11/09/2013

Weinzödl  - Wohnen am Fluss
Dokumentation der Projektübung am Institut für Städtebau der TU Graz im Sommersemester 2013

11/09/2013

Projektionen der Projekte auf Modell

©: Jördis Tornquist

Überlagerung Plan 1904 (Stadtarchiv Graz)

©: Jördis Tornquist

Führung mit Peter Laukhardt

©: Jördis Tornquist

Schaubild

©: Gruppe 1: Stephanie FORSTNER, Silvia JAVERNIG, Joanna SILVO

Lageplan

©: Gruppe 1: Stephanie FORSTNER, Silvia JAVERNIG, Joanna SILVO

Lageplan

©: Gruppe 2: Sonja BRANDSTETTER, Barbara SCHLOFFER, Katharina WERNIG

Lageplan

©: Gruppe 3: Yvonne LANDL, Markus STRADNER, Thomas WOLF

Plakat

©: Gruppe 4: Manuela HACKHOFER, Olivia PURKARTHOFER, Emmy RAUSCHER, Nadja SAXER

Lageplan

©: Gruppe 4: Manuela HACKHOFER, Olivia PURKARTHOFER, Emmy RAUSCHER, Nadja SAXER

Lageplan

©: Gruppe 5: Andreas EIBL, David HEILINGER, GAO Ying, Phillipp ZRIM

Zwischenpräsentation mit Johannes Fiedler, Susan Kraupp, Jördis Tornquist

©: Jördis Tornquist

Schlusspräsentation mit Joost Meuwissen, Klemens Klinar, Susan Kraupp, Jördis Tornquist

©: Jördis Tornquist

Im Sommersemester 2013 fand am Institut für Städtebau der TU Graz unter der Leitung von Architektin Jördis Tornquist die Projektübung „Weinzödl  - Wohnen am Fluss“ statt.

Die Aufgabe der Studierenden war es, nach einer vertiefenden Recherche unterschiedlicher Themengebiete die Charakteristik von Weinzödl zu bestimmen und Strategien und Projekte für ein Gebiet von rund 6 ha zu bearbeiten.
Eine langfristige Entwicklung zu einem Stadtteil mittlerer Dichte war anzustreben. Das bestehende Dorf sollte arrondiert werden. Dadurch könnte die historische Bausubstanz aus ihrer Bedeutungslosigkeit geholt werden. Die Einbeziehung des technischen Bauwerkes der Staustufe ist erforderlich und der Naturraum spielt im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung eine zentrale Rolle.

„Unmittelbares Ziel der Übung ist es, die Ufergebiete nahe der Mur rund um das Kraftwerk Weinzödl in Graz-Nord unter Einbeziehung des Bauwerkes der Staustufe “denkmalhaft kreativ” zu renaturieren und zu restaurieren, vielleicht schöner als es jemals gewesen ist, die Erschließungs- und Wegerelationen in den für alle Verkehrsarten idealen Zustand, welcher vorher vielleicht niemals gewesen ist, zu bringen und das Dorfgebiet Weinzödl mit Wohngebäuden und Wohnhäusern ohne Dichte oder ohne den Ausdruck ihrer Dichte im Sinne eines zeitgemäßen Suburbia oder Resort zu arrondieren. Kurz: in Weinzödl soll Glück für alle Leute kommen, für diejenigen, die dort leben, aber auch für diejenige, die dort gar nicht leben.“ (Joost Meuwissen, Vorstand des Instituts für Städtebau, TU Graz)

Das Dorf Weinzödl

Weinzödl ist ein alter Weiler am nördlichen Stadtrand von Graz, der seit 1100 nachweisbar ist. Der Name hat sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert. „Weinzierl“  jedenfalls verweist auf den Weinanbau im Mittelalter. Die meisten Bewohner waren damals sogenannte „Kleinhäusler“. Sie besaßen nicht ausreichend Land, um sich Bauern nennen zu dürfen und sie bestellten ihre Felder für „die Herrschaft“, wie das Stift Admont oder die Eggenberger. Eine Kapelle aus 1864 bildet den Dorfmittelpunkt.

Westlich des Dorfkerns gab es über 300 Jahre eine Brücke über den Fluss, die Mur, über die die Poststraße nach Wien führte. Die Brücke wurde 1953 abgebrochen. Flussabwärts befand sich der „linke Mühlgang“ , der 1976 trockengelegt wurde. Trotz zahlreicher Regulierungsmaßnahmen im 19.JH wurde das Dorf immer wieder überschwemmt.

Im Jahr 1982 ging das Laufkraftwerk Weinzödl in Betrieb. Es hat eine Leistung von 16 MW und dient u.a. zur Versorgung des Plabutschtunnnels (A9-Phyrnautobahn). Da im Zuge des Kraftwerksbaus ein Damm errichtet wurde, ist der Ort Weinzödl heute vom Flussufer getrennt.

