20/10/2004
20/10/2004

Fotos: Gerda Missoni

Vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen.

Ein niederländischer Unternehmer entwickelte zur Unterstützung mobiler Kommunikation Baummasten, ja, Baum-Masten, die von weitem aussehen wie Laub- oder Nadelbäume, in ihrem Geäst aus Kunstfasern und Metall jedoch Antennen verbergen. Eine wirklich geniale Idee. In Österreich wurde der erste, wie die "Kleine Zeitung" am 16.10.2004 berichtete, soeben im steirischen Hart bei Passail errichtet.
Konjunkturbelebend wird das leider - sagen wir es ruhig offen – für die falsche Branche sein, eine, die mit der unausrottbaren Seuche des allerorts grassierenden Kunstblumenarrangementwahns sowieso floriert - auch ohne Handymastenverkleidung.
Für die krisengeschüttelte Baubranche, Architekten eingeschlossen, ließe sich ein neues Betätigungsfeld eröffnen – die intelligente Handymasten-Verkleidungs-Bauoffensive.
Wiederbelebte Kaminbaukunst, kunstvolle leere Hülle, versteht sich, könnte Ortsbilder ebenso nachhaltig prägen wie eine zeitgemäße Neuinterpretation des Taubenkobels (die Tauben sind vermutlich nicht einmal durch die Strahlung von Handymasten auszurotten). Synergieeffekte zeichnen sich ab, denkt man an das Entwerfen von Kirchtürmen. Die Kirche als mitbeteiligter Sponsor - schließlich bedeutet ein Netz von weithin sichtbaren Symbolen des christlichen Abendlandes auch für sie eine, derzeit wohl mehr denn je benötigte, Konjunkturbelebung. Der Verzicht auf den Bau von dazugehörenden Kirchen wäre kostenminimierend. Auch die Italiener errichten ihre Kirchtürme als solitäres Bauwerk. Oder der Bau von Minaretten als Symbol friedlicher Koexistenz und Völkerverständigung. Aussichtstürme? Warum nicht. Gesponsert von der Tourismusbranche oder, falls kein lohnenswerter „point of view“ in der Nähe ist, von der privaten Parkraumüberwachung. Dem kreativen Planungspotenzial an Verkleidungen sind kaum Grenzen gesetzt. Ideen werden gerne entgegengenommen. Anruf in der Redaktion genügt. Per Handy natürlich.

P.S: Die Idee, dem Grazer Verkehrs- und Planungsstadtrat die Baummasten als Alternative für die am Karmeliterplatz vorgesehenen 8 Bäume, die aus Geldnot derzeit nicht gepflanzt werden können, vorzuschlagen, kam schon von einem Mitglied der Redaktion.

Verfasser/in:
Karin Tschavgova / + Kommentar
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+