11/08/2008
11/08/2008

Grazer Kunsthaus, fotografiert von Eva Mohringer-M.

Buchdeckel

Buchdeckel

Die Intelligenz der Sinne ist gefordert!

Es ist wichtig, dass der Diskurs über die Qualität in der Architektur und über die Ästhetik endlich öffentlichen Raum bekommt. Ist Geschmack objektivierbar?
R. Seiss schrieb kürzlich im ‚konstruktiv’: „Wenn Bürobauten nicht mehr für bestimmte Nutzer, nicht für einen tatsächlichen Bedarf, sondern vorrangig spekulativ errichtet werden, so geht das zu Lasten der architektonischen und städtebaulichen Qualität“, das heißt zu Lasten der Gesellschaft und geht uns damit alle an. Denn schlechte Architektur bleibt für Jahrzehnte ein Ärgernis. Es fehlt die Motivierung der Form.

In der Informationsgesellschaft verschmilzt die Konkurrenz auf den kommerziellen Märkten mit einem organisierten Kampf um die Aufmerksamkeit. Ein autistisches Objekt nach dem anderen wächst ohne verständlichen Zusammenhang zur Umgebung an jedem freien Bauplatz in die Höhe. Es fehlt eine lenkende Institution, die anhand von objektiven und für die Gesellschaft „nachhaltigen“ Kriterien den Rahmen vorgibt.

Diese Kriterien versuchen Georg und Dorothea Franck in dem vorliegenden Buch an Hand von Beispielen und Vergleichen (z. B. die Renaissance, die Architekten Gehry, Mies van der Rohe, Zumthor, das Grazer Kunsthaus, der Potsdamer Platz in Berlin und vieles anderes) zu definieren und die täglich notwendige Diskussion darüber anzuregen. Was macht die Qualität der Architektur aus? „Es ist die Suche nach der Möglichkeit einer motivierten architektonischen Sprache (einer architektonischen Poetik), die stark genug ist, der Schwemme möglicher Formen (technisch ist fast alles machbar) die Beliebigkeit zu nehmen und sie mit Sinn und innerer Notwendigkeit zu füllen.…..Eine gründliche Kenntnis der kanonischen Vorbilder (die schon zu Klassikern geworden sind) und zugleich ein „wacher Sinn“ für die Gegenwart sind unerlässlich.“ (Zitat aus dem Buch „Architektonische Qualität
„)
Georg Franck studierte Philosophie, Architektur und Volkswirtschaft in München. Er lehrt seit 1994 EDV- gestützte Methoden in Architektur und Raumplanung an der TU Wien. Mit seiner Schwester Dorothea Franck, Linguistin und Literaturwissenschaftlerin hat er sich die Aufgabe gestellt, ausgehend von der Poesie der Sprache und der Architektur, die Entwicklung der Veränderungen in Dichtung und Architektur zu erforschen und zu definieren. Das Resultat ist ein architekturphilosophisches Werk mit starken architektonischen Fundamenten aus historischen Beispielen und zugleich der Versuch eine ethische Leitlinie für qualitätvolle – in diesem Rahmen auch „ordentliche mittelmäßige“ – Architektur zur Gestaltung einer Umwelt, die uns alle betrifft, zu erstellen.
Das Buch sollte sich jeder, der baut oder bauen lässt, unter den Kopfpolster legen.

Architektonische Qualität
Georg Franck, Dorothea Franck
2008, Hanser (Edition Akzente)
ISBN: 978-3-446-20831-5
EUR 22,10

Verfasser/in:
Eva Mohringer-Milowiz, Buchempfehlung
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
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