12/01/2018

Ehe-maliges und Ja-Sager

Emil Gruber zur Ausstellung
S I N K  T A N K
Eine installative Anordnung  von  E. d  Gfrerer

Ort
Lagergasse  57a 
8020 Graz
ehem. türkischer Hochzeitssaal

Produktion
Intro-Graz-Sspection,
Christian Marczik

Support: geezWood
 
Ausstellungsdauer
13. – 23.12.2017   

12/01/2018

S I N K T A N K, eine installative Anordnung von E. d Gfrerer im ehemaligen türkischen Hochzeitssaal in der Lagergasse 57a, 8020 Graz

©: Emil Gruber
©: Emil Gruber
©: Emil Gruber
©: Emil Gruber
©: Emil Gruber
©: Emil Gruber
©: Emil Gruber
©: Emil Gruber

Mehir, die Morgengabe

©: Emil Gruber

Kiz isteme, die Bewilligung. Der Besuch des Vaters des heiratswilligen Mannes beim Brautvater ist der erste Schritt zu einem funktionierenden Hochzeitsfestablauf. Türkische Hochzeiten sind groß angelegte Veranstaltungen, brauchen viel Platz für alle Beteiligten. Dügün Salonu, der Hochzeitssaal, ist ein Ort, den nur Eingeladene finden. Wer aber dabei sein darf, wird lange von dieser Bereicherung profitieren.

Dort wo jahrelang in Graz ein Kuss auf die Stirn das Zusammensein eines Paares für immer und ewig bestimmte, steht nunmehr leer. 2018 hilft ein neuer Bau der Grazer Wohnungsnot.

Einstweilen ist ein anderes Nisan organisiert. Unten am Fluss zeugt eine immer fester werdende Verbindung von unterschiedlichen Elementen von der Liebe zweier nach langer gegensätzlicher Meinung nun doch glücklicher Partner. Ein Grazer Lebensstrom energetisiert sich einschneidend neu.

Die Spezialität der Intro-Graz-Spection ist, Menschen an Orten zur Kunst zu verführen, die noch voller Jungfräulichkeit nicht darauf warten, dafür entdeckt zu werden. Ein Hochzeitssaal war dafür ein sofortiger Ja-ich-will-Raum. Wenn mit E. d Gfrerer dann auch noch der richtige Partner für Söz kesme, dem Versprechen, hier Kunst fürs Leben zu machen, sich findet, steht Gerdek, dem gemeinsamen Projektvollzug, nichts mehr im Wege.

Ceyiz, die Aussteuer, kann sich sehn lassen. E. d und Freunde näherten sich mit S I N K  T A N K im Kontrast zu Stadt, Land, Fluss mit Respekt dem Gewesenen, mit Differenz dem Sein und mit Mut-Willen dem Werdenden. Materie, die nur selten für die Betroffenen sichtbar wird, aber das Leben reguliert, es in verordnete-geordnete-verortete Röhren rahmt, wird zum gefundenen Glied in der Kette des einzig Machbaren.

Die Untiefen der Bürokratie und die Tiefen der Kanalisation vereinigen sich zu Resmi Nikah, der Bekundung der Ehe vor dem Amtlichen. In diesem Schacht-Spiel ist der Schreibtisch Täter nicht mehr, er wird zu einem schwer tragenden Element dessen, das das Abnehmen des Ausgewässerten und das Verlangen nach mehr Licht am Ende verbinden soll. (übrigens hat Karl Guthke, ausgewiesener Experte für deutsche Literatur in Harvard, recherchiert, dass Goethes letzte Worte einem anderen Element gegolten haben. Er verlangte vor seinem persönlichen Mephisto-Treffen laut Aufzeichnung des Lakaien Friedrich Krause nach einem Botschanper – eine deutsche Lautmalerei für pot de chambre oder Nachttopf. Womit wir andererseits wieder beim Ausgewässerten wären. Anm. d.V.1).

W.C. for Mesopotamia lautete um 1915 das camouflierte Wort der Briten für den Bau einer Mehrzweckwaffe, die einmal nachhaltig Landschaft verwüsten wird. Als Water Carrier wurden die Frühformen der im ersten Weltkrieg eingesetzten Panzer tituliert. Im Englischen blieb der Begriff Tank erhalten. (Anm. d.V.2: Eines der ersten voll gepanzerten Kraftwagen inklusive Geschützturm wurde 1906 in Österreich von einem Herrn Daimler hergestellt. Nachdem aber beim Präsentieren vorm Kaiser die Pferde der Offiziere beim Starten des Motors scheuten, war es aus mit der Gunst Franz Josephs. Das Patent der unbrauchbaren Erfindung wurde später an Frankreich verkauft).

Ein moderner W.C. bewacht mit etwas Abstand das echte Schachtfeld, auf dem Erbauer und Bewahrer in einer ersten Phase Ganzkörpergedankenaustausch über die weitere Landnahme pflegen. Erst Taki, die Geschenkübergabe macht jede Hochzeit komplett. Für den Moment lässt aber die Inhaltslosigkeit des
S I N K  T A N K seinem Hohlraum Platz für immer mehr. Eine Befüllung mit belastendem Material würde einer Beweglichkeit sowohl frontal wie auch durch die Hintertür nur hinderlich sein.

Mehir, die Morgengabe, liegt draußen vor der Tür; ein Fragment eines Baumes vom Ufer des Stroms. Woher es gekommen ist? Die Holzwege unserer Herren sind schon lange unergründlich.

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