10/06/2012
10/06/2012

Architekturtage in ganz Österreich, ein Baukulturreport im Parlament. Und doch: Es ist noch immer nicht genug.

Anders als gewohnt, so lautete das Motto der Architekturtage 2012, die am ersten Juni-Wochenende in ganz Österreich stattfanden. Zwei Tage Architektur mit einem Programm, das für ein paar Wochen gereicht hätte: Selbst der leidenschaftlichste Architekturfan konnte nur einen Bruchteil der Führungen, Vorträge und Feste genießen, wie sie auf der Homepage der Architekturtage – übersichtlich nach Bundesländern geordnet – zu finden sind. Der leidenschaftliche Fan, für den ja eh jeder Tag ein Architekturtag ist, ist aber gar nicht die vorrangige Zielgruppe der Architekturtage. Sie richten sich an die lokale Bevölkerung, die aufgefordert ist, ihre alltägliche Umgebung einmal anders wahrzunehmen, besser informiert, mit Einblicken, die sonst nicht einfach zu erhalten sind. Der große Zustrom zu den Architekturtagen hat bewiesen, dass die Neugier und das Interesse, sich mit Fragen der Architektur und des Wohnens auseinanderzusetzen, nicht nur vorhanden sind, sondern zunehmen.

Die Rahmenbedingungen haben sich freilich geändert. Die ersten Architekturtage 2002 standen unter dem Motto „Jetzt ist alles offen!“, womit nicht nur die schlichte Tatsache gemeint war, dass Gebäude und Architekturateliers offen standen, sondern auch die Zukunft. Das kräftige Rufzeichen am Ende des Slogans kündet in dieser Hinsicht von beachtlichem Optimismus. Zehn Jahre später hat sich die Offenheit bestätigt, allerdings nicht in die Richtung, die man erhofft hatte. Heute werden Veranstaltungen wie die Architekturtage als Luxus gesehen, dessen Finanzierung nur mit Mühe aus immer knapper werdenden Quellen gelingt. Angesichts angeblich leerer Kassen und Auftragsbücher ist Baukultur ein schönes Extra, aber niemandes Kerngeschäft. (...)

Verfasser/in:
Christian Kühn; erschienen am 08.06.2012 im Spectrum, Die Presse
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+