18/11/2011
18/11/2011

AUSZEICHNUNG: KLINIKUM KLAGENFURT, Kärnten. Foto: Hertha Hurnaus

AUSZEICHNUNG:FREIRAUM AHORN, Mayrhofen, Tirol. Foto: David Schreyer

AUSZEICHNUNG: ARTENNE, Nenzing, Vorarlberg. Foto: Helmut Schlatter

AUSZEICHNUNG: BANKHAUS SPÄNGLER, Linz, Oberösterreich: Foto: Josef Pausch

AUSZEICHNUNG: LANDWIRTSCHAFTLICHE BERUFS- UND FACHSCHULE RITZLHOF, Haid, Oberösterreich. Foto: Markus Bstieler

Ursprünglich Standesvertretung der Architekturschaffenden ist die Zentralvereinigung der Architekten Österreichs (ZV Österreich) heute eine kulturelle Vereinigung, die für Architekturqualität eintritt. Sie regt Diskussionen zu Architektur und Städtebau an und gibt Impulse, das Berufsbild der ArchitektInnen weiterzuentwickeln.
Die ZV Österreich gliedert sich in sieben Landesverbände und zählt heute etwa 700 Mitglieder. Sie streben nach höchster Qualität in der Architektur.

Einer der wichtigsten österreichischen Architekturpreise, der Bauherrenpreis, wurde am 18. November 2011 bereits zum 44. Mal vergeben. Die Preisverleihung erfolgte im Napoleonstadel – Kärntens Haus der Architektur.
Der Bauherrenpreis ergeht an Bauherren und Bauherrinnen. Eingereicht werden können in Österreich ausgeführte Bauten oder Freiraumgestaltungen der letzten 3 Jahre, die in ihrer architektonischen Gestalt und ihrem innovativem Charakter vorbildlich sind und darüber hinaus einen positiven Beitrag zur Verbesserung unseres Lebensumfeldes leisten - exzeptionelle Lösungen, die in intensiver Kooperation von BauherrInnen und ArchitektInnen realisiert wurden.

In diesem Jahr wurden 123 Projekte zum Bauherrenpreis eingereicht. Davon durften pro Bundesland max. 5 Bauten von den Nominierungsjurien zur Weiterbeurteilung durch die Hauptjury ausgewählt werden. Dabei wird jedes der eingereichten Projekte von den jeweiligen Länderjurien (bestehend aus 3 Juroren) besucht. In diesem Jahr wurden 37 der eingereichten Projekte für den Bauherrenpreis nominiert. 5 Bauten erhielten eine der begehrten Auszeichnungen.

Mitglieder der Hauptjury waren Otto Kapfinger (Architekturpublizist, Wien), Eva Rubin (Architektin, Klagenfurt), Jurij Sadar (Architekt, Ljubljana). DIE PREISTRÄGER IM ÜBERBLICK:
(alle Projektbeschreibungen: Otto Kapfinger)

KLINIKUM KLAGENFURT, Kärnten
Bauherr: KABEG
Dr. Franz Sonnberger
Dr. Herwig Wetzlinger
DI. Manfred Freitag
Architekten:
FCP Fritsch, Chiari & Partner ZT GmbH
DFA Dietmar Feichtinger Architects, paris
Priebernig "P" ZT GmbH Architekten und Ingenieure
Müller & Klinger/Architects Collective AC ZT GmbH, Wien

