08/12/2015

Das Paradies der Untergang
Hartmut Skerbisch – Medienarbeiten

Die Ausstellung ist auf das Frühwerk des Grazers Hartmut Skerbisch (1945-2009) konzentriert.

Ort
Space02, Kunsthaus Graz, Lendkai 1.

Kuratiert von
Günther Holler-Schuster

Assistenz
Katia Huemer

Wissenschaftliche Mitarbeit
Peter Pakesch, Regina Novak

Ausstellungsarchitektur
Manfred Wolff-Plottegg    

Bis 7. Februar 2016

Zur Ausstellung erschien der Band Hartmut Skerbisch. Leben und Werk im Verlag für Moderne Kunst, Wien, mit Beiträgen von Franz Niegelhell, Fabian Wallmüller, Günter Holler-Schuster, Elisabeth Fiedler u.a.

08/12/2015

Hartmut Skerbisch, Manfred Wolff-Plottegg: Putting Allspace in a Notshall, 1969/2012, Installationsansicht medien.kunst.sammeln, Kunsthaus Graz, 2012.

©: UMJ / N. Lackner

Hartmut Skerbisch, Zepter und gleißender Stein, 1977, Foto: Branko Lenart jr.

©: Nachlass Hartmut Skerbisch

Hartmut Skerbisch, Zepter und gleißender Stein, 1977, Foto: Branko Lenart jr.

©: Nachlass Hartmut Skerbisch

Nr. 5 aus der Serie: Hartmut Skerbisch, "n x 4 Reproduktionen auf Cibachrome", 1979.

©: Nachlass Hartmut Skerbisch

Hartmut Skerbisch, 3D Fraktal 98/H/o°, 1998, Leoben, Gösser Krypta, Foto: Hartmut Skerbisch.

©: Nachlass Hartmut Skerbisch

Zur Ausstellung erschien der Band 'Hartmut Skerbisch. Leben und Werk' im Verlag für Moderne Kunst, Wien, mit Beiträgen von Franz Niegelhell, Fabian Wallmüller, Günter Holler-Schuster, Elisabeth Fiedler u.a.

Die Ausstellung im Kunsthaus Graz ist auf das Frühwerk des Grazers Hartmut Skerbisch (1945-2009) konzentriert.

Noch während seiner Zeit als Architekturstudent entwickelte Hartmut Skerbisch gemeinsam mit Manfred Wolff-Plottegg eine konzeptuelle Installation als Interpretation der Wahrnehmung von Raum, der mittels elektronischer Medien entsteht. Als Projektvorschlag reichten Skerbisch und Wolff-Plottegg Putting Allspace in a Notshall zur Ausstellung trigon ´69 ein. Der programmatische Titel der „Räumlichen Anordnung“, übernommen aus James Joyce‘ Sprachkunstwerk Finnegans Wake, nimmt im Grunde ein Prinzip des virtuellen Raumes vorweg, der mit der Entwicklung des Internets, als über Medien vermittelte Wirklichkeit – das konstruierte Bild der Wirklichkeit als Wirklichkeit –, bis heute rezent geblieben ist.

In seinem Essay „Skulptur nach der Konzeptkunst“ schrieb Robert Fleck 1994 über Arbeiten und Werkphasen von Hartmut Skerbisch, dass „es gewissermaßen zwei Skerbisch gibt – den früheren, konzeptkünstlerischen und den späteren, der sich in und durch eine neue Auffassung der Skulptur ausdrückt.“ Die auf minimalen physischen Raum konzentrierten Bilder der Außenaufnahmen von Kameras, ergänzt durch Radioempfang in der „Nussschale“, stellten für Skerbisch eine „Initialzündung“ dar, „einen Stachel“, wie er es später beschrieb, „um weiter daran zu arbeiten, die unsichtbare elektronisch errichtete Architektur, und die Konsequenzen aus ihrer Installierung, in irgendeiner Weise auszudrücken“.

