anGedacht 014

"Der Naturpark Südsteirisches Weinland, ist er ein geschützter oder ein zu schützender Landschaftsraum?"

Es ist nicht nur eine Frage der Definition, ob ein Naturpark wie der Naturpark "Südsteirisches Weinland", der 395 km2 und 28 Gemeinden umfasst, ein "geschützter" oder ein "zu schützender" Landschaftsraum ist. Ersteres betont das Vorhandene und ist konservatorisch aufzufassen – was vorhanden ist, wird geschützt. Zweiteres hat eindeutig eine dynamische Komponente, es erfordert Aktivität mit Weitsicht und Umsicht.

Gesetzliches Ziel der Naturparke ist die Bewahrung und der Schutz wertvoller, charakteristischer Landschaftsräume vor Zerstörung und zwar in Verbindung mit ihrer Nutzung.
Auf der Homepage zum Naturpark Südsteirisches Weinland werden zum Thema „Schutz, Erholung, Bildung und Regionalentwicklung“ Zielvorstellungen formuliert, die man zum Beispiel durch "naturkundliche Informationen, Besucherlenkung, Wanderwege, naturnahe Erlebnisspielplätze, gesunde Luft und Ruhe, Themenwege, Erlebnisführungen und Brauchtumspflege" (auszugsweise) erreichen will. Impulse in der Regionalentwicklung sollen mit „sozial- und umweltverträglichem Tourismus“ oder z.B. durch „Zusammenarbeit von Naturschutz, Landwirtschaft, Tourismus, Gewerbe und Kultur“ gesetzt werden.
Von Baukultur ist ebensowenig die Rede wie von einer Zusammenarbeit mit Bauämtern, Regionalplanern und Gremien, die eine Bewahrung bzw. Zerstörung des Landschaftsraumes aus (bau-)fachlicher Sicht beurteilen können.

Fährt man an den ersten warmen Frühlingstagen des Jahres 2004 ins südsteirische Weinland, dann wird schnell sichtbar, dass das „Kapital Landschaft“ durch eine großangelegte Umstrukturierung akut gefährdet ist:
_Weingärten werden durch Entfernen von Sträuchern und Obstbäumen „flurbereinigt“, maschinentauglich gemacht und zu großen Einheiten zusammengelegt.
_Ganze Hänge werden durch Aushub von Erdreich und Fels zur Errichtung von riesigen Weinverarbeitungsstätten und –lagern massiv verändert (z.B. zwischen Leutschach und Langegg)
_Hügelgrate mit traditionell aufgelockerter kleinteiliger Bebauung, gesäumt von Pappeln, verändern unwiderruflch ihr bislang berückendes Erscheinungsbild durch die Errichtung erheblich größerer Neubauten, die Lücken und notwendige Durchblicke schließen.

Wenn weiter so ge- und verbaut wird, muss man sich vielleicht schon bald gar keine Gedanken mehr darüber machen, wie man den Tourismus im Südsteirischen Weinland umweltverträglich ganzjährig ankurbelt, lenkt und befriedigt. Der Gast wird dann möglicherweise schon weitergewandert sein ins nachbarliche Weinland im neuen EU-Land Slowenien. Dort findet er eine ebenso reizvolle, noch kaum verbaute Landschaft vor, urige Gastfreundschaft und laut Weinkennern einen ebenso ausgezeichneten Wein – derzeit noch zu erheblich niedrigeren Preisen.

Es kann nicht darum gehen, das südsteirische Weinland durch Baustopp zum Museum zu machen. Seine Bewohner und Nutzer sollten sich jedoch im Klaren darüber sein, dass jeder bauliche Eingriff die so typische liebliche Landschaft der Südsteiermark verändert. Bauliche Interventionen verlangen daher Sensibilität der Bauherren ebenso wie fachliche Kompetenz und Sorgfalt durch gut ausgebildete Planer, Fachleute, Beamte und Bausachverständige, die auf ihrem Gebiet so kompetent sind wie die Winzer in ihrem Metier.

Verfasser/in:
Karin Tschavgova

Datum:

Wed 19/05/2004
Kommentar antworten