25/09/2020

Mathias Grilj
(9. September 1954, Kamnik – 16. September 2020, Graz)

Die Verabschiedung erfolgt am Montag, 28. September 2020,
11 Uhr, in der Pfarrkirche Graz-St. Veit.

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25/09/2020
©: Mathias Grilj

„Onkel, wie geht es dir?“, habe ich Mathias Grilj oft per Email gefragt. Über Jahre haben wir ein – wie er es nannte – Email-Pingpong gespielt, einander Geschichten und Erlebnisse erzählt, manchmal philosophiert, manchmal ironisiert. Und oft kam von uns beiden die harte Pranke im Hin und Wider. Später haben wir einen Titel dafür gefunden: Früher hätten wir einander Briefe geschrieben. Mit meiner Frage an den „Onkel“ gab ich mich als Parzival, der sich vor dem Gralskönig verbeugt. Denn ich war stolz, mich mit dem großen Geist und Dichter austauschen zu dürfen. Seine „briefe“ an mich unterschrieb Grilj stets mit „dir gutes! mathias“. In seinen Mails pflegte er die konsequente Kleinschreibung. Manchmal ein PS – „und grüß‘ mir den kleinen bären“. Der kleine Bär nämlich wohnt bei mir zuhause und ist kein Stofftier, vielmehr mein Mitarbeiter, manchmal Ghostwriter. Er hält mich zur Arbeit an und sagt: „Schreiben, sonst echtes Problem!“ Davon auch erzählte ich Mathias, dessen Stimme klang wie die eines großen Bären – wenn wir stundenlang in Häusern saßen, in denen auch Kaffee kredenzt wird. Den haben wir aber nie bestellt. Vom wirklichen Bären, Mathias, hätte ich dir gerne noch erzählt. Als Kathi und ich vor wenigen Tagen auf der Jagd nach Schwammerln waren, war da, weitab im Wald, tatsächlich ein Bär. Kathi hat ihn gerade noch gerochen. Dann haben wir seine Spuren gesehen. Er hat sich von uns entfernt. Warst du das? Mir sind deine Erzählungen um deinen Kumpel Pogo eingefallen. Pogo war ein Schmuggler, ein herzensguter Kerl, zugleich ein „harter hund“, wie du mir geschrieben hast. Pogo habe dir einmal eine Bärensalami vermittelt. Ich weiß nicht recht, ob ich dir das immer noch glauben soll. Auf die schier zahllosen Meriten eines Mathias Grilj zu verweisen, ist hier nicht der Platz. „Bitte, ich weiß auch was“, sagte er oft verschmitzt und hätte er wohl auch gesagt, wollte ich mit einer Aufzählung beginnen. Aber immerhin zwei Erlebnisse: Damals waren wir einander noch nicht bekannt. Freilich wusste ich vom Dramatiker Max Gad, wie sich Grilj pseudonym nannte. Es muss zu Ende der 90er gewesen sein – und meine Erinnerung ist ausgesprochen vage –, als im Steirischen Herbst Max Gads Iokaste in Graz aufgeführt wurde. Ich erinnere mich (falsch?) an die Markthalle am Schlachthof, und ich stand einigermaßen unaufgelegt vor dem Entrée. Dann setzte der Monolog der Mutter des Ödipus ein, die die Prophezeiung und das Schicksal ihres Buben beklagt und damit ihr eigenes. Ich war in Ehrfurcht ergriffen und fragte mich, wie schafft es ein Autor, so zu denken. Als ich Jahre später Mathias – per du – erzählte, wie beeindruckt ich war, fragte er nur: „Echt?“ Ein andermal – Grilj schrieb ja Kolumnen für etliche Zeitungen – saßen wir im Café (! s.o.) Foyer. Um das leidige Familienmenschliche zu bemühen: Freilich habe ich Grilj die ganze Zeit über als glücklich wie besorgt um die Angelegenheiten seiner großen Familie erlebt. Immer wieder flossen Begebenheiten auch in seine Kolumnen ein. Im Foyer also musste ich mich kurz entschuldigen. Als ich wieder an den Tisch zurückging, stand dort gerade eine junge Frau auf und verabschiedete sich bei ihm. „Eine Bekannte?“, fragte ich schnoddrig, weil man ja etwas sagen muss. „Nein“, erklärte Mathias, „ich kenne die Frau nicht, aber sie liest meine Kolumnen“. Sie sei mit ihrem, etwas widerspenstigen, sechzehnjährigen Sohn beschäftigt, habe den Grilj gesehen und ihn um Rats (sic., so hat er geredet) gefragt. „Siehst du“, sagte er zu mir, „ich werde um Dinge gefragt, von denen ich keine Ahnung habe“. Mathias! Wenn jemand Ahnung, Wissen und Geist gehabt hat, dann du! Und du konntest davon erzählen und darüber schreiben auf eine Art – ja, in einer Art! Und was geschrieben ist, das bleibt! Weil, was liegt das pickt! Aber dich, Mathias Grilj, Matjaž von Kamnik, werden wir vermissen und wir werden dich nicht vergessen! Auch wenn dein großes Poetenherz jetzt nicht mehr (zu)schlägt.

Der kleine Bär und Wenzel Mraček

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