Nach einer Fotoserie aus dem Jahr 1975, Das Paradies der Untergang, haben Günther Holler-Schuster und Katia Huemer Titel und Retrospektive zum frühen Medienwerk von Hartmut Skerbisch für das Kunsthaus Graz erstellt. Im Zentrum der Ausstellung stehen damit Arbeiten wie Zepter und gleißender Stein aus dem Jahr 1977, die damals nur eine Stunde lang in der Neuen Galerie zu sehen war. Nachdem Skerbisch den Monitor als symbolbeladenes zentrales, unsere Kultur bestimmendes Objekt betrachtete, versuchte er das Medium Fernsehen mittels Installation zu dekonstruieren. Der Kathodenröhre, erhöht als Zepter in einer Vitrine, standen der Endlosfilm der wehenden österreichischen Flagge (Bundeshymne in der Audiospur wie damals zum Sendeschluss des österreichischen Fernsehens) und eine Batterie von Fernsehern mit monochrom rotem Bild gegenüber. „Wenn wir fernsehen“, erläuterte Skerbisch, „sehen wir gesteuerten Lichtschein. Auf diese Weise sehen wir die ganze Welt“.
Eine Serie von immer zwei gleichen Fotos mit dem Titel n x 4, versehen jeweils mit den Schriftzügen „Das Paradies“ und „Der Untergang“ zeigen Momentaufnahmen als Ausschnitte eines größeren Zusammenhangs. Nach Ludwig Wittgenstein stellt Skerbisch die Fotografie, als Beleg der Wirklichkeit, damit in Frage: „Um zu erkennen, ob ein Bild wahr oder falsch ist, müssen wir es mit der Wirklichkeit vergleichen.“

Von der Land Art zur Medienkunst
Mit Richard Kriesche und Horst Georg Haberl gründete Skerbisch 1974 die Produzentengalerie poolerie. Gemeinsames Anliegen war – auch mittels der Zeitschrift Pfirsich – eine Avantgarde zu vertreten und zu publizieren, die abseits wirtschaftlicher Wertvorstellungen von Kunst agierte. Aus dieser Zeit stammen Dokumente wie die von Skerbisch geführten Ideen- und Werktagebücher, aus denen seine Haltung eines sehr ursprünglichen Zusammenhangs zwischen Mensch und Umwelt zum Ausdruck kommt. Videos zeigen Skerbisch bei „Feldarbeiten“, in denen er mit der Auszirkelung von Arealen beschäftigt ist, die er mit Holzpflöcken und Seilen vornimmt. Deutlich wird dabei der Prozess von Handlungen, die wie Rituale anmuten, aber gleichzeitig in ihrem bildhaften Ergebnis offen bleiben.
1981 schloss Hartmut Skerbisch mit seiner Konzept-Installation Endsignatur die medienkritische Phase ab, um sich einem „narrativen und materialgeprägten Begriff von Skulptur“ (Holler-Schuster) zuzuwenden. Endsignatur zeigt, als Standbild auf einem Monitor, den Schriftzug „Gegenwart als Gegenwart“.

In der Ausstellung zu sehen sind zudem Skizzen und Überlegungen zum Lichtschwert (1992), dem wiederum frühe Entwürfe für ein Haus auf einer Stütze – Raum aus Elementen 1m x 1m – zum Vergleich beigestellt sind. Auf einer zentralen Stahlstütze sitzt, an ein Nest erinnernd, der aus Modulen bestehende Wohnraum.
Geometrisch konstruierte Formen sollten später aus Überlegungen zu Endlich- vs. Unendlichkeit entstehen wie die Sphären, Fraktale oder das Gartenlabyrinth auf der Tändelwiese in Graz.

Ausstellung
Das Paradies der Untergang
Hartmut Skerbisch – Medienarbeiten.

Bis 7. Februar 2016. Space02, Kunsthaus Graz, Lendkai 1.

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