15/12/2005
15/12/2005

Das spanische Architektenteam Nieto/Sobejano gewinnt mit einem außergewöhnichen Projekt den internationalen, geladenen Wettbewerb für den Um- und Ausbau des Kastner & Öhler Hauptgebäudes in Graz.

Das Unternehmen Kastner & Öhler schrieb im Juli 2005 einen internationalen Wettbewerb aus und verfolgte damit zwei Ziele: Die Sanierung einer der letzten Bausünden der 1970er Jahre in der berühmten Grazer Dachlandschaft und die Modernisierung des Stammhauses, in deren Rahmen die Verkaufsflächen um 10.000 m² erweitert werden und im obersten Geschoß eine große Dachterrasse mit Restaurantbetrieb entstehen soll.
14 Architekturbüros, darunter Markus Pernthaler, Michael Szyszkowitz und Karla Kowalski sowie Dominique Perrault, als prominentester ausländischer Architekt, reichten ihre Vorschläge ein (GAT berichtete). Ursprünglich sollte der Wettbewerb bereits während der ersten Jurysitzung im Oktober 2005 ein Ergebnis bringen. Die Fachpreisrichter Roman Delugan, Daniele Marques, Friedrich Mascher (AIK), Volker Giencke, Gertrud Celedin (ASVK) und Michael Rednik (Vorstand Grazer Stadtplanung) nahmen dagegen vier Projekte in die engere Wahl und schlugen deren Überarbeitung vor. Es handelte sich dabei um die Einreichungen von Saiko/Gangoly (Graz), Dietger Wissounig (Graz), Wiel Arets (Amsterdam) und Nieto/Sobejano (Madrid). Nach zwei intensiven Jurytagen stand am 15.12.2005 der Sieger fest, der von den Kastner & Öhler Geschäftsführern Martin Wäg und Thomas Böck sowie dem Juryvorsitzenden Roman Delugan (Delugan Meissl Associated Architects, Wien) noch am selben Tag im Stadtmuseum präsentiert wurde.
Laut Jury „besteht die Charakteristik des einstimmig gewählten Projekts von Fuensanta Nieto/Enrique Sobejano aus Madrid in der Darstellung des Typus Warenhaus mit eigenständigem Ausdruck und Referenz zum städtebaulichen Geflecht der Altstadt“ und „ verleiht die vorgeschlagene Gestalt dem Gebäudekomplex einen neuzeitlichen und sinnigen Ausdruck und ergänzt auf intelligente Weise das Netz der Dachstruktur der Grazer Altstadt. Unterschiedliche Höhen der Dachkörper verweisen auf die darunter liegenden Räume des Gebäudes. Die zwei höchsten Oberlichten für die Treppeninnenhöfe sollen Licht bis in die untersten Etagen des Hauses bringen, eine Referenz an den historischen Warenhaus-Innenhof der Architekten Fellner & Hellmer. Die kleineren Oberlichten weisen auf die Heterogenität der Räume des obersten Geschoßes hin: dort befinden sich ein Restaurant mit Küche und Technikräumen.“ Abschließend hält die Jury in ihrem Protokoll fest, "dass die kalligraphisch anmutende Gestaltqualität der neuen Gesamtanlage in der Dachsilhouette der Stadt überzeugt und die charismatische Substanz der Altstadt Graz auf eindrückliche Weise ergänzt".

Nach einer weiteren Überarbeitung soll das Siegerprojekt ehest möglich zur Einreichung gelangen. Die Geschäftsführung von Kastner & Öhler zeigt sich zuversichtlich, dass in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres mit dem Bau begonnen werden kann, der dann Ende 2007 abgeschlossen sein soll. Zur Höhe der Bausumme wollen sich Martin Wäg und Thomas Böck derzeit noch nicht äußern.

Von der Modernisierung des Warenhauses erwarten sich nicht nur die Geschäftsführer sondern auch der Juryteilnehmer Hans Schullin, als Vorsitzender des Grazer Tourismusverbandes, einen neuen Anziehungspunkt in der Stadt, der zu einer Neubelebung der Innenstadt führt. Roman Delugan, der in Bürogemeinschaft mit Elke Meissl u. a. mit dem Wohnpark Donaucity, dem Mischek Tower oder dem Dachausbau Ray 1 in Wien städtebauliche Akzente setzte, bezeichnet das Siegerprojekt gar als einen architektonischen Meilenstein, der in ganz Österreich und darüber hinaus Bekanntheit erlangen und Vorbildwirkung erzielen wird. Ob ICOMOS-Österreich (Internationaler Rat für Denkmalpflege) sich dieser Meinung anschließt, wird sich noch zeigen - für neuen Diskussionsstoff ist jedenfalls gesorgt. AUSSTELLUNG:
Das Siegerprojekt und die drei weiteren Projekte der 2. Stufe des Wettbewerbs sowie die Modelle aller eingereichten Projekte (Maßstab 1:500) können täglich in der Zeit von 10.00-18.00 Uhr im 1. Stock des Grazer Stadtmuseums, Sackstraße 18, besichtigt werden.

Verfasser/in:
Redaktion GAT Graz Architektur Täglich
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