24/05/2012
24/05/2012

Home-Button und Archetyp eines Hauses: Hausnummer 180. (Foto: Alex Krischner)

Die Terrassenhaussiedlung der Werkgruppe Graz. (Foto: Lukas Hämmerle)

Das Motto der Architekturtage 2012.

Das efh_surplus value 01 von weichlbauer/ortis, Siegerprojekt des Architekturpreis Steiermark 2010. (Foto: Hertha Hurnaus)

Smart City Project Graz-Mitte nördlich und südlich der Helmut-List-Halle. Konzept Markus Pernthaler Architekten, 2012.

Kirchplatz Eibiswald, Juan Carlos Gomez Avendano Architektur, Foto: Peter Eder

Gradec – Marburg: 53 Minuten. Maribor und Graz trennen nur 53 Minuten oder 57 Kilometer. (Foto: Marie Neugebauer)

Die "Frische Fische"-Ausstellung auf Station in Budapest. (Foto: Markus Bogensberger)

Seit ein paar Tagen steht am Südtiroler Platz ein neues Haus. Der zunächst kryptisch anmutende Name "Hausnummer 180" erklärt sich, wenn man es gesehen hat: Es steht auf dem Kopf. Es handelt sich bei dem, unübersehbar auf den Archetypus eines Hauses verweisenden, Holzobjekt um eine architektonische Intervention, die aus einem Workshop an der TU Graz hervorging, der die bauliche Umsetzung des Mottos der diesjährigen Architekturtage als Aufgabe hatte: "anders als geWohnt". Ganz bewusst erinnert das Haus auch an den Home-Button eines Webbrowsers, wo das Haus-Symbol inzwischen ganz selbstverständlich ikonografisch Verwendung findet, sich von seinem Ursprung in der Architektur emanzipiert hat. Eine Leiter, um die Türe der bis 4. Juni seh- und begehbare Installation zu erklimmen, kann im HDA ausgeborgt werden.

Das Projekt ist Teil der Architekturtage 2012, einer österreichweiten, biennalen Veranstaltung, die am 1. und 2. Juni schon zum sechsten Mal stattfindet. Die Architekturhäuser der Bundesländer haben ein Angebot aus Touren, Ausstellungen, Vorträgen und Festen zusammengestellt, das einem breiten Publikum bei freiem Eintritt die Möglichkeit gibt, einen facettenreichen Blick in die Welt der Architektur zu werfen.

Besonders auf das Wohnen als die Ur-Aufgabe der Architektur kommen große Veränderungen zu, bedingt durch demografische Entwicklungen (Bevölkerungswachstum in den Städten), gesellschaftliche Prozesse wie die Auflösung des traditionellen Familienmodells, auf das jedoch der heutige Massenwohnbau noch immer zugeschnitten ist, und ökologische Anforderungen durch ein gestiegenes Bewusstsein für Energie- und Ressourcenverbrauch. All den Herausforderungen muss auf breiter Basis begegnet werden:

Von Detaillösungen für Wohnraum, der sich seinen Benutzern und deren Bedürfnissen anpasst, über neue Organisationsformen, die etwa dem zunehmenden Ineinanderfließen von Wohnen und Arbeiten Rechnung tragen, bis hin zur Raumplanung, um dem Wildwuchs von Einfamilienhauswüsten am Rand der Städte und deren kostenintensiven Folgen Einhalt zu gebieten. Die Aufgabe der Architekten ist es nicht nur, sich selbst mit diesen Veränderungen zu beschäftigen, sondern auch ein breites Problembewusstsein zu schaffen und Lösungsansätze zu kommunizieren.

Architektur erfahren und ergehen
Am Samstag bietet das Haus der Architektur Graz zahlreiche geführte Touren zu aktuellen Themen rund um Wohnen und Stadt an. Eine Radtour führt zu Beispielen des international wahrgenommenen Wohnbaus aus der Zeit des "Modell Steiermark", eine weitere Radtour erlaubt einen Blick in private Wohnwelten von Architekten und das Forum Stadtpark lädt unter dem Titel "Wonne Wohnen Wahnsinn" zu einem investigativen Ausflug in die Alltagswelt einer Stadtrandsiedlung. Feldstecher nicht vergessen!