Mit 4000 Bediensteten, 1.400 Betten, jährlich 300.000 ambulant und 80.000 stationär Behandelten ist es das drittgrößte Krankenhaus Österreichs, und es zeigt eine Alternative zum Standardtyp von Großkliniken. Im EU-weiten Bewerbungsverfahren entschied man sich gegen das übliche – massiver Sockel plus Hochhaus – für eine Form, die sich am Ort und primär am Komfort der PatientInnen orientiert.
Die Neudefinition einer dezentralen niedrigen „Gartenstadt“, die zu dem ins alte Bett verlegten Glanfluss ins Grün ausstrahlt, die allen Zimmern, Stationen, Fluren und Behandlungsräumen Ausblicke, zum Teil auch Zugang ins Grün bietet, erforderte von Bauherrschaft und Management Mut und Überzeugungskraft, um alte Betriebsmuster umzustellen. Gegenüber Kompaktlösungen sind manche Wege länger, doch der Gewinn an Orientierungs- und Aufenthaltsqualität für PatientInnen wie BesucherInnen überwiegt bei weitem. Der Betriebs- und Raumaufwand wird auch durch automatisierte Transportwege reduziert. Ein klares Farb-Leitsystem, durchgängige Transparenz und natürliche Lichtfülle in der netzartigen, im Detail einfachen, in der Grundhaltung „leichten“ Raumstruktur, sowie die unterschiedlich bepflanzten Höfe schaffen eine entspannte, humanzentrierte, fast hotelähnliche Atmosphäre.

_ FREIRAUM AHORN, Mayrhofen, Tirol
Bauherr: Mayrhofner Bergbahnen AG
Mag. Michael Rothleitner
Architekten: M9 Architekten:Lanzinger, Innsbruck

Winter- und Sommertourismus ist in Tirol wirtschaftlich erstrangig, baukulturell oft letztklassig. Mayrhofen ist ein Big-Player: jährlich 1,3Millionen Nächtigungen! Mit dem „Freiraum“ der Ahornbahn, Österreichs größter Gondelbahn, formuliert nun der Bauherr ein außergewöhnliches Credo: „Qualität als oberster Maßstab; Paradigmenwechsel im Tourismus – für ganzjährige Angebote, für den Umgang mit Ressourcen.“ Die Kooperation mit dem Architekten setzte die Erfahrungen beim Stationsbau fort, war essentiell für die Entwicklung des gesamten Betriebskonzeptes. Auf 2000m Seehöhe birgt ein schlichter Sockel Geräte und Servicezonen; seine Dachplatte aus Spannbeton bildet im steilen Umfeld ein großes Plateau, offen für vielfältigste Nutzungen. Darüber aufgeständert führt eine verglaste „Brücke“ von der Station zur Felskante, lässt ein exquisites Panorama-Café über dem Abgrund schweben, bietet Räume für Seminare, umweltbezogene Ausstellungen: urbanes, schnörkelloses Flair im Hochgebirge, barrierefrei erschlossen, funktional für alle Jahreszeiten und Altersstufen. Von der Konstruktion bis ins Detail innovativ, ökologisch vorbildlich: statt 500 LKW-Ladungen anzuliefern, wurde aller Beton am Ort erzeugt. Architektur zeigt sich als ortsspezifische, technisch geformte, räumlich interpretierte Natur.

_ ARTENNE, Nenzing, Vorarlberg
Bauherren: Hildegard und Helmut Schlatter
Architekt: Hansjörg Thum, Feldkirch

Ein Beispiel von allgemeinster Relevanz, wie aus Privatinitiative, mit minimalen Mitteln, mit Einbindung institutioneller und professioneller Kompetenz alltäglicher, unspektakulärer Raum für neue Nutzungen belebt werden kann und damit öffentlicher, baukultureller Mehrwert entsteht. Das 1841 errichtete Bauernhaus ist eines der wenigen der Art, die es im Walgau noch gibt. Schon in den 1990er Jahren öffneten Hildegard und Helmut Schlatter sporadisch den Wirtschaftstrakt für Workshops und Ausstellungen. Ab 2005 dachte man an ganzjährige Verwendung des Stadels als Bühne für Kunst und Kultur der ländlichen Region, die im radikalen Umbruch steht. Ein Verein wurde gegründet; zur technisch-räumlichen Nachrüstung des Stadels wurde professionelle Planung nötig. Die Schlatters wandten sich an das VAI um Rat; vier Teams wurden zum Architekturwettbewerb geladen, vom „EU LEADER Förderprogramm“ kam Finanzhilfe. Mit gemeinsamer Weiterentwicklung des Siegerprojektes entstand eine vorbildliche Revitalisierung: Die Atmosphäre der Scheune blieb erhalten; die Interventionen antworten dem Bestand ebenso werkzeughaft, reduziert, roh: das Neue ist nirgends kostbarer als das Alte, doch von gleicher Intelligenz, und das Ganze nicht auf Fotos, nur am Ort selbst richtig spürbar.

