14/12/2011
14/12/2011

Je mehr Intransparenz desto mehr Gerüchte. Im Folgenden ist nicht von eventuellen Ungereimtheiten bei stattgefundenen Wahlen in einem mehr oder weniger weit entfernten Land mit einem etwas weiter gefassten Begriff von Demokratie die Rede, es geht lediglich um das Schicksal einiger Dutzender Studierender, auf dem Spiel steht „nur“ die Qualität einer Institution, ihres Zeichens oberste Bildungsanstalt des Staates, genannt Universität.

Aber wahrscheinlich ist ohnehin alles halb so schlimm, denn die meisten klopfen mir kalmierend auf die Schulter – vor allem die, die am meisten davon betroffen sind, die Studierenden selbst nämlich. Die Rede ist von der neuen Regelung der Studieneingangsprüfung an der Architekturfakultät der TU Graz, die in diesem Semester erstmals durchgeführt wurde und ob ihrer Intransparenz für einiges Unverständnis sorgte: 6 1/2 Wochen nach Studienbeginn mussten sich alle Erstinskribierten im Rahmen der Lehrveranstaltung „Gestalten und Entwerfen" (vormals „Grundlagen der Gestaltung") einer von einer objektiven Kommission, bestehend aus drei ProfessorInnen der Fakultät, zusammengestellten schriftlichen Prüfung unterziehen. Die Prüfung setzte sich aus Fragen zu verschiedenen Themenbereichen zusammen, unter anderem aus Inputvorlesungen, die für alle gleich waren. Sonst stand es den Lehrenden frei, ihre Schützlinge auf dieses Ereignis vorzubereiten. 13 interne und externe Lehrende an fünf Instituten sind damit beauftragt, die Neulinge in die wunderbare Welt des Gestaltens und Entwerfens einzuführen. (Auf der Homepage des Dekanats für Architektur findet sich zu diesem Thema lediglich im Stundenplan der Eintrag STEOP-Prüfung. Basis dafür ist die Studieneingangs- und Orientierungsphase [STEOP], die Novelle zum UG vom März 2011.)
Ob des Schwierigkeitsgrades und der Komplexität der einzelnen Fragen schaffte ca. 1/3 der StudentInnen kein positives Ergebnis. Ein Umstand, der besonders zu denken geben sollte, ist das Faktum, dass angeblich kein/e StudentIn mit Nichtdeutsch als Muttersprache die Prüfung bestanden hat! Geht es doch darum, mit derlei Maßnahmen – in vorauseilendem Gehorsam auf Bologna – Argumente der Internationalität und Kompatibilität der Studien ins Feld zu werfen. Fragwürdig erscheint auch der Zeitraum: Inwieweit kann nach 6 1/2 Wochen beurteilt werden, wer für ein Architekturstudium geeignet ist und wer sich besser nach anderen Perspektiven umsehen sollte? Halb so schlimm, die Prüfung darf zweimal wiederholt werden, dann ist aber Schluss mit dem Traum vom Architektenberuf. Natürlich muss der dritte Versuch vor dem 2. Semester absolviert werden, denn sonst ist StudentIn sowieso für alle anderen Lehrveranstaltungen gesperrt – oder so ähnlich. Das Lesen sämtlicher Änderungen in diversen Mitteilungsblättern war dem Autor zu mühsam.

6 ½ Wochen, das ist ca. mitten im Semester, weder Fleisch noch Fisch; als Alternativen kämen zwei Möglichkeiten in Frage: Entweder man führt gleich eine Aufnahmeprüfung ein oder man setzt den Termin ans Ende des Semesters, wo zumindest schon kleinere Ergebnisse erwartet werden könnten. Ersteres bedürfte wahrscheinlich eigener Verhandlungen und wird auch nicht unbedingt gewollt, denn wer will schon in den Ruf des elitären Akademiebetriebes kommen? Am Ende des Semesters widerspräche die Aufnahmeprüfung der Wiederholbarkeitsklausel, wiewohl bis Ende Jänner ein erster Termin möglich wäre. Eine andere Variante wäre eine Beurteilung durch eine externe Jury am Ende des ersten Studienjahres. Die Überlegungen sind ohnehin dahingehend, dass es in absehbarer Zeit ein eigenes Institut für den Bachelor/die Bachelorette geben soll und damit die Ausbildung vereinheitlicht wird, womit bis zu einem gewissen Grad so etwas wie Objektivität gewährleistet werden könnte. Die erwünschte Objektivität lässt in der gegenwärtigen Praxis der Intransparenz in jedem Fall zu wünschen übrig.

Wie dem auch sei, die Debatte zur Qualität der Ausbildung sollte nicht über Sparbudgets und weniger werdende Mittel geführt und argumentiert werden, das würde allzu leichtfertig die Seriosität der obersten Bildungsinstitution in Frage stellen.

Vielleicht bringt der „Eichholzer-Förderungspreis 2011“ - ein Förderpreis der Stadt Graz zum Thema „ARCHITEKTUR DES ARCHITEKTURSTUDIUMS ... wenn ich es selbst entwerfen könnte ...“ dazu vernünftige Vorschläge, die es lohnen, auf einer breiteren Basis diskutiert zu werden.

Anm. d. Redaktion:
Das Preisgericht hat seine Entscheidung für die Preisträger bereits gefällt, nun fehlt noch die Zustimmung der Stadt Graz, die am 16.12. erwartet wird. Das Ergebnis wird in der kommenden Woche auf www.gat.st bekannt gegeben.
Am 11. Jänner 2011 erfolgt die Preisverleihung und Eröffnung der Ausstellung der preisgekrönten Arbeiten im HDA Graz.

Verfasser/in:
maus TU Einblicke
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