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Graz

musikprotokoll 2016

©: musikprotokoll

Musikalische Kartografien

Unsere persönlichen kulturellen Landkarten gehören von Zeit zu Zeit auf terrae incognitae überprüft. Wo endet oder beginnt denn zum Beispiel unser Begriff von sogenannter „alter Musik“? Barock? Renaissance? Bei Musik aus dem 13. und 14. Jahrhundert wird die Landkarte aber meist schon etwas skizzenhafter. Und frühes Mittelalter fühlt sich mitunter geradezu fremd an.
Welche Entdeckungen sind da möglich, wenn das Vokal­ensemble NOVA beim musikprotokoll sehr alte und ganz neue Musik in ein Vexierspiel der Wahrnehmung versetzt! Verschiebung kultureller Kartografien also mit dem Faktor Zeit. Das musikprotokoll 2016 dehnt unseren Globus der verzeichneten Musikwelten in alle Richtungen.
Die Komponisten Bernhard Lang und Gerhard E. Winkler beispielsweise versehen Schuberts „Winterreise“ mit ungeahnten Topografien, Renald Deppe vermisst gemeinsam mit dem in Teheran geborenen Komponisten und Elektronik­musiker Hassan Zanjirani Farahani Neuland, Deena Abdelwahed verortet ihre Kunst im Koordinatensystem zwischen Tunesien und Westeuropa, der 85-jährige Komponist Alvin Lucier begibt sich auf jene schmalen Wege, die die Bewegungen des Bogenarmes eines Cellisten vorzeichnen, Performer Blixa Bargeld manövriert sein Publikum über stimmliche und sprachliche Serpentinen, das ORF Radio-Symphonieorchester Wien und das Klangforum Wien besteigen in einer gemeinsamen Expedition den Gipfel klanggewaltiger Uraufführungen für Orchester und Ensemble, und mit dem Projekt SHAPE des Festivalnetzwerks ICAS – einer europäischen Plattform für innovative Musik und audiovisuelle Kunst – weist der Kompass auf junge, noch zu erforschende Musikszenen.

Das musikprotokoll im steirischen herbst setzt die Segel, um auf der heurigen Reise in manch Verborgenes vorzudringen.
(Elke Tschaikner, Leiterin Ö1-Musikredaktion, Programmverantwortliche musikprotokoll)

Veranstalter
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
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