15/03/2019

Achter japanischer
Pritzker-Preisträger

Betrachtungen von Karin Tschavgova zur Verleihung des Pritzker-Preises 2019 an
Arata isozaki

Als achter Japaner erhält der 1931 in der japanischen Hafenstadt Ōita geborene Architekt im Mai 2019 in Versailles, Paris, in einem kleinen Palais vor dem Schloss, den „Nobelpreis der Architektur“

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15/03/2019

Qatar National Convention Center, 2011, Doha, Qatar. Architektur: Arata isozaki. Photo courtesy of Hisao Suzuki, s. Link > pritzkerprize.com

Arata isozaki, Architekt

Jetzt also doch wieder einer der alten Männer. Nach dem Chilenen Alejandro Aravena 2016 und dem Büro von Carme Pigem (Spanien) 2017 hat nun 2019 Arati Isozaki den mit 100.000 Dollar dotierten Pritzker-Preis verliehen bekommen. Was, der lebt noch? wird sich manch einer gefragt haben, der den demnächst 88-jährigen Japaner und zumindest einige seiner Arbeiten, die in Amerika genauso zu finden sind wie in Europa, in China oder in Qatar, kennt.
Isozaki ist der achte Japaner, der im Mai, diesmal in Paris, den „Nobelpreis der Architektur“ erhält, und es wurde auch Zeit dafür, denn der Architekt hat mit Kenzo Tange (Pritzker 1987) nicht nur Pionierarbeit geleistet für die weltweite Bekanntheit japanischer Architektur, er war auch zwischen 1979 und 1984 selbst Juror des Pritzker-Preises. Die Jury beschreibt Isozaki als „vielseitigen, maßgebenden und wahrhaft internationalen Architekten“. Die Zuschreibung der Vielseitigkeit kann man auch als höfliche Umschreibung der Tatsache sehen, dass sich der Architekt, der bei Kenzo Tange praktiziert hat und nach neun Jahren ein eigenes Büro eröffnete, nicht oder nicht vordergründig einer Richtung, einem Stil zuordnen lässt und seine Bauten keine signifikant erkennbare Handschrift zeigen.
So findet sich seine Stadtbibliothek in Oita aus dem Jahr 1966 als Beispiel des japanischen Metabolismus auf der Brutalismus-Webpage des deutschen Architekturmuseums. Ein anderes Ensemble, das Team Disney Building aus 1991 ist als schrecklich kitschiges Beispiel der Post-Moderne zuzuordnen, auch wenn Paul Goldberger in der New York Times damals schrieb, „A New Disney Building Mixes Art With Whimsy“ (… mischt Kunst mit Launen) und Isozaki das Gebäude als Umsetzung des Themas der „Idee von Zeit“ beschrieb. Schon fünf Jahre vorher, 1986, wurde das nach seinen Entwürfen entstandene Museum of Contemporary Art in Los Angeles fertiggestellt, das ihm den Durchbruch als Architekt in den USA brachte. Was wenigen bekannt ist: auch das Design des Palladium, der berühmten New Yorker Discotheque (1985 – 1998), in der Madonna gekonnt ihre Anfänge zelebrierte, stammt von dem heute, im Alter, so distinguiert wirkenden Herrn mit den fein gezeichneten Gesichtszügen.
In der Selbstbeschreibung erfährt man, dass die Architektur der Renaissance, und da besonders die von Borromini, und jene klassische eines Schinkel den Architekten immer in seinen Arbeiten inspirierte und beeinflusste. Brancusi und das skulpturale Werk von Isamu Noghuchi gibt Isozaki auch als Referenz an. Aus der japanischen Philosophie leitet er laut Publizisten, die sein Werk beschreiben, ein Konzept ab, das dem Zwischenraum, dem Abstand und damit der Leere eine besondere Beachtung zuteil kommen lässt. Das lässt sich für einen als nicht mit der japanischen Tradition und Philosophie Vertrauten nur schwer in den Arbeiten des Architekten nachvollziehen, besonders, wenn man, wie die Verfasserin dieses Artikels die Bauten des Arata Isozaki mit Ausnahme eines einzigen nur aus Publikationen und Abbildungen kennt.
Der Palao Sant Jordi, die Sportanlage mit Stadion, die Isozaki für die Olympischen Sommerspiele 1992 in Barcelona verwirklichen konnte, dürfte einer größeren Zahl bekannt sein. Dieser Bau kann stellvertretend für die Interpretation oder Begründung für das heterogen wirkende Werk des Japaners gelten, die oft genannt wird: Isozaki ließe sich immer auf den jeweiligen Ort ein, an dem er baut und nehme Traditionen oder maßgebliche Überlieferungen dieser Orte in seine Arbeit auf. In Barcelona ist die Arena mit einem gekrümmten Dach versehen, das aus traditionellen katalanischen Gewölben besteht und mit Materialien aus lokaler Produktion ausgestattet ist. Die riesigen, baum- oder astartigen Tragstrukturen, die das überhängende Dach des National Convention Center (2011) in Qatar vor der ebenfalls riesigen Glasfassade stützen, sollen eine Referenz auf einen heiligen islamischen Baum sein. Schlussfolgernd könnte man nach der ausführlichen Betrachtung seiner Arbeiten sagen, dass es dem Architekten wohl auch um das auffallende, in Erinnerung Bleibende einer Signature-Architecture gehen muss, auch wenn er dies verneint.
Dass Isozaki bis heute äußerst aktiv zu sein scheint, zeigen einige seiner erst in den letzten Jahren fertiggestellten, international bekannten Bauten – die Shanghai Symphony Hall aus 2014 zum Beispiel oder der 2015 fertiggestellte, sehr technokratisch erscheinende Allianz Tower in Mailand.
Nachdem Japaner aufgrund ihrer Lebensweise älter werden als beispielsweise die Europäer, wird man sicher künftig noch etwas hören von oder sehen an neuen Arbeiten des Büros von Arata Isozaki. Wir hoffen, dass der alte Herr für eine Freudenfeier anlässlich der Verleihung des Pritzker-Preises Zeit gefunden hat. おめでとうございます, Herr Architekt!

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