Innsbruck
©: Redaktion GAT GrazArchitekturTäglich

Dass die Beschäftigung mit Problemen zu Antworten, nicht aber zu Lösungen führt, ist Thema eines von einem Gedankenexperiment ausgehenden, programmatischen Vortrags von Werner Neuwirth über das Wohnen.

„Was wäre, wenn die Wohnungen vom Himmel fallen würden, einfach so. Sie würden daliegen, ungeordnete Anhäufungen von Raumzellen, beliebig, quasi ,unbrauchbar‘. Man würde diese benutzen, sie bewohnen, sie mehr oder weniger missmutig hinnehmen, würde sich diese gefundenen Räume ,aneignen‘, Vorzüge und Nachteile finden, sich daran gewöhnen oder sie adaptieren, man würde sich in ihnen ,einrichten‘.
Fundstücke sind für sich schon Glücksfälle, sie sind nicht geplant, man stellt keine Anforderungen an sie, sie sind unschuldig, sie sind plötzlich da. Erst durch das Planen wird man quasi schuldig, in der Absicht verliert man die Leichtigkeit des Entdeckens, die Neugierde am Möglichen – es entsteht ein Zwang zum ,funktionieren‘, eine gezielte Verpflichtung.
Sehnsüchte und Wünsche, gute und edle Werte werden fleißig gesammelt. Vorgaben aus individuellen Vorlieben und Gewohnheiten formuliert, statistisch aus bestehenden Wohnverhalten soziologische Werte ausgemittelt und Grenz- und Idealwerte festgelegt, gefördert und verordnet.
,Wohnen‘ als beschreibbarer und bezeichenbarer Lebensprozess und Lebensraum, vergesellschaftet in Normen und Standards.
Man beschäftigt sich in der Folge mit diesen Daten, den daraus formulierten Vorgaben und behaupteten Problemen. Diese Beschäftigung mit ,Problemen‘ führt zu ,Antworten‘, die in den Problemstellungen selbst begründet und verhaftet bleiben. Sie werden zur Illustration des Problems selbst und je offensichtlicher sie dies zeigen, umso ,leistungsfähiger‘ werden sie empfunden.
Vielleicht ist es interessanter sich mit ,Lösungen‘ zu beschäftigen, Möglichkeiten zu finden, zu erfinden, unvoreingenommen, quasi ,wertlos‘, und diese Fundstücke dann zu ,bewohnen‘.“

Werner Neuwirth
geb. 1964; Studium der Malerei an der Akademie der Bildenden Künste und Studium der Architektur an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien; Assistent am Institut für künstlerische Gestaltung an der TU Wien; seit 2000 eigenes Architekturbüro in Wien;
2013 Preis der Stadt Wien für Architektur
Bauten (Auswahl)
1997 – 98 „neues bauen am horn“, Wohnbebauung, Weimar (Bebauungsplan mit Adolf Krischanitz, Luigi Snozzi und Roger Diener);
2000 – 02 Museum Tauernbahn, Schwarzach (mit Adolf Krischanitz); 2007 – 11 „generationen : wohnen am mühlgrund“, Wien (mit Adolf Krischanitz und Hermann Czech);
2008 – 12 Wohnüberbauung Donaufelder Straße 73, Wien, BT1 und BT2; 2010 – 13 Wohnbebauung Ernst-Melchior-Gasse 11, Wien (mit Sergison Bates und von Ballmoos Krucker)

Veranstaltungsort
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
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