit dem nichts anfangen.“ Wir reden ihm nicht ein, dass er einen Vorschlag annehmen soll.

Wie kommt es zur Auswahl der Planer, die an solchen Verfahren teilnehmen?

Szyszkowitz: Das ist ein schwieriges Kapitel. Wir versuchen gerade, aufgrund der Arbeiten, die die Leute schon durchgeführt haben, eine Liste anzulegen. Wir haben derzeit die ersten drei solcher Verfahren laufen, wovon zwei schon gute Erfolge zeigen.

Welche sind diese drei?

Szyszkowitz: Das eine war das „Tor“ an der Einfahrt zur Jakoministraße, da lag schon ein fix und fertiges Projekt vor, das von der ASVK genehmigt worden war. Aber das Projekt war schrecklich. Das war nur eine „alte Klatsche“, welche gleichgemacht und mit ein paar Dachflächenfenstern versehen werden sollte. Man hätte, von der Conrad-von-Hötzendorf-Straße kommend, genau auf dieses Haus geschaut. Das soll das Eingangstor zu Graz sein? Da haben wir gesagt: „Nein, so geht das nicht.” Wir rollen das Ganze noch einmal auf. Der Bauherr kam dann zu uns und meinte: „Ich habe keine Zeit mehr, ich mache das nicht. Wenn das heuer nicht entschieden wird, mache ich überhaupt nichts mehr.“ Daraufhin haben wir Sam Ott-Reinisch eingeladen, Volker Giencke und GS-architects. Und so sind drei Projekte entstanden.

Diese Teams sind aus dem Budget von LR Buchmann bezahlt worden?

Szyszkowitz: GS-architects hat er (der Investor, Anm. der Red.) bezahlt, weil wir vorgeben, dass die Investoren einen der Planer selbst bezahlen müssen. Die beiden anderen hat die ASVK übernommen. Es stand nicht viel Budget zur Verfügung. Die Architekten haben trotzdem gerne mitgemacht und würden das jederzeit wieder tun, haben sie gesagt. Da soll mir noch einer sagen, dass das eine schlechte Aktion ist!

Grundsätzlich ist die Organisation solcher Wettbewerbe aber nicht Aufgabe der ASVK.

Szyszkowitz: Kein Wettbewerb! Es wurden Studien in Auftrag gegeben ...

Das ist aber auch laut Altstadterhaltungsgesetz sowie Geschäftsordnung der ASVK nicht vorgesehen?

Szyszkowitz: Nein. Wir leiten das von der Aufgabe der „Manuduction“ ab. Wir wollen ein Projekt weiterbringen. Einzelne Projekte hauen unsere Statistik zusammen. Dann kommen wieder solche Brieflein, wie jenes von der Kammer, die hinterfragen, wie es mit unserer Statistik aussieht. Ein einziges Projekt, das zehnmal kommt, verhaut uns unsere gesamten guten Durchschnittswerte.

Welche sind die anderen Projekte, bei denen dieses Verfahren angewandt wird?

Szyszkowitz: Zum Beispiel der Leonhardplatz. Gegenüber der Leonhardkirche ist eine Apotheke, hinter welcher eine freie Fläche liegt. Für diese waren schon zwei Projekte in Planung, die nicht positiv zu bewerten waren. Da haben wir auch gesagt – es gäbe noch eine Chance. Der Investor war einverstanden, aber es müsse blitzartig passieren. Daraufhin haben wir zwei Leute gesucht und herumtelefoniert, um zu eruieren, wer kurzfristig Zeit hat. Ich habe jemanden ausgesucht, der sich mit Wohnbau gut auskennt; das waren Andreas Lichtblau und Alfred Bramberger, beides Architekten mit Erfahrung, die ihre Kompetenz, in der Innenstadt zu bauen, schon bewiesen haben.

Kommt es auch vor, dass sie einem Bauherrn auch auf kurzem Wege einen anderen Architekten empfehlen?

Szyszkowitz: Das schon, wobei wir eigentlich keine Namen nennen, sondern vorschlagen, es mit einem anderen Planer zu versuchen.

Das heißt, ich bekomme als Bauherr keine Empfehlung von der ASVK, zu wem ich gehen soll?

