13/11/2014

Studierende der TU Wien haben eine fiktive Stadt geplant: Hypotopia könnte für jene 19 Milliarden Euro realisiert werden, für die der Staat Österreich aufkommt, um die Hypo-Alpe-Adria zu retten. Von 15. bis 30. Oktober konnte das Stadtmodell am Wiener Karlsplatz besichtigt werden. Am letzten Tag wurden Teile der Stadt in einem Protestzug zum Parlament getragen.

13/11/2014

Hypotopia – die Modellstadt von oben

©: Armin Walcher

Das Modell wurde aus Beton und Holz gefertigt

©: Armin Walcher

Ein begehbares Stadtmodell

©: Armin Walcher

Für die Dauer der Ausstellung bestand am Karlsplatz eine Informationszentrale

Die Betonblöcke wurden in einem Protestzug zum Parlament transportiert

Die Rettung der Hypo-Alpe-Adria wird den österreichischen Staat bis zu 19 Milliarden Euro kosten. Dabei handelt es sich um einen Betrag, der unsere Vorstellungskraft übersteigt. Wie kann diese Summe in einen greifbaren Maßstab gebracht werden? Studierende der TU Wien haben sich im Rahmen eines selbstorganisierten Projekts dieser Frage gestellt: Hypotopia – die Milliardenstadt wurde als fiktive Stadt gemeinsam geplant, aus Beton gegossen und in einem Maßstab von 1:100 im Brunnen am Wiener Karlsplatz aufgebaut. 

„In der Politik läuft etwas schief, aber es kam kein Protest und keine Reaktion aus der Bevölkerung – das ist schockierend. Wir wollen mit diesem Projekt ein Zeichen setzen“, beschreibt einer der Mitarbeitenden seine Beweggründe. Ausgehend von der Idee des Bauingenieurwesen-Studierenden Lukas Zeilbauer haben Studierende der Fachrichtungen Architektur, Bauingenieurwesen, Raumplanung und Informatik mehr als vier Monate lang auf ehrenamtlicher Basis zusammengearbeitet, um das Projekt zu realisieren. Das Stadtmodell entstand, wie die InitiatorInnen betonen, unabhängig von Institutionen oder politischen Parteien. Die verwendeten Materialien wurden gesponsert. 

Hypotopia kann von ca. 100.000 Menschen bewohnt werden, beinhaltet Bildungseinrichtungen, Sportanlagen und Erholungsräume. Die Stadt wurde autofrei geplant, bezieht den Strom ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen und setzt auf ein gewisses Maß an Selbstversorgung.

Einige der Mitarbeitenden nannten neben der Absicht, „die 19 Milliarden greifbar zu machen“, auch den Impuls „wir bauen eine Stadt“ bzw. den städtebaulichen Ansatz als Motiv für die Beteiligung am Projekt. Die Studierenden heben zudem die positive Erfahrung der interdisziplinären und studienübergreifenden Zusammenarbeit hervor: Im Laufe des Projekts sei „eine Gemeinschaft gewachsen“. In der Abschlusskundgebung ist von einer „verlorenen Stadt“ die Rede, einer Stadt, „von der wir einiges lernen konnten“, so eine Mitwirkende. „Es geht darum, dass wir anfangen nachzudenken und zu hinterfragen“, meint eine andere. Das Ziel des Projekts sei, neben der Herstellung eines maßstäblichen Bezugs, Menschen dazu zu motivieren, aktiver zu werden und sich zu engagieren. 

16 Tage lang war Hypotopia als räumliche Veranschaulichung der finanziellen Maßstäbe des Finanzskandals begeh- und erlebbar und wurde von einem Rahmenprogramm thematisch begleitet. Neben dem Bundespräsidenten Heinz Fischer statteten auch Nationalratsabgeordnete der Milliardenstadt einen Besuch ab. Am letzten Tag der Ausstellung wurden unter dem Motto Wir tragen die Last der Zukunft die Betonblöcke in einem Protestzug mithilfe von Schubkarren und Einkaufswägen vor das Parlament transportiert und in einem symbolischen Hypo-Loch versenkt. Die Blöcke stehen für das, was möglich gewesen wäre: „Zum Beispiel ein Wohnhaus oder eine öffentliche Einrichtung, wie eine Schule, die nun nicht gebaut werden kann, weil kein Geld mehr da ist“, so der Initiator Lukas Zeilbauer. Nach dem Abbau sollen Teile der Stadt im Wien Museum am Karlsplatz ausgestellt werden – die restlichen Betonblöcke werden einem Recyclingkreislauf zugeführt. An der TU Wien besteht die Möglichkeit, dass das Thema im Rahmen von Lehrveranstaltungen aufgegriffen wird. Laut InitiatorInnen könnte die Stadt Hypotopia in Zukunft weiterhin als Plattform fungieren, um sich zu vernetzen und Gedankenexperimente weiterzuführen: „Es könnte noch etwas daraus entstehen“.

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