25/03/2012
25/03/2012

Architekturjahrbuch der Steiermark „Raum, verschraubt mit der Zeit“

Bücher transportieren Inhalte. Gedachtes wird in Schrift, das Bild der Sprache, übertragen. Illustrationen haben die Aufgabe, Inhalte „hell zu machen, zu beleuchten“(lat. lustrare) und ihre Verständlichkeit zu fördern. So weit, so klar.

Zweifellos sind Bücher für Menschen, die sie lieben, aber mehr als Transporteure von Inhalt und Wissen. Sie spenden Trost, können ein Wir-Gefühl schaffen, sind purer Genuss und Leselust. Wer ins Lesen vertieft ist, scheint von seiner Umwelt abgeschnitten. Bücher können imaginäre Räume aufspannen. Und manchmal verwandelt sich die Flachware Buch ganz real in ein ansehnliches Gebilde plastischer Wirkung.

Ein solches Buch ist „Raum, verschraubt mit der Zeit“, das aktuelle Architekturjahrbuch der Steiermark, das den Architekturpreis des Landes 2010 und neun nominierte Bauwerke präsentiert. Wo der Schweizer Kurator Hubertus Adam zum besseren Verständnis die Qualitäten der von ihm ausgewählten Bauten in einen sehr persönlich gehaltenen Reisebericht fasst und diesen assoziativ mit einer zeitgeschichtlichen Analyse der Grazer Architekturbewegung, mit architekturhistorischen Verweisen, einer Sage und einem den Grazer Treppen gewidmeten Gedicht von Erich Fried verknüpft, und wo die Fotografin Herta Hurnaus eine in sich geschlossene Serie von Schwarz-Weiß-Aufnahmen der Objekte liefert, tritt als kongeniale Partnerin die Wiener Grafikerin und Gestalterin Gabriele Lenz (mit Mitarbeiterin Elena Henrich) auf den Plan.

Die Aufgabe ist komplex. Unterschiedliche Textgattungen in Deutsch und in englischer Übersetzung, Planzeichnungen, Datenblöcke und Bildmaterial sollen miteinander verschränkt werden. Lenz trennt die Schwarz-Weiß-Fotografien von Herta Hurnaus vom Textteil und macht daraus ein eigenes Buch – einen Fotoessay mit dem Vorzug großer Bildformate. Die Texte werden in einer klaren Struktur ineinander verzahnter Textblöcke angeordnet, dezent farblich und in Schriftgröße und Schriftart voneinander abgesetzt und durch feinstrichige Pläne und Zeichnungen aufgelockert. So entstehen zwei Bücher, die mit ihren offenen Buchseiten nach innen nebeneinander angeordnet und in einem gemeinsamen Leineneinband gefasst sind. Der Leser hat die Freiheit, sich nach Lust und Laune in die Texte oder Bilder als eigene Lesestrecken zu vertiefen. Öffnet man beide Bücher bei am Seitenrand höhengleich angelegten feinen Linien, so stellt sich die Kongruenz von Objekttext und Bild ein, ist ein Ganzes.......

Verfasser/in:
Karin Tschavgova im SPECTRUM der Presse, 24.03.2012
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16. + 17.11.2023
 
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