11/01/2016

GAT-Serie young theory

Dissertation von Sanela Pansinger, die im Juli 2015 an der TU Graz mit Auszeichnung abgeschlossen wurde.

Die Arbeit wurde von Grigor Doytchinov, Ao.Univ.-Prof. des Instituts für Städtebau, TU Graz betreut.
Zweiter Prüfer: Andreas Voigt, Ao.Univ.Prof. des Instututs für Örtliche Raumplanung, TU Wien.

Die Arbeit liegt am Institut für Städtebau und in der Bibliothek der TU Graz sowie am Institut für Örtliche Raumplanung der TU Wien auf.

11/01/2016

Bild 01: Beispiel einer Raumorganisation zwischen dem Flughafenstandort und der Stadt. Bordüre als Abstellraum?

©: Ottupiu’ Casa. Giornale di Brescia. Luglio 2013

Bild 02: Prinzipieller Aufbau der räumlichen Bordüren als Abstaktion der Raumorganisation im Flughafenumfeld.

©: Sanela Pansinger

Die Form der Urbanisierung hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Besonders zwischen Flughafenstandort und Stadt bzw. im Flughafenumfeld bildet sich eine komplexe Raumorganisation, vorwiegend als Resultat anscheinend logischer, wirtschaftlicher und politischer Entscheidungen – Bild 01.
Diese Funktionalisierung der Räume im Flughafenumfeld verursacht ein erkennbares räumliches Muster mit bestimmten Merkmalen, das sich wesentlich von anderen Strukturen der Peripherie unterscheidet und demzufolge eine Hierarchisierung räumlicher Organisation bedingt. Die Theorie der Entstehung, Erscheinung und Entwicklung dieser Muster, die mit Hilfe von eigens konstruierten Begriffen erklärt (wie z.B. räumliche Bordüren – Bild 02) und durch Fallstudien empirisch untersucht wird, ist Gegenstand der Dissertation.
Die Fallstudien beziehen sich auf die österreichischen Landeshauptstädte mit den Flughäfen Graz, Innsbruck, Klagenfurt Linz und Salzburg. Die Ergebnisse der Fallstudien sind Indikator für die gegenwärtigen Prozesse, die Flughäfen in großstädtischen Regionen auslösen.

Flughafenstandort und Stadt fordern mit ihren Bedürfnissen einen intelligenten Umgang mit entstandenen städtebaulichen Strukturen, um diese zukunftsfähig und qualitativ hochwertig entwickeln zu können.
Um die Logik ihres Aufbaus zu erfassen, wurde eine Methode entwickelt, die Begriffe der Systemwissenschaft, Stadtmorphologie und Topologie einbezieht und einbettet. Auf diese Weise wird das baulich-räumliche Gefüge beurteilt und festgelegt, welche raumorganisatorischen Komponenten den Bereich zwischen Flughafen und Stadt beeinflussen.

Zudem bestätigt die Hauptthese dieser Arbeit, dass sich ein robustes Flughafenumfeld nicht nur durch erarbeitete wirtschaftliche Leistung auszeichnet, sondern auch dadurch, dass der Flughafen zum Inhalt des Flughafenumfeldes gehört und dieses damit die Rolle der Flughafenstandortsicherung übernimmt. Somit wandelt sich das Flughafenumfeld zum Aktivierungsfeld der Stadtentwicklung. Diese Transformation führt zu einem Verlust an vertrauten städtischen Formen. Gleichzeitig treten aber neue Räume, Strukturen und Akteure auf.

Die gesellschaftliche Relevanz der Dissertation ist ablesbar als:

  • Aufmerksamkeit für die Bereiche zwischen dem Flughafenstandort und der StadtDie Notwendigkeit einer städtebaulichen Einbettung des Flughafens, der heutzutage als Infrastrukturelement und als Mobilitätsträger für Wirtschaft und Politik auf globaler und lokaler Ebene gesehen wird, und nicht als Potenzial der qualitativen städtebaulichen Entwicklung, ist durch die Ergebnisse der Fallstudien gezeigt worden.
  • Erstmalige Vernetzung und Einbettung der Disziplinen Systemwissen-schaften, Stadtmorphologie und TopologieDadurch konnten Methode, Modellfälle, Indikatoren für die Beurteilung der Urbanisierungseffekte, sowie der Begriff der räumlichen Bordüre für die spezifischen räumlichen Konstellationen entwickelt werden.
  • Handlungsempfehlungen, Strategien und MaßnahmenDie Ergebnisse führen zu möglichen Vorgehensweisen für jene urbanen Transformationsprozesse, die der Flughafenstandort auslöst. Bei Fragen der Flughafenstandortverlegung, sowie des Neubaus bzw. von Umsetzungsaktivitäten im Flughafenumfeld im Austausch mit relevanten Akteuren können die Indikatoren zu Hilfe genommen werden.
  • Erstmalige chronologische Dokumentation des Flughafenumfeldes der österreichischen Großstädte als InformationspoolDer im Rahmen der Vergleichsanalyse vorgenommene Prozess der Vereinheitlichung der grafischen und inhaltlichen Daten hat zu dem zusätzlichen Resultat geführt, dass eine Basisebene für eine grundlegende Vergleichbarkeit und zukünftige Analysen geschaffen wurde.
  • Das Dazwischen als ein interessantes Experimentierfeld

    Ein dynamisches Feld stellt gleichzeitig ein Labor für die Erforschung der Möglichkeiten der zur Verfügung stehenden städtebaulichen Instrumentarien dar.

    Gerade an diesem exemplarischen Ort des Flughafenumfelds ist die Notwendigkeit eines Verständnisses für die Wichtigkeit der Harmonisierung der Teilräume zueinander sichtbar geworden. Damit ensteht die Möglichkeit, die institutionelle Stadt- und Raumplanung auf neue Wege zu bringen, und zwar nicht nur im Flughafenumfeld, sondern überall dort, wo die Raumorganisation ein Ergebnis der Wechselwirkung zwischen verschiedenen Polen ist (Bahnhof- und Hafenumfeld, Gesundheitskomplexe, Industrieanlagen etc.). Sie alle verlangen nach einer räumlichen Einbettung in ihr Umfeld, um gewisse Standortqualitäten zu erreichen. In allen diesen Bereichen sind Erkenntnisse dieser Arbeit anwendbar und damit bildet sie die Basis für zukünftige Forschungsthemen und architektonische, städtebauliche und raumplanerische Tätigkeitsfelder.
    Die Abhängigkeit der städtischen Entwicklung in Bezug auf den Standort des Flughafens ist ablesbar bzw. wird auch offenkundig, ob der Flughafenstandort unter diesem Aspekt als Motivation oder als Hindernis für die Stadtentwicklung operiert.

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