27/10/2003
27/10/2003

Kunsthaus Graz "Einbildung - Das Wahrnehmen der Kunst", space 01, Foto: (c) Hedi Lusser

Kunsthaus Graz "Einbildung - Das Wahrnehmen der Kunst", space 02

Kunsthaus Graz "Einbildung - Das Wahrnehmen der Kunst", space 02

Kunsthaus Graz "Einbildung - Das Wahrnehmen der Kunst", space 02, Die Architekten Colin Fournier und Peter Cook in der Installation "360° room for all colours" von Olafur Eliasson

Kunsthaus Graz "Einbildung - Das Wahrnehmen der Kunst", space 02

Kunsthaus Graz "Einbildung - Das Wahrnehmen der Kunst", space 01, am Dachboden des Kunsthauses, Foto: (c) Hedi Lusser

Die erste Ausstellung im Kunsthaus Graz "Einbildung - Das Wahrnehmen der Kunst" beschäftigt sich mit Fragen der Perzeption von Kunst und vergisst dabei, dass das Wahrnehmen von Kunst auch mit dem Wahrnehmen der Räume, in denen sie sich zeigt zu tun hat.

Vorweg zum besseren Verständnis eine Einführung in die space-Konfiguration des Kunsthauses: space 01 meint die dritte und oberste Ausstellungsebene, im Architekturgebrauch das 3. OG, also jenen 1000m² großen Ausstellungsraum, der bereits vor seiner ersten Bespielung nicht nur aufgrund der sonderbaren Lichtröhren um die "Nozzles", die eigentlich als Tageslichtspender gedacht waren, die Problematik erahnen ließ, ihn mit der Kunst in Dialog zu bringen. Mehr als eine "Herausforderung" wie Peter Pakesch als Indentant nicht müde wird zu proklamieren.
space 02 bezeichnet die mittlere Ebene, jene in die der Besucher mit der "Pin", einem ansteigenden Fahrband, vom lichtdurchfluteten Erdgeschoß „Up into the Unknown“, wie Peter Cook es ausdrückte, fährt.
Und space 03 den Kinder- und Jugendbereich, also das 1. OG.
Zugegeben die Einteilung einer biomorphen Gebäudeform in Geschosse erscheint unzeitgemäss, aber angesichts der Evidenz der Geschosse, welche die Gebäudeform nicht einmal mehr erahnen lassen, erleichtert sie das Erklärungsmodell.

Zurück zur Ausstellung:

space 02 bietet dem Besucher eine solide Inszenierung von Kunst,die man als Rezipient erwartet; das Konzept der Ausstellung und die Thematik der Auseinandersetzung mit unserer sinnlichen Wahrnehmung, ihren Irritationen und Täuschungen, ihren Umsetzungen in künstlerische Ausdrucksformen auch mit Bezug zu neueren Forschungen in den Naturwissenschaften mit dem Fokus auf die letzten vier Jahrzehnte, steht hier außer Frage.
Die Reminiszenz auf trigon ´67 mit dem Titel "Ambiente", jene spektakuläre Ausstellung, die eine ganze Generation von Kulturschaffenden in Graz geprägt hat (aus derem Geist nicht zuletzt die ursprüngliche Idee zum jetzigen Kunsthaus entstammt) mit Gianni Colombos "Spazio elastico" als Ausgangspunkt intensiver Auseinandersetzung mit Gegenwartskunst ist Anknüpfungspunkt an eine Aufbruchstimmung, wie sie damals in Graz vorhanden war, in deren Spannungsfeld die Architektur eine ganz wesentliche Rolle spielte.
Aber das ist (eine andere) Geschichte.

Nunmehr bewegen wir uns in Räumen, die "funktionell und technisch den modernsten museologischen Anforderungen des internationalen Leihverkehrs" entsprechen und "seinen Betreibern [...] alle Voraussetzungen (bieten), um sich auf höchstem Niveau am globalisierten Ausstellungsbetrieb zu beteiligen." So beschreibt die Kulturhauptstadt das Raumkonzept ihres Kunsthauses. (http://www.graz03.at/)
Und beinahe vergisst man, dass man sich im Inneren eines Gebäudes befindet, das etwas anderes sein wollte, eine Ausstellungsmaschine, offen für neue und neu zu erdenkende Formen der Kunst und ihrer Kommunikation. Horizontale und Vertikale lassen jegliche Abweichung des rechten Winkels in den Hintergrund treten und lediglich in sehr bewussten Akten des Beobachtens wird man mancher Wölbung gewahr.

Was im space 02 noch als unverfängliches Nebeneinander von Raum und Präsentation von Kunst funktioniert, eskaliert im space 01 zum aberwitzigen Nebeneinander von Kunst und Raum, der nicht mit Fragmentierung, Irritation oder anderen Begriffen, die in die Auseinandersetzung mit Kunst und ihrer Wahrnehmung einfließen, umschrieben werden kann.
Um auf den öfters zitierten Ausspruch Marco de Michelis zurückzukommen, dass das Haus Künstler verlangt, die kämpfen können: Hier scheinen beide - die Kunst und die Architetkur - kampfesmüde und erschöpft.
Aber Kunst kommt eigentlich nicht von kämpfen.

Verfasser/in:
ute angeringer
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