Die zwei Rundgänge "Dense Cities" und "Smart City Project" geben einen Einblick in die zurzeit meist diskutierten Themenkomplexe in der Stadtentwicklung. Wo (und vor allem wie?) sollen die immer mehr werdenden Grazerinnen und Grazer in Zukunft wohnen? Die Verdichtung der Stadt bildete in den letzten Jahren einen Themenschwerpunkt des Instituts für Gebäudelehre der TU Graz, das eine Stadtwanderung zu exemplarischen Schauplätzen für ein behutsames Weiterbauen an der Stadt anbietet.

Seit der Stadt Graz im April eine millionenschwere Förderung des Klima- und Energiefonds zugesagt wurde, ist die "Smart City Graz" und das Projekt rund um die Helmut-List-Halle in aller Munde. Im Rahmen der Architekturtage gibt es die Möglichkeit, mehr darüber zu erfahren.

Eine Busreise ins Murtal führt zu Projekten, die im preisgekrönten Architekturjahrbuch Steiermark (Schönstes Buch 2011) ausgezeichnet wurden. Unter anderem steht das Siegerprojekt efh_surplus value 01 von weichlbauer/ortis in Laufnitzdorf auf dem Programm. Ebenfalls nicht fehlen darf ein Ausflug über die Grenze nach Slowenien, genauer nach Maribor, Kulturhauptstadt 2012. Neben Historischem steht auch ein Blick auf das zeitgenössische Maribor am Programm.

Schon am Freitag öffnen steiermarkweit rund 30 Architekturbüros ihre Türen, einige auch aktuelle Baustellen. Interessierten bietet sich so ein Einblick in die unterschiedlichen Zugänge der ArchitektInnen und in den Alltag in deren Büros. In Graz gibt es einen geführten Rundgang zu einigen Ateliers und Projekten.

Das Programm beschränkt sich jedoch nicht nur auf Graz, so zeigt etwa die Ausstellung "Öffentliche Räume" in Hartberg die, für die Geramb Rose 2010 zum Namen gebenden Thema eingereichten Projekte.

Architektur selbst machen
Das gemeinsame Planen, Bauen und Wohnen in sogenannten Baugruppen wird durch die Möglichkeit, so den eigenen Lebensraum selbst zu gestalten, als Alternative zum Kauf einer Wohnung von der Stange immer beliebter. Wie man ein solches Vorhaben angeht, erfährt man am Samstag bei einem Informationsaustausch zum Thema Baugruppen mit der Arge W:A:B im HDA. Einen Blick auf einen erfolgreichen Partizipationsprozess kann man schon am Freitag in der VS Mariagrün werfen, in deren Neubau-Projekt die späteren NutzerInnen von Anfang an eingebunden waren.

Nicht nur kindergerecht zu bauen, sondern junge Menschen selbst schon früh an ein Verständnis für Baukultur heranzuführen ist das Ziel zweier Workshops: An der Hauptschule Eisenerz wird ein temporärer Pausenraum gestaltet und in Graz können Kinder unter dem Titel >ibini

Frische Fische reloaded
Alle, die die Grazer Architekturszene schon länger beobachten, haben die Ausstellung "Frische Fische", in der junge Architekturbüros 2002 ihre Arbeits- und Denkweise präsentierten noch in guter Erinnerung. Die Leistungsschau der – nicht nur was die Büronamen angeht – unkonventionellen neuen Generation von Architekturschaffenden tourte anschließend erfolgreich durch Österreich, die Nachbarländer und bis nach Oslo. Zum Auftakt der Architekturtage zeigen die Büros am Donnerstagabend in einer Architektur-Show im HDA, dass sie in den letzten zehn Jahren nichts von ihrer Energie und ihrem Engagement, anders als gewohnt zu bauen verloren haben.

Ihren Vorgängergenerationen in Sachen Ideenreichtum und gesellschaftskritischem Engagement um nichts nachstehen wollen die heutigen Architekturstudenten und sie beweisen das die ganze Woche lang in der Ausstellung "Banale-Digitale: Leben zwischen 1 und 0", die in einer Finissage und Party am Samstag ihren Höhepunkt findet.

Verfasser/in:
Martin Grabner, Ausblick auf die Architekturtage 2012 in der Steiermark
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