12/05/2016

Ein.Blick. Ausgewählte Fotografien aus dem Steiermärkischen Landesarchiv

Publikation von Barbara Schaukal (Hauptautorin, Fotohistorikerin) und Heinrich Kranzelbinder (Autor, Leiter des Studios für Reprographie & Medienkonvertierung des Landesarchivs), herausgegeben von Josef Riegler (Leiter Landesarchiv). 196 Seiten, Graz, 2016

12/05/2016

Heinrich Reichert, Triumphbogen in der Annenstraße, Graz, 1856, Salzpapier 28 x 37 cm

©: Steiermärkisches Landesarchiv

Gustav Prükner, Blick von der Burggasse auf die Eingangsfront der Burg mit dem Trompetergang und dem Uhrturm des Palas, Graz, 1853, Salzpapier 24 x 19 cm

©: Steiermärkisches Landesarchiv

Leopold Bude, 'Kleinoscheg-Haus', Ecke Sackstrasse, Murgasse mit Pestsäule, Graz, 1875, Albuminpapier 29 x 24 cm

©: Steiermärkisches Landesarchiv

Leopold Bude, 'Neues Kleinoscheg-Haus', Graz, 1877, Albuminpapier 28 x 24

©: Steiermärkisches Landesarchiv

Maximilian von Karnitschnigg, 'Ofenhaus mit Koksaufzug'. Aus dem Album 'Städtisches Gas und Elektrizitätswerk Graz#, vor 1933. Gelatine-Entwicklungspapier, 16 x 22 cm

©: Steiermärkisches Landesarchiv

Kurt Woisetschläger, Basilika Seckau, Innenansicht, 14.Juni 1967, Gelatine-Entwicklungspapier, 10 x 14 cm

©: Steiermärkisches Landesarchiv

von links nach rechts. Herausgeber und Landesarchiv-Leiter Dr. Josef Riegler mit den beiden Verfassern Dr. Barbara Schaukal und Heinrich Kranzelbinder

©: Emil Gruber

Der Triumphbogen stand nur einige Tage. 1856 besuchte Kaiser Franz Joseph Graz. Aus diesem feierlichen Anlass ließ die Stadt in kürzester Zeit einen Triumpfbogen errichten, auf Höhe Annenstraße 61, dort wo links die Metahofgasse abzweigt. Fahnen schmückten den Aufbau und auf einer von Adlern bewachten Schrifttafel huldigte man dem Monarchen und seiner Frau. „Dem hohen Kaiserpaare. Die beglückte Hauptstadt Steiermark’s“. Die Materialien waren billig und nach des Kaisers Abfahrt wurde der Triumphbogen bald wieder demontiert. Geblieben ist eine Aufnahme von Heinrich Reichert.

Rund vier Millionen Fotografien zählt der Bestand des Steiermärkischen Landesarchivs, in drei Sammlungen aufgeteilt: Ortsbilder, Portraits und historische Ereignisse. Nachlässe wichtiger Fotografen befinden sich darunter, Fotoalben bedeutender steirischer Familien oder das ehemalige Bildarchiv der Neuen Zeit. Vieles davon ist bis heute nicht analysiert und klassifiziert worden.

2011 wurde mit Ein.Blick. Die fotografischen Bestände des Steiermärkischen Landesarchivs erstmals eine Schwerpunktausstellung Fotografie gestaltet. Heuer erschien, als Fortführung der damaligen Schau, eine Publikation zum Thema.

Für Ein.Blick. Ausgewählte Fotografien aus dem Steiermärkischen Landesarchiv haben die Kunsthistorikerin Barbara Schaukal und der Fotografieexperte Heinrich Kranzelbinder 20 exemplarische Aufnahmen ausgewählt. Sie sind Besonderheiten der Sammlung, im historischen Kontext, aufgrund der Technik oder in stilistischer Hinsicht. Hintergründe der Entstehung werden beleuchtet, die Art der Darstellung untersucht.

Die früheste Aufnahme, eine Daguerreotypie, stammt aus 1845, knappe sechs Jahre nach der „Erfindung“ der Fotografie, und zeigt ein Portrait von Josef Wartinger, dem ersten Archivar des Joanneums.
Andere Abbildungen präsentieren unter anderem familiäre Einsichten in den Adel, die Auftragsbücher des Grazer Fotografenklassikers Leopold Bude, ein Album mit Ansichten des Städtischen Gas-und Elektrizitätswerks Graz um 1933. Die Auswahl beenden Aufnahmen des obersteirischen Chronisten Franz Hruby II aus den 1960ern und 1970ern.

Als kleine Fotogeschichtesensation sind die wiederentdeckten, vom Fotografen Franz Vogel Erzherzog Johann zugeeigneten fünf Salzprints der Sonnenfinsternis von 1851 zu beurteilen.
Zwar haben sie nur Briefmarkengröße, dennoch sind sie neben der Daguerreotypie des Königbergers Johann Berkowski als älteste Fotografien einer Sonnenfinsternis bewertet worden.

1853 attestierte die k.k. Landesbaudirektion im Rahmen eines Renovierungsprojektes der Grazer Burg deren Südwestflügel Baufälligkeit. Es erging ein Abbruchbescheid, der aus Sicherheitsgründen auch auf andere angrenzende Bauelemente wie den Verbindungstrakt zur Domkirche erweitert wurde. Von Gustav Prükner, einem frühen, für Auftragsarbeiten umherreisenden Architekturfotografen stammt eine der wenigen Aufnahmen, die die Burg vor dem Umbau zeigt.

Zwei frühe Architekturfotografien zeigen das sogenannte Kleinoscheg-Haus Ecke Sackstraße und Murgasse im „Vorher-Nacher“-Modus. Der ursprüngliche Bau musste 1875 der Trassierung der Grazer Pferdetramway, die vom Bahnhof zum Hauptplatz führte, weichen. Ein zurückgesetzter Neubau wurde zwei Jahre später fertiggestellt. War Leopold Bude neben seinen Portraits auch ein penibler Fotograf des Grazer Stadtbilds, gelten diese Aufnahmen, jedes Mal vom selben erhöhten Standort aus aufgenommen, eher als ungewöhnlich in seinem Werk.

Zwischen 1958 und 1998 dokumentierte Kurt Woisetschläger die Kunstdenkmäler der Steiermark. Rund 16.000 Abzüge lagern im Landesarchiv. Sämtliche Aufnahmen zeugen von perfekter Technik, sowohl in der Aufnahmetechnik wie auch in der Dunkelkammernachbearbeitung. Die Autoren sehen die Sammlung Woisetschläger in Anlehnung an Andre Malrauxs Deutung der Fotografie als Chance des allgemeinen Zugangs als ein imaginäres Museum der steirischen Kunst. Alle Fotografien des Kunsthistorikers sind seit 2011 digitalisiert und können im Rahmen der Archivbenutzung eingesehen werden.

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Zusätzlich zur regulären Publikation erschien eine auf 15 Stück limitierte Sonderausgabe, der ein Original-Salzpapierabzug beigelegt wurde.


Barbara Schaukal und Heinrich Kranzelbinder
Ein.Blick
Ausgewählte Fotografien aus dem Steiermärkischen Landesarchiv
Veröffentlichungen des Steiermärkischen Landesarchivs, Band 40
Herausgeber: Josef Riegler
196 Seiten, Graz, 2016
Normalausgabe: € 49,00
Limitierte Sonderausgabe: € 89,00

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