Szyszkowitz: Nein. Das würde ich auch nicht gerne machen. Ich habe so viele Freunde hier, dann sind die anderen beleidigt, wenn ich einen vorziehe. Wir empfehlen dem Bauherrn, in der Stadt zu schauen, was sie wirklich interessant finden und wozu sie selbst einen Bezug haben. Der Bauherr braucht einen direkten Bezug zu einem Architekten. Ich würde niemals jedem Bauherrn denselben Architekten vorschlagen. Das wäre ganz schrecklich. In der Stadt muss eine heterogene Architekturlandschaft gegeben sein.

Nun ziehen sich trotzdem manche Projekte über Jahre hin und werden unzählige Male eingereicht. Woran liegt das? Es müsste doch im Interesse des Architekten sowie des Investors liegen, zu reagieren, wenn klare Kriterien vorliegen, wenn klar kommuniziert wird – zum Beispiel: dieses Gebäude ist zu hoch, zu grün oder zu wenig verglast. Sind die Stellungnahmen der ASVK nicht klar genug oder sind die Bauherren und die Planer zu eigensinnig, die Meinung der ASVK anzunehmen? Wie kann es sein, dass sich Einreichphasen bis zu sieben Jahre hinziehen?

Szyszkowitz: Sieben Jahre? Das muss ein Projekt sein, das wirklich nicht funktioniert hat. Es gibt keine absichtliche Verzögerungstaktik der ASVK. Ich bin davon überzeugt, dass es an der Qualität des eingereichten Objektes liegt.
Unsere Gutachten werden immer von drei Juristen geprüft, von unserem Altstadtanwalt und zwei Juristen. Die sitzen immer dabei und prüfen die Schlüssigkeit. Unsere Gutachten müssen in der Struktur und in der Textur den Anforderungsprofilen entsprechen. Wenn das nicht gegeben ist, dann geht das Gutachten zurück.

Gilt das für alle Gutachten?

Szyszkowitz: Das gilt für alle Gutachten. Vor allem die negativ bewerteten. Die werden alle juristisch geprüft. Da kann nicht einer irgendetwas schreiben und damit ist die Sache erledigt. Der Bearbeiter verfasst das Gutachten, nachdem das Projekt der Kommission vorgestellt und dort diskutiert wurde. Ich habe in der ASVK drei Kategorien von Projekten eingeführt, um zu vermeiden, dass man über jede kleine Türschnalle diskutiert und dann für die großen Dinge keine Zeit mehr hat. Die wichtigen Projekte werden von drei Mitgliedern bearbeitet, welche sich das Bauvorhaben zu dritt ansehen und es zu dritt vorstellen. Da ist jedenfalls ein Architekt federführend dabei sowie ein Kunsthistoriker und jemand, der sich für das Projekt interessiert. Die zweite Kategorie wird von jemandem betreut, der sich die Situation vor Ort ansehen und mit Fotos belegen muss. Die dritte Kategorie betrifft kleine Dinge wie Schilder, Ausleger und Markisen. Die werden ebenfalls einer Person zugewiesen. Es wird da übrigens unglaublich oft geflunkert! Da steht zum Beispiel im Plan, dass ein Ausleger einen Meter misst. Wenn man dann auf die Baustelle geht, hat er 1,50 m.

Die ASVK kann solche Abweichungen aber nur bei der Baubehörde anzeigen?

Szyszkowitz: Ja, die ASVK hat keine Verfügungsgewalt. Da gibt es eine sehr gute Zusammenarbeit mit Frau Verena Ennemoser (Abteilungsvorständin Bau- und Anlagenbehörde) und mit Bernhard Inninger (Grazer Stadtplanungschef). Inninger kommt zu jedem zweiten Termin zu uns, wir schreiben zusammen, welche die schwierigen Probleme sind. Bebauungspläne zum Beispiel. Ich lege großen Wert darauf, dass die Bebauungspläne auch von der ASVK bewertet werden, weil damit Stadtgestaltung gemacht wird.

Die wurden aber früher auch schon von der ASVK bewertet?

Szyszkowitz: Ja, aber häufig nicht ganzheitlich betrachtet.

Wie geht man dann damit um, wenn es für Bauvorhaben schon beschlossene Bebauungspläne gibt, welche zum Zeitpunkt ihrer Erstellung mit der ASVK abgestimmt wurden, aber nicht der heutigen Vorstellung entsprechen?

