13/06/2012
13/06/2012

Am 16.Juni wird im Landhaus Feuerlöscher in Prenning (Stmk.) die Ausstellung BALANCEAKT über Walter Ritter zusammen mit Arbeiten von SchülerInnen der Grazer Ortweinschule eröffnet.

Mit der Ausstellung BALANCEAKT tritt der Verein „prenninger gespräche“ mit seinem Schwerpunkt im Programm 2012 an die Öffentlichkeit. Die Balance war eines der Hauptmotive im Werk des bekannten österreichischen Bildhauers Walter Ritter. Er hat diesem Thema in zahlreichen Skulpturen und graphischen Arbeiten Ausdruck gegeben.
Um dem Ausstellungsthema Aktualität zu geben, wird es als BALANCEAKT verstanden. Der ursprünglichen Bedeutung des Wortes actus als Stellung, Bewegung entsprechend, will die Ausstellung den Balanceakt in dreifacher Weise ausdrücken.

_ Einmal als Versuch, eine Auswahl von unterschiedlichen Werken von Walter Ritter neueren Arbeiten von Schülern und Meisterschülern der Grazer Ortweinschule gegenüberzustellen. Sie haben sich mit dem Problem der Balance auseinandergesetzt, das auch andere Künstler der Moderne wie Paul Klee, Jean Tinguely, Max Bill und Brancusi beschäftigt hat. Das Finden der Balance ist ein prekärer Zustand, der im Ausgleich der Kräfte liegt. Hugo Kükelhaus nannte ihn, auf das Gehen bezogen, den Ausgleich von Fallen und Auffangen. Jedes Kind erprobt spielerisch diese Zustände, die im Falle des Gelingens Freude schaffen. Ein Blick auf Abenteuerspielplätze bis zu Klettergärten vermittelt dieses Geschehen. Neue Formen der Jugendkultur übertragen das Spiel auch auf aktuelle Methoden der Aneignung des städtischen Raumes in Parcours, die die Stadt durchqueren und ein hohes Geschicklichkeitsgefühl im Überwinden von Hindernissen verlangen.
Selbst in der Architektur ist das Thema des Schwebens zu einem herausfordernden Motiv bei experimentellen Bauten geworden, was schon die russischen Konstruktivisten vor Augen führten. Neue Technologien mit Traglufthallen und rotierenden Schirmen erlauben heute völlig andere Erscheinungsformen von Architektur, als wir es gewohnt sind.
Ein Bezug Walter Ritters zur Ortweinschule ist schon darin gelegen, dass er einige Jahre nach dem 2.Weltkrieg als Leiter der Bildhauerklasse in Graz tätig war. Seine pädagogischen Fähigkeiten, auch Lehre als Balance von Vermitteln und Anregen zu sehen, hat ihn über die Tätigkeit als Lehrbeauftragter an der Technischen Hochschule Graz schließlich an die Kunstschule nach Linz geführt, aus der dann die Hochschule für Gestaltung hervorgegangen ist.
Die Arbeiten der Grazer Ortwein-SchülerInnen der oberen Klassen der Höheren Abteilung für Plastische Formgebung, Keramik-Gestaltung, Grafik- und Kommunikationsdesign sowie der Meisterschule für Bildhauerei sind als Semesterarbeit im Sommersemester 2012 entstanden und wurden von den betreuenden Lehrenden im Sinne der Anerkennung bewertet. Eine aus Lehrenden und außenstehenden KunstexpertInnen bestehende Jury hat jene Arbeiten ausgesucht, die für die Ausstellung vorgesehen wurden. Insgesamt sind ca. 20 plastische und eine Reihe graphischer Arbeiten als den Kriterien der Ausstellung entsprechend befunden worden. Sie werden in den Ausstellungsräumen der Kulturpension Prenning und im Freigelände Aufstellung finden.
Für die Bereitstellung von Arbeiten Walter Ritters dankt das Ausstellungskommitee folgenden Institutionen: dem Lentos-Museum in Linz, der Neuen Galerie im Joanneum und dem Stadtmuseum Graz, der Galerie Kunst und Handel, Herrn Sommer, Graz und der Familie Frey in Wien. Diese verfügt als Privatsammlerin über eine große Zahl von Werken des ihnen befreundeten Künstlers, der ihre Sponsorentätigkeit zu schätzen wusste.
Die LehrerInnen der Kunstabteilung der Grazer Ortweinschule gestalten zusammen mit SchülerInnen die Ausstellung, werden einen Katalogbeitrag von SchülerInnen der Abteilung für Grafik- und Kommunikationsdesign betreuen und eine Videoaufzeichnung der Eröffnungsveranstaltung von SchülerInnen des Mediendesign in die Wege leiten. Ihnen sei ebenso wie der Leitung der Schule gedankt.

