07/03/2013

Diagonale
Festival des österreichischen Films
Graz, 
12.–17. März 2013

07/03/2013

Panorama, Trailer zur Diagonale 2013.

©: Josef Dabernig

1+8, © Angelika Brudniak/ Cynthia Madansky.

Fahrtwind – Aufzeichnungen einer Reisenden, © Bernadette Weigel.

Jakarta Disorder, © Golden Girls Filmproduktion.

PARADIES: Hoffnung, © Ulrich Seidl Filmproduktion.

Diagonale Graz, 12.–17.März 2013.
Foto: Hans Georg Unterrainer.

©: DIAGONALE

Seit vielen Jahren macht sich Josef Dabernig auf die Suche nach Fußballstadien. Abseits der sportlichen Heiligtümer, der Heimat von klingenden Vereinsnamen und von Zuschauermassen dokumentiert der Künstler in den Städten die Nebenschauplätze, die Plätze ohne gepflegten Rasen und VIP-Tribünen. Seine Sportfelder sind vorwiegend Orte der Leere, der Veränderung, manchmal auch bis hin zum Zerfall.
Dabernig hält seine Fundstücke unspektakulär mit einer Kleinbildkamera fest, ohne Verwendung eines Stativs. In der Regel entstehen von jedem Ort sechs Fotos, die, lose aneinandergereiht, ein 180-Grad-Panorama ergeben. Für die Ausstellung in Graz, die derzeit in zwei Blöcken in der Needle des Kunsthauses und in der Neuen Galerie zu sehen ist, wurden die Panoramen in Vitrinen gelegt.
Wie Bücher möchte Dabernig seine Fotostrecken gelesen wissen. „Man wird wahnsinnig neugierig auf die Ränder, wenn es im Zentrum nichts gibt.“ Dieses Zitat könnte durchaus auch – in einem absolut positiven Sinne – für einen Teil der Filmauswahl zur heurigen Diagonale 2013 zutreffen. Dabernig hat mit Panorama ja sowohl die Begleitausstellung zum heurigen Festival als auch den Trailer gestaltet.

Nicht wenige der Filme beschäftigen sich heuer wieder mit Inhalten, in denen Ränder in den Mittelpunkt rücken:
In 1+8 bereisten Angelika Brudniak und Cynthia Madansky acht kaum bekannte Grenzstädte der Türkei und stellen diese ihren jeweiligen Pendants im Nachbarland gegenüber. Eingewoben in sechzehn Städteportraits aus neun verschiedenen Ländern erzählt dieser Dokumentarfilm von Trennendem und Gemeinsamem auf dichtem Raum.
Als „Architektur- und Menschen-Memory“ beschreibt der Katalog Bernadette Weigels dokumentarisches Road-Movie Fahrtwind – Aufzeichnung einer Reisenden. Mit einer Super-8-Kamera macht sie sich auf eine Reise, die Sehnsucht und Flüchtigkeit als eigentliches Ziel sieht und sie bis nach Georgien und Kasachstan führen wird.
Ascan Breuers Jakarta Disorder beleuchtet die Konflikte von Slumrealität gegenüber städtebaulichen Visionen und die beginnende Gentrifizierung durch die Planung eines „Superblocks“ anstelle einer Barackensiedlung im Herzen der indonesischen Metropole.
Schulden G.m.b.H. dagegen präsentiert das europäische Ende von Träumen. Eva Eckert zeigt die Arbeit von Inkassobüros, Schuldnerberatungsstellen oder Gerichtsvollziehern. Menschenleere Räume und aufgelassene Geschäfte bestimmen hier die begleitende Architektur.
Weitere „Randthemen“, die brüchigen Stellen zwischen Sein und Schein, finden sich in Filmen, die Albanien zwischen Naturschönheit und Bausünden zeigen (Shqiperia – Notizen aus Albanien) oder der Frage nachgehen, wie sehr manche Städte zu „Vergnügungsparks verkommen“ ( Katalogzitat zu Das Venedig Prinzip).

Vergessenes, Verdrängtes und Beiläufiges rücken in der Kurzfilmsektion in einer Reihe von Arbeiten in den Fokus:
Aus dem Auge von Matthias Zuder tastet die monströse und heute verfallende Architektur der nationalsozialistischen „Kraft durch Freude“-Bauten an der deutschen Nordseeküste ab.
Durch eine sich auflösende Zeitungsverlagslandschaft nahe Amsterdam führt Annja Krautgasser in ihrem als Metapher auf die Veränderungen in der Medienindustrie  entstandenen Architekturportrait What Remains.
Beirut Blend von Fritz Ofner öffnet uns den Beiruter Stadtraum, während Jessyca Hauser und Jeremias Altmann in Ansichten – points of view mit Bildern aus ihrem täglichen Wiener Lebensraum experimentieren.

Als Horrorfilm speziell für Architekten kann ein Experimentalkurzfilm von Bernd Oppl gesehen werden. In Sick Building entwickelt ein Korridor ein Eigenleben. „Es spukt im Raummodell, und zwar gewaltig!“ ( Zitat Katalog)

Zum Abschluss sei aber noch auf einen ganz besonders langen Nachmittag hingewiesen, der wahrscheinlich eine Schlange von Besuchern vor dem Kinosaal erzeugen wird. Ulrich Seidls Paradies-Trilogie wird auf Wunsch des Regisseurs am 15. März auf der Diagonale im Schubertkino in einem Block zu sehen sein. Nach jedem Einzelteil wird es eine kleine Diskussion mit Seidl und der jeweiligen Hauptdarstellerin geben. Und im „Paradies“ wird es möglicherweise auch wieder Äpfel geben, im Eintrittskartenpreis sind Pausenverpflegungen inbegriffen.

Terminempfehlungen

Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+