Szyszkowitz: Eine berechtigte Frage. Wir haben gerade jetzt einen Bebauungsplan energisch beeinsprucht. Stadtplanungschef Inninger hat gemeint, er würde sich das noch einmal anschauen.

Wie hoch schätzen Sie den Einfluss des „Tandems“ Szyszkowitz/Dreibholz auf Entscheidungen in der ASVK? Wie viel Gewicht hat die Meinung der Vorsitzenden?

Szyszkowitz: Ich denke schon, dass sie Gewicht hat. Aber ohne die entsprechende Argumentationslinie schafft man es nicht. Es gab auch Projekte, da waren Dreibholz und ich dagegen und die sind dennoch durchgegangen. Es zählt die einfache Mehrheit.

In der „Kleinen Zeitung“ wurde berichtet, dass seitens Dreibholz und Ihnen der Abbruch diverser Grazer Bauten wie u. a. des Girardihauses in der Leonhardstraße empfohlen wird. Entspricht das der Aufgabe der ASVK?

Szyszkowitz: Wir haben in diesem Gespräch versucht, zahlreiche Ideen und Ansätze zu kommunizieren, über welche aber nicht berichtet wurde. Dieter Dreibholz (ASVK Vorsitzender, Anm. der Red.) hat schließlich gemeint: „Eigentlich müsste man das abreißen!” „Was müsste man abreißen”, fragte der Reporter dann und die ganze Geschichte wurde Bild-Zeitungsmäßig aufgeblasen. Wir haben darüber gesprochen, dass wir die Innenhöfe verdichten wollen, auch in der zweiten Reihe.

Seit wann sind Sie in der ASVK aktiv?

Szyszkowitz: Seit 1989.

Ist es ein Vorteil für planende Architekten, wenn diese in der Kommission sitzen? Werden diese eher von Bauherren beauftragt, weil dann die Sicherheit gegeben ist, dass das Projekt schnell von der ASVK genehmigt wird?

Szyszkowitz: Das könnte so sein, ist aber eine zweischneidige Sache. Es werden alle Projekte, die von Mitgliedern der ASVK geplant werden, viel härter von der Runde beurteilt. Ich glaube auch, dass meine Projekte härter beurteilt werden, weil ich in der Kommission sitze.

Sind Sie anwesend, wenn Ihre Projekte besprochen werden?

Szyszkowitz: Nein, natürlich nicht!

Sie verlassen den Raum, wenn Ihre Projekte besprochen werden?

Szyszkowitz: Natürlich. Da passen schon die drei Rechtsanwälte auf. Und auch ich selbst musste manche Projekte viermal einreichen.

Sie haben das Bauvorhaben „Kleiner Elefant“ in der Albrechtgasse eingereicht. Derzeit gibt es nach Fertigstellung Widrigkeiten hinsichtlich der Gestaltung der Gaupen. Es soll nun eine Gaupe als Mustergaupe umgebaut werden, um von der ASVK begutachtet zu werden. Der Abbruch oder Umbau der übrigen Gaupen soll folgen. Wie konnte das geschehen?

Szyszkowitz: Es wurde anders gebaut.

Als Sie eingereicht haben?

Szyszkowitz: Ja, sicher. Der Auftrag wurde mir nach der Einreichung entzogen. Ich habe davor gekämpft wie ein Wahnsinniger und viermal eingereicht. Dann machte jemand anderer die Detailplanung, wieder jemand anderer die Bauaufsicht, der Bauherr meinte, das sei zu teuer, daraufhin wurde das Projekt abgespeckt, die Dachrinnen sind entsetzlich, an Stellen, wo wir sie nie eingezeichnet hatten. Und dann hieß es, ich hätte das gemacht. Oder ein anderes Projekt – in der Morellenfeldgasse: Ich habe die Einreichplanung gemacht, bereits an der Detailplanung gearbeitet. Der Bauherr hat das Projekt einfach verkauft und gemeint, er brauche die Detailplanung nicht. Danke und auf Wiedersehen. Ich habe vom neuen Besitzer einen Brief bekommen, in dem er auf die Detailplanung verzichtet.

Am 22. Oktober wurde in der ASVK die Geschäftsordnung geändert, sodass ASVK-Mitglieder nur noch in Jurien entsandt werden, wenn sie dort entscheiden können. Bislang waren Sie beratend tätig. Was hat es damit auf sich?

