27/01/2020

Wohnbau Rankengasse | Karlauerstraße
Wettbewerbsergebnis

Tritthart + Herbst Architekten gewinnen geladenes Verfahren unter acht TeilnehmerInnen nach dem Grazer Modell für einen Wohnbau mit Gewerbe- räumen in 8020 Graz-Gries

Ausloberin
GWS - Gemeinnützige Alpenländ. Gesellschaft f. Wohnungsbau und Siedlungswesen.

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27/01/2020

Wohnbau Rankengasse | Karlauerstraße, Graz-Gries: Platz 1: Tritthart + Herbst Architekten

©: Kampus

Platz 1: Tritthart + Herbst Architekten, Lageplan. Ausschnitt aus den Wettbewerbsplakat – rechts: Rankengasse | links: Karlauer Straße

©: Redaktion GAT

Platz 2: Ederer + Haghirian Architekten

©: Kampus

Platz 3: KFR ZT-GmbH

©: Kampus

Domenig & Wallner ZT-GmbH

©: Kampus

fasch&fuchs zt-gmbh

©: Kampus

GSarchitects ZT-GmbH

©: Kampus

Lend²Architektur

©: Kampus

Die GWS will zwischen Rankengasse und Karlauerstraße, Bezirk Graz-Gries, einen Geschoßwohnbau mit ca. 100 Eigentumswohnungen sowie erdgeschoßig gelegenen Gewerberäumen entlang der Karlauerstraße errichten. Dazu lobte sie einen geladenen, einstufigen Realisierungswettbewerb unter acht TeilnehmerInnen nach dem Grazer Modell aus, der im Dezember 2019 entschieden wurde.

Wettbewerbsergebnis
Zur Beurteilung der acht Projekte tagte die Jury unter dem Vorsitz von Architektin Bettina Brunner-Krenn am 12. Dezember 2019. Nach eingehender Prüfung hinsichtlich der Kriterien Städtebau, baukünstlerischer und funktionaler Qualitäten kam sie zu folgendem Ergebnis:

  • Platz 1: Tritthart + Herbst Architekten
  • Platz 2: Ederer + Haghirian Architekten
  • Platz 3: KFR ZT-GmbH

Weiter TeilnehmerInnen

  • Domenig & Wallner ZT-GmbH
  • fasch&fuchs zt-gmbh
  • GSarchitects ZT-GmbH
  • Lend²Architektur

