31/03/2004
31/03/2004

Kontemplation im Garten

Frühling ist‘s - mit den ersten wärmenden Sonnenstrahlen drängt es den Naturhungrigen ins Freie, hinaus ins Gelände. Helm auf/Dach herunter und raus aus der Stadt. Ein Tipp gefällig?

Besuchen Sie den 7ha großen Skulpturenpark in Unterpremstätten am Gelände der Internationalen Gartenschau 2000, initiiert von Felix Breisach und unterhalten von der Privatstiftung Österreichischer Skulpturenpark. Ab 24.April wieder täglich von 10Uhr bis 18Uhr geöffnet, im Sommer hoffentlich wieder bis 20Uhr30.

Natur und Kunst stehen in diesem vom Schweizer Landschaftsplaner Dieter Kienast geplanten Garten in einem spannungsvollen, sich gegenseitig befruchtenden Dialog. Ein idealer Platz der Kontemplation, dicht an der Schott'Azur, dem wenig phantsievoll gestalteten Freizeitzentrum, und der unvermeidbaren Steinwüste aktiver Schotterabbaugruben.

Gärten zu bauen heißt Geschichten erleben, meinte Dieter Kienast. Und: „Geschichten mögen ein Ende haben, während Gärten nie fertig werden. So haben auch unsere Gartengeschichten – die guten wenigstens – kein Ende, sondern es werden ihnen neue Kapitel hinzugefügt.“ Jenseits pädagogischer Vermittlung, ökologischer Bedeutung, feinsinniger Ortsinterpretation und künstlerischer Potenz ist der Garten zunächst ein Ort der Lustbarkeit, mit den Farben und Gerüchen seiner Blumen von überbordender Sinnenfreude.
Es ist kein Zufall, dass Architekten wie Herzog&deMeuron kontinuierlich und ausschließlich mit Günther Vogt, dem Partner und Nachfolger des früh verstorbenen Kienast, zusammenarbeiten - etwa bei der Freiraumgestaltung der Tate Modern und des Laban Dance Theatre in London.

Das neue Kapitel in diesem höchst kunst-vollen Landschaftsgarten vor den Toren der Stadt ist die Skulpturensammlung, die schon jetzt (heuer sind es 50 Werke) einen repräsentativen Querschnitt österreichischer Bildhauerarbeit darstellt, gewichtig ergänzt durch Arbeiten renommierter internationaler Künstler. Gleich einer Perle, umschlossen von rauer Schale, besitzt dieser auratisch-poetische Ort so viel Strahlkraft, dass er gleichermaßen internationale Besucher wie Grazer anziehen kann.

Wir besitzen also ein Kleinod, das gehütet, gepflegt und stärker promotet werden muss. Und subventioniert oder noch mehr subventioniert, - als Bildungsoffensive! - damit die relativ hohen Eintrittspreise fallen können und sich auch jede Großfamilie den Besuch im Skulpturenpark leisten kann.
Wer einmal gesehen hat, wie am Wochenende englische Familien bei freiem Eintritt die Museen stürmen, der weiß um den nachhaltigen Nutzen solcher Maßnahmen. 100 Millionen Besucher zählten Englands Museen im Vorjahr. Wird ein Kind „unvermittelt“ und zwanglos mit Kunst vertraut gemacht, bleibt sie auch als Erwachsener ein unverzichtbarer Teil seines Lebens - Lebensmittel.
Nun denn, weit auf die Tore für den Familienausflug mit Picknick-Korb - und keine Sorge, das verkraftet dieser "Kraftort".

Verfasser/in:
Karin Tschavgova
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16. + 17.11.2023
 
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