Graz
©: Schaumbad – Freies Atelierhaus Graz

SAME NOT SAME. CO-INDUSTRIAL COINCIDENCES GRAZ / NEW YORK
Eva Ursprung / Joachim Hainzl

Videoinstallation von Eva Ursprung, feat. Myriam Thyes
Gespräch mit Joachim Hainzl zum Südrand von Graz
Anschließend Stadtteilrundgang mit Joachim Hainzl (Start ca. 13:00 Uhr vom Schaumbad)

Eva Ursprung verbrachte 2016 drei Monate in der Flux Factory, einem Atelierhaus in Queens, New York. Im Zuge ihres Aufenthalts stellte sie ihre über mehrere Jahre laufenden und gemeinsam mit Myriam Thyes und Joachim Hainzl begonnenen audiovisuellen Studien über den Südrand von Graz* in einen internationalen Kontext: das „Scherbenviertel“ von Graz wurde mit der Umgebung der Flux Factory verglichen und in einer multimedialen Installation gegenübergestellt. Seit Sharon Zukins Studie über SoHo in den 1960er und 1970er Jahren ist New York die bekannteste Fallstudie zur Gentrifizierung. Die Rolle von KünstlerInnen als „Gentrifizierer“ wurde seither eine beliebte Strategie für StadtentwicklerInnen in (post-)industriellen Ländern. Queens ist einer der Stadtteile New Yorks mit noch immer sehr aktiven Industriegebieten. Gleichzeitig befindet sich hier aber auch eines der prestigeträchtigsten Museen der Stadt, das MOMA PS1 – ebenso wie die Flux Factory, ein von KünstlerInnen selbst verwaltetes Atelierhaus mit Veranstaltungsbetrieb. Als Parallele dazu ist das Grazer Kunsthaus an der „schlechteren“ Seite der Stadt Graz angesiedelt - ebenso wie das selbstverwaltete Schaumbad - Freies Atelierhaus Graz.

An den (noch) nicht so attraktiven Randzonen der Städte hat Kunst noch gut Platz. Dort, wo die repräsentativen Bauten stehen, ist die Welt bereits „in Ordnung“: schicke Lokale und Geschäfte, gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr. An den Randzonen hakt es noch etwas. Da ist vor allem Industrie und das macht die Umgebung nicht sehr einladend. Durch die Ansiedlung von Kunst entsteht jedoch ein Hipnessfaktor, der BesucherInnen und letztendlich auch Investoren anzieht. Verglichen mit New York ist Graz ein Dorf. Trotzdem finden sich hier wie dort frappierend ähnliche Strukturen und Gebäude. Diese Ähnlichkeiten werden in Videoloops und Klängen herausgearbeitet und assoziativ erlebbar gemacht.

Joachim Hainzl beschäftigt sich seit seiner Diplomarbeit (Zur Topologie des Abfalls am Beispiel der Stadt Graz, 1992) mit der Grazer Sozialgeschichte und welche Orte am damaligen Stadtrand in besonderem Maße die Funktion bekamen als Lager-, Bearbeitungs- und Entsorgungsort für Abfall, Fäkalien, tote Tiere aber auch als Produktionsstandorte für übelriechende Betriebe. In Nachbarschaft dazu siedelten sich auch Einrichtungen für gesellschaftlich Marginalisierte an (wie Gefängnis), aber auch der Zentralfriedhof. Alle diese Orte liegen in einem Gebiet, das bis zur Bildung von Groß-Graz im Jahr 1938 am damaligen südlichen Stadtrand lag (mit dem heutigen „Schaumbad“ inmitten) und daher sozialräumlich für an den Rand Gedrängte und Gedrängtes bestimmt war. Inwiefern erfüllt das Gebiet diese Funktion bis Heute? Was hat sich verändert? Welche zukünftigen Entwicklunegn lassen sich annehmen?

Joachim Hainzl 
ist Sozialpädagoge und -historiker und Künstler. Er ist seit rund 25 Jahren in der außeruniversitären Forschung, Dokumentation und Vermittlungsarbeit tätig und beschäftigt sich mit aktuellen und historischen gesellschaftlichen Sozialidisziplinierungsmechanismen, Marginalisierungs- und Ausgrenzungsprozessen, vor allem am Beispiel Graz. Vor rund 10 Jahren gründete er den XENOS – Verein zur Förderung soziokultureller Vielfalt, dem er auch heute noch vorsteht.

Eva Ursprung 
wurde in Köflach geboren, lebt und arbeitet seit 1986 als freischaffende Künstlerin und Kuratorin in Graz. Aktionen, Installationen, Objekte, Kunst im öffentlichen, sozialen und  elektronischen Raum. Arbeit mit Video, Fotografie und Klang; (Musik-) Performances.
Gründungsmitglied der feministischen Kulturzeitschrift Eva & Co (1982-1992), 1993 Gründung des Kunstvereins W.A.S. (Womyn´s Art Support). 1997 – 2003 Kuratorin für bildende Kunst im Forum Stadtpark Graz, seit 2005 im Vorstand von IMA (Institut für Medienarchäologie). 2008 Gründungsmitglied und Präsidentin von Schaumbad – Freies Atelierhaus Graz.
1997 Kunstförderungspreis der Stadt Graz; 1998 Atelierstipendium des bm:ukk in Fujino, Japan; 2007 Jurypreis der Associazione Culturale Ateneo delle Idee, Udine (Broccoli Art Group); 2014 Artist in Residence bei APO33, Nantes, 2015 AiR der Stadt Judenburg, 2016 AiR Flux Factory, New York. Projekte, Ausstellungen und Performances in ganz Österreich, New York, Brüssel, Rijeka, Pula, London, Nantes, Eindhoven, Mailand, Novi Sad, Belgrad, Bonn, Darmstadt, Bratislava, Manchester, Hull, Gdansk, Bukarest, Madrid, Salamanca, Glasgow, Los Angeles, St. Petersburg, Jerusalem, Maribor, Ljubljana, Udine, Bangkok, Chiangmai, Singapur…

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