Topographisch liegt Weinzödl zwischen der Kanzel und dem Admonter Kogel im Norden und dem Burgberg mit der Ruine Gösting im Süden im tief eingeschnittenen Tal der Mur, das einen wichtigen Frischluftkorridor für Graz darstellt. Die Talenge ist heute von Verkehrsinfrastruktur geprägt: Autobahnzubringer, Bundesstraße und Südbahn erzeugen einen hohen Lärmpegel. Die Wohnnutzung ist dadurch unattraktiv geworden.

Das Dorfgebiet ist noch weitgehend von landwirtschaftlich genutzten Flächen umgeben.  Aufgrund der  Nähe zum Fluss und am Rande des Grazer Berglandes ist das Gebiet Wassereinzugsgebiet und als solches teilweise geschützt. Es konnte sich dort eine seltene Flora und Fauna erhalten. In zunehmendem Maß siedeln sich Freizeitnutzungen an. Es gibt einen Klettergarten, einen Reitstall, ein Fußball-Trainingszentrum und eine relativ neue Heimgartenanlage. Mit der sich verbessernden Wasserqualität wird die Mur in zunehmendem Maß für den Wassersport interessant. Im Bereich Weinzödl wird der Fluss zum Paddeln genutzt. 

Die Projekte der Studierenden

In den vorliegenden fünf Projekten wird deutlich, dass Weinzödl wegen seiner Nähe zur Innenstadt von Graz und wegen seines Naturraumes ein großes Potenzial hat, Lebensqualität zu bieten.

Die Studierenden versuchten in einem ersten Schritt unterschiedliche Verkehrslösungen zu erarbeiten, da wegen der extremen Verkehrsbelastung eine Entwicklung des Gebietes heute nur schwer möglich ist. Durch die Tallage wird der Verkehrslärm stark reflektiert, daher wurden Lärmschutzeinrichtungen bzw. Eintunnelungen für Autobahnzubringer und Südbahnstrecke am rechten Murufer angedacht.

Da das Gebiet derzeit  weder mit öffentlichem Verkehr noch mittels einer guten Radverbindung ausgestattet ist, haben die Studierenden Vorschläge zur Verbesserung der Erreichbarkeit von Weinzödl erarbeitet. Die Lösungen gegen die Dominanz des Autoverkehrs reichen von der Umleitung der Bundesstraße auf das das rechte Murufer, um Einrichtungen wie Begegnungszonen und Complete Streets im Dorfgebiet Weinzödl zu ermöglichen, bis zum  „Brechen der Linearität der Wienerstraße“ im Gebiet Weinzödl: das Knicken, Schwingen oder die räumliche Auflösung des Straßenzuges könnte eine Methode sein, um das Verhalten der KFZ- Lenker intuitiv zu beeinflussen, langsam zu fahren.

Die Studierenden haben sich Gedanken darüber gemacht, ob die Ausbreitung von gewerblichen Einrichtungen, die dort und da schon zu bemerken sind, den Untergang des Dorfes Weinzödl bereits einleitet. Das zeigt sich auch in unzählig abgestellten Schwerfahrzeugen im Ortskern, selbst unmittelbar neben der Kapelle.

Es wurde beobachtet, dass Weinzödl, weil fußläufig gänzlich abgeschnitten, von den Grazern selbst nicht als zu Graz gehörig empfunden wird. In mehreren Projekten wurde daher das Kraftwerk als Brücke an das andere Ufer vorgeschlagen, manchmal als Geh- und Fahrradweg und manchmal nur als ökologische Grünbrücke.

Weinzödl ist aber durch seine historische Siedlungsstruktur und seine Geschichte eine wichtige Eintrittspforte vom Norden nach Graz.  Bestehende Nutzungen wie Wohnen und Freizeit sind ideale Programme für Weinzödl und sollten jedenfalls gestärkt und langfristig weiter entwickelt werden. Durch einen Zuzug an Bewohner/innen kann die derzeit meist herabgekommene Bausubstanz gestärkt werden, indem sie einen neuen Stellenwert bekommt. Gewachsene Strukturen sind ein Ankerpunkt für Menschen, auch für jene, die nach Weinzödl ziehen wollen.


„In meiner Erinnerung ist die Au neben der Mur eine riesige Fläche, auf der ich mir verloren vorkam. Schwere Regenwolken hängen vom Himmel, Licht- und Schattenspiele fließen über das spärliche Gras auf dem sandig-schottrigen Boden. In der Ferne das von hohen Büschen bewachsene Ufer der Mur. Der Fluss war in heißen Sommertagen nahezu ausgetrocknet. Schotterbänke traten zutage, Felsen, über die ich bis zur Flussmitte balancieren konnte-dann wieder, nach starken Regenfällen, schwoll er dunkel und gewaltig an, umschwemmte die Brücke und ergoss sich über die weite Fläche. Einmal musste ich sogar umkehren, so hoch stand das Wasser in der Wiese.“
aus: Gerhard Roth "Das Alphabet der Zeit"

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