Szyszkowitz: Es stimmt nicht, dass die ASVK bislang nur beratend in Jurien tätig war. Teilweise waren sie in Jurien beratend, teilweise stimmberechtigt. Ich war mehrmals in Jurien, wo ich stimmberechtigt war.

Als ASVK-Mitglied?

Szyszkowitz: Als ASVK-Mitglied, ja. Prinzipiell ist es so, wenn man ein Mitglied der ASVK in eine Jury beruft, dann kann diese Person lediglich  für sich sprechen, nicht für das gesamte Gremium. Das Bundesdenkmalamt hat erst unter dem ehemaligen Landeskonservator Dr. Bouvier angefangen, beratend tätig zu sein. Bouvier hat es vorgezogen, nur beratend tätig zu sein, um nicht festgelegt zu werden. Wir sehen das anders. Auch Celedin war teilweise beratend und teilweise stimmberechtigt in Jurien tätig. Wir haben gesagt, wir gehen in Jurien hinein und geben dort unsere Stimme ab, weil wir vielleicht dort einem Projekt, dass wir für richtig halten, eine Stimme geben und damit viel mehr bewegen können, als wenn wir einfach nur sagen, dies fügt sich nicht ein oder jenes schon. Ich würde in keine Jury mehr gehen, wo ich nur beratendes Jurymitglied bin. Das habe ich auch aufgrund meiner Kompetenz nicht verdient. Wir haben deshalb einen einstimmigen Beschluss in der ASVK gefällt, alle gefragt und alle waren einverstanden.
Weiters müssen die entsandten ASVK-Mitglieder natürlich auch bezahlt werden. Es wurden schon Anliegen an uns herangetragen, dass wir ohnedies von der ASVK bezahlt würden und daher ohne Honorar beratend in der Jury zu sitzen haben. Das kommt ja gar nicht in Frage. Die Instanz als solche wurde einfach durch die Tatsache despektierlich behandelt, dass sie ohne Stimmrecht und ohne Honorar in Jurien bestellt wurde. Nicht, dass es mir um das Geld geht, sonst würde ich den Blödsinn ja nicht machen.
Im speziellen Fall ging es um den Wettbewerb „Andreas-Hofer-Platz“. Ich weiß nicht, wieso es da diese Kämpfe gab: Darf jetzt der Dreibholz in die Jury und der Szyszkowitz mitmachen? Der Szyszkowitz war schon eingeladen, bevor der ganze Zauber überhaupt passiert ist. Da war mir schon versprochen worden, dass ich mitmachen darf, eben wegen der Nachbarschaft, weil ich dort schon gebaut habe. Nun bin ich nicht einmal zum Wettbewerb eingeladen – und davon bin ich überzeugt – als ASVK-ler – sondern als einer, der dort wirklich etwas gemacht hat.

Aber Ihre Büropartnerin Architektin Karla Kowalski ist geladen?

Szyszkowitz: Bitte sehr. Damit ist es für mich sowieso erledigt. Das wäre ja Sippenhaftung.

Wer wird  nun für die ASVK in die Jury zum Wettbewerb „Andreas-Hofer-Platz“ gehen?

Szyszkowitz: Ganz klar – das macht der Herr Wallner, sein Stellvertreter ist Herr Dreibholz. Herr Gollenz wollte Dreibholz ursprünglich als Vorsitzenden haben.

In der Wettbewerbsauslobung steht meines Wissens nach Architekt Andexer als Vertreter der ASVK?

Szyszkowitz: Das war eine Eigenmächtigkeit von einer dazu nicht befugten Stelle.

Danke für das Gespräch!

Ulrike Bogensberger

Ich habe es satt, von bornierten, selbstherrlichen, wirklich alten Männern die einzig und alleinige Weisheit serviert zu bekommen. Ich bin entsetzt über das Selbstverständnis, unprofessionelle Methoden und Verfahren zu verteidigen und in keinster Weise das Thema "Fairness" dabei zu würdigen. Ich finde es reine Zeitverschwendung die persönliche Meinung des stellvertretenden Vorsitzenden einer demokratisch zusammengesetzten Kommission gelesen zu haben.