Jurybewertung Platz 1
Im lang gezogenen Baublock zwischen Karlauerstraße und Rankengasse schließt sich zunehmend die den Blockrand herstellende Bebauung, im gegenständlichen Fall mit zwei gegenüberstehenden, wenngleich von der Längserstreckung völlig verschiedenen Baukörpern. Auch die Belastung durch die straßenseitigen Emissionen ist sehr ungleich – zu Ungunsten der Karlauerstraße – gegeben. Das Umfeld ist innerhalb der keiner exakten geometrischen Idee folgenden Umschreibung des Binnenraumes von heterogenem, eben aus gewachsener Bausubstanz herrührenden Charakter.
  Dem Projekt gelingt es mit einer einfachen, aber dafür als klare Bauskulptur wahrnehmbaren Gestalt, der komplexen topografischen Herausforderung gerecht zu werden – als Baukörperkomposition, in der eindeutigen Adressbildung, in der Zirkulation der Wegeführung sämtlicher Wohnungen, mit dem sie erschließenden halböffentlichen Raumsystem, der Beziehung zum Garten- und Spielplatzhof und letztlich der in der Kommunikation mit den öffentlichen Räumen an den Straßenzügen.
  Dem Konzept liegt eine in Längsrichtung gegliederte Volumetrie zu Grunde, die gestaffelt und geschichtet eine eben dieser Richtung folgende interne Erschließung aufspannt – geradlinig aber umso wirkmächtiger als Raumskulptur. Von dieser Achse werden die Wohnungen zur Karlauerstraße direkt angebunden, jene im zur Hofseite abgerückten Trakt über jeweils als breite Plattformen ausgebildeten Stege.
Die obersten mit Maisonetten besetzten Geschoße kragen wiederum über diese Achse aus, geben damit darunter Witterungsschutz und räumliche Fassung. Von den entlang dieser Achse liegenden Vertikalerschließungen ist der Hof auf sich selbsterklärende Weise angebunden. Das eigentliche Entree im nördlichen Teil öffnet sich in einer einladenden Geste mit dem Gemeinschaftsraum des Haues und einem Durchblick zum grünen Innenhof und ist gleichsam eine Schnittstelle zum öffentlichen sowie zum Freiraum im Inneren. Die Gewerbefläche im EG ist mit entsprechender Geschoßhöhe ein wesentlicher Beitrag dem Haus den Charakter eines Stadthauses zu geben. Die Fläche ist großzügig aufgespannt und kann bestens unterschiedlichen oder sich wandelnden Bedürfnissen angepasst werden. Innerhalb der Fläche sind somit auch die zu erwartenden offeneren und geschlossenen Bereiche gut unterzubringen.
Das Haus an der Rankengasse ist klar strukturiert und fügt sich so maßstäblich in die (insbesondere gegenüber liegende) Zeile gründerzeitlicher Bestandshäuser ein. Die Einfahrt zur Tiefgarage ist diskret seitlich gesetzt und wird durch die mit der Gebäudemitte spielende Zugangssituation und der daraus hergeleiteten abgewandelten Symmetrie relativiert sowie an ihren Platz verwiesen.
Die klare topografische Gliederung entspricht den streng geschnittenen Baukörpern, die zueinander und zum umgebenden Raum in angemessener Proportion gefasst sind. Der Fassade bleibt somit nur mehr den Gegebenheiten aus den Wohnungsgrundrissen und den Elementen der Erschließung zu folgen und so zu einer überzeugenden Textur in der Fläche zu finden. In den Erschließungsbereichen wechseln sich teilweise über mehrere Geschoße reichende Öffnungen mit solchen den Wohnräumen entsprechenden Fensterformaten ab. Der sich daraus ergebende Duktus ist insbesondere in der inneren Erschließungsachse auch dreidimensional freigespielt, besonders als diese Fassadenebene nicht mit flächenbündigen Fensterelementen geschlossen, sondern offen gehalten ist.
Die zuoberst liegenden Maisonettewohnungen können gegebenenfalls zur barrierefreien Ausstattung umgebaut werden. Dies lässt den Gedanken zu, die Dachfläche des vorgelagerten hofseitigen Bauteiles begehbar auszuführen und über einen der Erschließungskerne anzubinden.
Die im Konzept angedeutete schokoladendunkle Färbung der Fassade hinterlässt einen grundsätzlich warmen Eindruck, ist aber in der Materialisierung noch zu plausibilisieren. Das Erdgeschoß als Sockel zur Karlauerstraße ist noch sehr homogen dargestellt und gibt dem darüberliegenden Volumen einen schwebenden Eindruck. Der Umstand, das Gebäude auch bis zum Boden zu führen (wie mit der in den Grundrissen dargestellten Stützenstellung), tut dem Gesamteindruck keinen Abbruch und wird aus den konkreten Ansprüchen des Nutzers herzuleiten sein. Die Lösung, die Fahrräder in die Geschoße mitzunehmen, wird als sehr lebensnah und strukturell sinnvoll gesehen. Im Erdgeschoß an der Karlauerstraße ist das Angebot an Fahrradstellplätzen noch zu optimieren.
Das Projekt als Ganzes überzeugt in seiner klaren volumetrischen Setzung, der klaren Abbildung eines komplexen Sachverhaltes in den Fassaden, den Grundrissen und Raumbeziehungen und stellt im städtebaulichen Kontext eines sich rasant entwickelnden Stadtteiles ein beispielgebendes Projekt innerhalb eines vordefinierten und machbaren Anspruches dar.

Überarbeitungsempfehlung Platz 1
- Die Anpassbarkeit der Maisonettewohnungen ist zu überprüfen.
- Angeregt wird die Nutzung der Dachterrassenflächen.
- Die im Konzept angedeutete schokoladendunkle Färbung der Fassade hinterlässt einen grundsätzlich warmen Eindruck, ist aber in der Materialisierung noch zu plausibilisieren.
- Die Möglichkeit eines Rücksprungs im EG zur Schaffung eines qualitätsvollen öffentlichen Raumes ist zu überdenken.
- Die Anzahl der Fahrradabstellplätze ist zu optimieren.

Weitere Jurybewertungen entnehmen Sie dem beigelegten Juryprotokoll.

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