31/08/2016

This is my Way

Trampelpfade – die Kehrseite von Planung und Widmung. Beispiele in Graz.

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Beispiele in Graz > Fotostrecke von Emil Gruber

31/08/2016

Grazer Trampelpfade – Burgring, Richtung Einspinnergasse

©: Emil Gruber

Opernring, Parkanlage Richtung Dorotheum

©: Emil Gruber

Ecke Augartenbrücke / Marburger Kai

©: Emil Gruber

Heinrichstraße, Höhe Psychologie-Institut

©: Emil Gruber

Hilmteichstraße

©: Emil Gruber

Muchargasse

©: Emil Gruber

Die meisten unserer Wege sind vor(her)gezeichnet. Die Pfade zu unserer Bestimmung, unsere Richtungen zum Ziel, sie alle unterliegen einem höheren Plan. Auf gemachten Bahnen soll sich der Mensch ins Erreichbare führen lassen. Ein Abweichen vom rechten Weg ist nicht erwünscht, von Sanktionen bedroht.
Architektur formt die Räume, auf denen wir uns zu bewegen haben. Im Inneren, im Äußeren, im Durchgängigen. Begleitet von Vorgaben der Behörden, Ämtern und Kommissionen, von Leitbildern, Schutzbestimmungen und Flächenwidmungsplänen wird am Ende der Erkenntniskette betoniert, gepflastert, bekieselt. Straßen und Wege sind ein Teil der gesellschaftlichen Ordnung, ein Machtinstrument, eine Beschränkung, die der persönlichen Freiheit eine allgemein gültige Fassung gibt.
Oft ist das penibel Kalkulierte, das effizient Ausgedachte, das geordnet Ineinandergreifende jedoch ein Irrweg, ein Umweg, ein Hindernis zum Ziel. Vorschriften finden nicht immer die beste Spur.
Wenn auch die Angepassten folgsam schreiten und die kurz ihren Gang verlangsamenden Zweifler gehorchen, die Aufmerksamen, die Ökonomischen weigern sich, in Kurven und Bögen zu denken, ihnen ist der gerade Gang der Maßstab. Der Großstadtindianer, die urbane Squaw sind Pfadfinder, Spurenleser geblieben. Subversiv bahnen sie sich einen Ausweg aus dem Rahmen des Geplanten, verlassen Vorschriftsmäßiges, überschreiten Grenzen.

Ausweg bedeutet wortwörtlich hier neue Schritte ins Unkalkulierte. Das Knicken von halbwüchsigen Halmen auf grünem Rasen, der Eindruck von Bewegung ins unbefleckte Erdreich formen neue Abläufe in Bewegungsmustern. Und tausende andere Beine, Räder, Stöcke werden folgen….

Trampelpfade, Chemin de l’âne, Olifantenpaadje, Desire path/line
, jede Sprache kennt einen Namen für diese Wege der Effizienz.
Selbstbestimmtes Gehen gilt für manche Obrigkeit noch immer als zerstörerisches Fusseln, als ignorante Vorgehensweise, als despektierliches Verhalten gegenüber denen, deren Beruf es ist, immer wissen zu glauben, wo der Hase läuft.
Doch manche hohen Rösser wiederum lernen, steigen von sich selbst herab und lockern die eigenen Rahmenbedingungen auf. Ein neuer Weg zum Weg wird das Ziel. Rasenflächen und Parks ohne Wegbefehl. Die Form folgt denen, die ihre Rückmeldung druckvoll in die Böden schreiben. Die Verwender zeichnen vor, wie Formen zu gießen sind. Tiefe Erkenntnis ist allen Asphalts und jedes Betons Anfang. Erdiges Design vor erstarrter Manifestation.

Das System der Trampelpfade ist so alt wie die Menschheit. Den Spuren der Tiere zum Wasser, durch den Wald oder über die Berge zu folgen, war einmal überlebensnotwendig. Der Instinkt gab die Richtung vor. Ein Rest dieses Naturtriebs ist geblieben und wird zur Kehrseite von Planung und Widmung.

Jan Dirk van der Burg ist seit Jahren ein Sammler von niederländischen Elefantenpfaden. In seinem 2011 erschienen, schnell vergriffenem, selbstverlegtem Buch Olifantenpaadjes wurde dieses weltweite Phänomen erstmalig in einem Bildband zusammengefasst. Es löste eine Welle von Nachforschungen in anderen Ländern aus. Mittlerweile gibt es zahlreiche Folgedokumentationen. Für Stadt- und Raumplaner sind Trampelpfade mittlerweile wichtige Parameter, bevor definitive Wege gezogen werden. In finnischen Parkanlagen werden anhand von Trampelpfaden im Schnee Erkenntnisse über Wegführungen gewonnen. Die University of California in Berkeley lässt ihre Studenten vorab über den Campus gehen, um danach Wege festzulegen.
Die Überlegungen gehen mittlerweile aber weiter. New York und Los Angeles Downtown basteln gemeinsam mit der Bevölkerung an der Streckenführung einer Straßenbahnlinie, die kulturelle Einrichtungen genauso wie Freizeitgebiete und Einkaufszentren gleichermaßen durchschneidet. 

Eine Einbindung von Bewohnerbewegungsmustern könnte auch für Graz neue Perspektiven in der Verkehrsanschließung der Reininghausgründe bringen.

Zur Einstimmung belassen wir es aber vorerst bei einigen Fundstücken von klassischen Trampelpfadfundstücken in Graz. Weitere Beispiele nimmt der Autor gerne entgegen.

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