Sa. 15/12/2012 12:25 Permalink
Arch. Elisabeth Lechner

, die ich völlig teile.
es fragt sich nur, wann werden sich die restlichen Mitglieder der ASVK gegen diese seltsamen Studien, Jurybesetzungen etc. wehren.
Es wirkt nicht gut, wenn die ASVK ehemaligen Mitgliedern der ASVK wie eben Gienke Aufträge zuschanzt.
Die ASVK sollte übrigens genau die städtebaulich Vorgaben prüfen, bevor sie solche Sutdien beauftragt. Denn im Falle Jakoministraße herrscht Bebauungsplanpflicht laut Deckplan 1 des FLÄWI- Schutz der Innenhöfe.
Es gibt derzeit 3 größere sehr verdichtende Projekte in der Jakoministraße, und keinen Bebauungsplan!!! Im Fall der Pluto GmbH des Dr. Held Jakominstraße 3-5 fand heute die Bauverhandlung statt.
Es wäre der ASVK zu raten, hier ihre weitere Gutachten solange auszusetzen, bis die Stadtplanung einen generellen Bebauungsplan erstellt, worin abgeklärt wird, wohnin die architektonische Entwicklungsreise in der Jakomistraße gehen sollte: maximale Höhen an der Straße, wie geht Verdichtung mit dem Schutz und der Aufwertung der Innenhöfe einher -Verordnung im STEK und REPRO-, wie kann man zukünftig mögliche Baumassen gerecht auf alle Grundstücke verteilen und nicht nur für einige potente Investoren. ( z. B. CeStar- Lampesberger mit Jakominitor und anschließenden Häusern bzw. Pluto-Held mit Wilder Mann)

Mo. 17/12/2012 2:05 Permalink
Arch. DI Gerald Hirsch

Zur Qualität der vom stellvertretenden Vorsitzenden der ASVK in der Grazer Altstadt - oder sonstwo - erzeugten Baulichkeiten sehe man besser in die diversen Publikationen des nicht nur österreichweit angesehenen Architekturkritikers Friedrich Achleitner anstatt den Geschichterln zu lauschen.
Was also qualifiziert Herrn S. dazu, gesetzeswidrig seit 1989 in der Grazer Altstadtsachverständigenkomission zu sitzen. Gesetzeswidrig deshalb weil bis 2008 die Berufung in die Komission auf 5 Jahre beschränkt war.
Ich wurde als Planer 2007 von der damals Vorsitzenden der ASVK erpreßt.
Dabei ging es um ein Genehmigungsverfahren für einen zweigeschoßigen Dachgeschoßausbau in der Schutzzone 3. Planungsbeginn war bei diesem Projekt 2005. Baubeginn für den eingeschoßigen Dachbodenausbau (obwohl ich eine positive Stellungnahme für den 2-geschoßigen Ausbau hatte wurde aufgrund der mangelhaften rechtlichen Begründung des Gutachtens dazu gezwungen auf die Zweigeschoßigkeit zu verzichten. Verlust für meinen Bauherrn: 6 Jahre und 100m2 Nutzfläche).
Ich bin gerne bereit mit Arch. Szyszkowitz über qualitätvolle Architektur zu diskutieren. Anhand der von ihm selbst zitierten Beispiele am Franziskanerplatz, in der Morellenfeldgasse usw.
Auch über die Qualität des Neubaus am Andreas-Hofer Platz wäre dabei zu sprechen. Dreibholz ist ja begeistert von diesem Gebäude (siehe Kleine Zeitung). Eine kleine Nachschulung in Architekturtheorie tut Not.
Das die beiden Vorsitzenden der ASVK mittlerweile auch mit ihnen befreundete Architekten zu Aufträgen verhelfen - und das auch noch mit Steuermitteln subventioniert - finde ich nahezu genial. Eine kleine Nachdenkpause würde in diesem Zusammenhang möglicherweise auch der Politik guttun.
Es gäbe noch viel zu sagen ....
eins noch: diese Art der Bewirtschaftung des Terrains sind zum Glück Auslaufmodelle und haben sich überlebt - wie Mann|Frau jeden Tag auf Neue in den Medien erfährt. Deshalb Hr. Dreibholz und Hr. Szyskowitz viel Freude in der Zukunft. Mögen Ihre Tage in der wohlverdienten Pension mit Sonne gesegnet sein. Ich werde dann trotz Ihrer Machenschaften noch immer bauen.
Arch. DI Gerald Hirsch

Sa. 15/12/2012 5:55 Permalink
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