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Wien

Moyra Davey - Burn the Diaries. Ausstellung im mumok, Wien

©: mumok - museum moderner kunst

Für die in New York lebende Künstlerin Moyra Davey (geb. 1958 in Kanada) sind Fotografie, Film und Video ebenso wichtig wie Literatur. Ihre konzentrierten, oftmals auf das Detail gerichteten Beobachtungen thematisieren die Formen der Erinnerung und beziehen sich zumeist auf persönliche Erfahrungen oder Situationen. Daveys Werke hinterfragen unseren Umgang mit Zeit und Geschichte.

Sie lassen das Verhältnis von Bild und Sprache ebenso in neuem Licht erscheinen wie die Beziehung von Produktion und Rezeption. Wesentlicher Bestandteil ihrer künstlerischen Arbeit sind die sogenannten Mailer, zu Umschlägen gefaltete Fotos, die sie per Post an Familienmitglieder, FreundInnen oder Bekannte schickt. Im Ausstellungsraum angekommen, trägt jedes Stück Spuren seiner Reise und verweist gleichzeitig auf seine jeweiligen EmpfängerInnen.

Für ihre erste Einzelausstellung in Österreich entwickelt Moyra Davey mehrere neue Werke, die sich auf das Schaffen des französischen Literaten Jean Genet (1910–1986) beziehen. Genet, der wegen Diebstahl, Landstreicherei und anderen Delikten mehrfach im Gefängnis saß und mit seinen oft homoerotischen Texten für literarische Skandale sorgte, erlangte in den 1940er-Jahren in Frankreich und darüber hinaus breite Anerkennung. Er entwickelte sich zum Dramatiker und Aktivisten, der letztlich jeglichen Besitz und Status verweigerte. Moyra Daveys Präsentation im mumok beinhaltet einen neuen Film, der den Prozess des Schreibens und des Erinnerns in den Mittelpunkt rückt. Ihre subtil verwobenen Bilder, Texteinblendungen und Schilderungen Dritter korrespondieren darin eng mit Details aus dem Leben und dem Werk des Romanciers und Kriminellen Genet.

Als zweites Element ihrer Ausstellung präsentiert Davey neue Fotografien und mehrere Mailer, die sowohl Bezüge zu ihrem Film als auch zu einem von ihr verfassten Text mit den Titel "Burn the Diaries" aufweisen. Zu lesen ist dieser Text in einem speziell für ihre Ausstellung im mumok konzipierten Künstlerbuch, das neben einem weiteren Textbeitrag der Literatin Alison Strayer auch umfangreiches Bildmaterial enthält.

Moyra Davey ist Fotografin, Filmemacherin und Autorin. Die Beschäftigung mit Psychoanalyse, der Geschichte der Fotografie, Lesen, Schreiben und Literatur steht im Mittelpunkt ihres künstlerischen Schaffens. Ihre Arbeit wurde zuletzt in Einzelausstellungen in der Tate Liverpool (Hangmen of England, 2013), der Kunsthalle Basel (Speaker Receiver, 2010) oder im The Fogg Art Museum an der Harvard University, Cambridge, Massachusetts (Long Life Cool White, 2008) gezeigt. Davey produzierte drei narrative Videos: "Les Goddesses", 2011 (61:00), "My Necropolis", 2009 (32:17) und "Fifty Minutes", 2006 (50:00). Sie ist Autorin der Publikationen "Long Life Cool White" (Harvard/Yale, 2008) und "The Problem of Reading" (Documents Books, 2003) sowie Herausgeberin von "Mother Reader: Essential Writings on Motherhood (Seven Stories Press, 2001)". Davey ist Gründungsmitglied der Orchard Gallery (2005–2008) in New York. Gemeinsam mit dem amerikanischen Medienkünstler Jason Simon veranstaltete sie das Minute Film Festival in Narrowsburg, New York (2003–2012).

Veranstaltungsort
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
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