_ BANKHAUS SPÄNGLER, Linz, Oberösterreich
Bauherr: Bankhaus Carl Spängler &Co Aktiengesellschaft
Dr. Rudolf Oberschneider
Architekten: Heidl Architekten ZT GmbH, Linz

Eine traditionsreiche Salzburger Privatbank erwirbt ein lehrstehendes, desolates, denkmalgeschütztes Haus in Linz. Es ist dort am Hauptplatz das kleinste, 6,6m breit und 52m tief, es steht auf mittelalterlichen Grundmauern, hat hauptsächlich spätgotische Substanz, Fassadenschichten und Aufstockungen aus dem Barock, enthält jede Menge weitere Schichten historischer Überformungen im Detail, statische Unwägbarkeiten, technisch-restauratorische Überraschungspotentiale. Die Bank wählt für die Planung der Revitalisierung einen lokalen, jungen Architekten: es ist sein erster größerer Auftrag. In Etappen, mit enormem Aufwand, mit oft erst spontan, im Teamwork möglichen Entscheidungen entsteht aus der Fast-Ruine ein Modellfall des „Neuen Bauen in altem Kontext“, der auch allen internationalen Maßstäben standhält. Die technische Komplexität des Ausbaus für zeitgemäßen Betrieb ist nicht mehr spürbar, ist durchgängig in noble, räumliche Grandezza transformiert. Neues und Altes steht in faszinierender Symbiose; nichts drängt sich vor, alles hat Qualität; erlesenes altes und neues Material wirkt im Dienst des gesamtheitlichen Baucharakters; überraschend bei der Enge die innere Helligkeit aller Etagen durch Belichtungen über die Dachhülle, die hofseitigen Terrassen und Freiräume.

_ LANDWIRTSCHAFTLICHE BERUFS- UND FACHSCHULE RITZLHOF, Haid, Oberösterreich
Bauherr: Land Oberösterreich
DI. Albert Aflenzer
Ing. Bernhard Haider
Architekten: Architekten Dickinger-Ramoni, Innsbruck

Ritzlhof nennt sich diese Landes-Fachschule für „grüne Berufe“ inmitten eines 10ha großen Landesgutes. Jährlich werden hier 600 SchülerInnen in Garten- und Landschaftsbau u.a. ausgebildet; das Areal wird auch für große regionale Veranstaltungen genutzt, zuletzt ü.r die Landesgartenschau mit tausenden BesucherInnen. Zur Erweiterung des Bestandes mit Aula, Mehrzwecksaal, Unterrichtsräumen, Bibliothek wurde ein Architekturwettbewerb durchgeführt, die Ausführung in Holzbau verlangt. Das Resultat beeindruckt aus zwei Gründen: durch die Materialvorgabe und das einstimmige Votum, ein Projekt zu realisieren, das typologisch und räumlich gängige Schulbaukriterien hinter sich lässt und auch im ländlichen Bauen Maßstäbe setzt. Der Neubau zeigt eine präzise Umformung und Nutzung des Geländes; er steigert – formal unabhängig – die Altbauten zum Dreiklang, zugleich ist die Strukturalität modernen Holzbaus sachlich/spielerisch so geü.tzt, dass neben ungezwungener Behaglichkeit eine Fülle von Tageslichteffekten und Landschaftsaspekten, von vielseitig nutzbaren Innen-Außenbeziehungen, von räumlich/atmosphärischen Nah- und Fernwirkungen die Anlage durchwebt. Keine auftrumpfende Geste, sondern leichte, pavillonhafte Baukunst im Dialog mit dem Licht, dem Hang, den Bäumen.

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