_ Eine andere Dimension der Ausstellung trifft auch auf den Ort der Ausstellung zu. Die Kulturpension Prenning bei Deutschfeistitz, Steiermark ist der Heimatort des Vereins "prenninger gespräche", der 2008 gegründet wurde. Er versteht sich als offenes Forum für Widerstandsgeist und Solidarität.
In widerständiger Gesinnung traf sich im Haus Feuerlöscher, wie es ursprünglich hieß, in der Zwischenkriegszeit und mit Einschränkungen in der NS-Zeit eine Gruppe von Intellektuellen, die sich "Prenninger Keis" nannte. Ihnen gehörte Walter Ritter an, ebenso wie der Architekt Herbert Eichholzer, der Schriftsteller Kurt Neumann, der Politiker Ernst Fischer und andere, darunter auch die Töchter des Industriellen Herbert Feuerlöscher.
Wurde zunächst gegenüber dem autoritären Austrofaschismus freies Gedankengut, der revolutionären Idee des Sozialismus verpflichtet, vertreten, so war später die Ablehnung des Gedankenguts des Nationalsozialismus das Ferment der Solidarität einer Gruppe, die in ihren Personen massiv bedroht wurde. Herbert Eichholzer musste seinen Widerstandsgeist mit dem Leben bezahlen, Axl Leskoschek und Kurt Neumann wurde der Boden für ihre künstlerische Tätigkeit entzogen und emigrierten, Anni Feuerlöscher wurde in einem Frauengefängnis interniert.
Das Werk der Protagonisten des Kreises ist zu einem großen Teil im Ausland entstanden und blieb der österreichische Öffentlichkeit bis in heutige Zeit weitestgehend vorenthalten.
Seit Gründung des Vereins "prenninger gespräche" wurde das Wiedererwecken von künstlerischem Potenzial aus der kritischen Zeit in den Mittelpunkt gerückt. Das geschieht durch Vorträge, Ausstellungen und Performances, die Ereignisse im Jahresprogramm bezeichnen. Darüber hinaus werden Publikationen gefördert, die wie ein verschollener Roman von Kurt Neumann und bisher kaum veröffentlichte Graphik von Axl Leskoschek Zeitzeugnisse einer Periode in der österreichischen Kultur waren, als „entartete Kunst“ auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde.
Der Ort wird als Verkörperung eines „genius loci“ verstanden, der nicht aus einer einzigen Person seine Identität bezieht, sondern aus einer Gruppe, die ihr Programm der Weltoffenheit und Solidarität auch weiteren Generationen vermitteln möchte.

_ Schließlich wird die Ausstellung als Kommunikationsprozess verstanden, der immer neu zustande kommen muss. Die Informationstheorie weist nach, dass das Wecken von Interesse und das Ansprechen des Bewusstseins nach etwas Bekanntem zusammentreffen müssen, um einen Prozess der Kommunikation zustande zu bringen. Das stellt sich auch als Herausforderung für eine Ausstellungspräsentation dar.

Am Weg der Ausstellungsbesichtigung soll ein größeres Werk von Walter Ritter dem Besucher „im Weg stehen“ und Aufmerksamkeit erregen. Es verweist auf die Hauptperson, die Anlass zur Ausstellung bot. Das Werk soll dann überleiten zur Besichtigung einer Reihe von Arbeiten Walter Ritters und den jungen KünstlerInnen der Ortweinschule, die das Thema der Balance neu interpretieren. Die Arbeiten regen zum Vergleich an, der ein Medium der bewussten Aneignung ist. Dazu bieten sich das Seminargebäude samt Stiegenhaus und ebenso das Landhaus Feuerlöscher an.
Ein Rundweg durch das Freigelände vermittelt darüber hinaus die Beziehung zur Natur, die durch das Einbeziehen von Grünflächen, Bäumen und einer Wasserfläche in die Ausstellung integriert wird. Mit einem Umtrunk an der Bar kann die Ausstellungsbesichtigung ausklingen und zugleich Anregung zum Gespräch mit anderen Besuchern sein.

Die am 16.6.2012 zu eröffnende Ausstellung wird drei Monate die Türen offenhalten und durch rahmengebende Veranstaltungen begleitet werden. In Führungen für Gruppen, vorzugsweise Klassen interessierter Schulen, soll ihre Nachhaltigkeit eine Bestätigung finden.
AUSSTELLUNG

"BALANCEAKT"
WALTER RITTER und SCHÜLERINNEN der Grazer Ortweinschule

Eröffnung: SA, 16.06.2012, 17.00 Uhr
Einführung in die Ausstellung:
_ Arch. Dipl. Ing. Eugen Gross, Obmann des Vereins „prenninger gespräche“ und Kurator der Ausstellung
_ Zum Projekt der Ortweinschule spricht: AV. Dipl. Ing. Dr. Friedrich Haydn
_ Für die UNESCO Landesarbeitsgemeinschaft spricht: Obfrau Dr. Sonja Draxler, die das Projekt unterstützt.

Ausstellungsdauer: bis 16.09.2012

Ausstellungsort:
KulturPension Landhaus Feuerlöscher
Prenning 58, 8121 Prenning
M +43 (0)664/411 36 68

Veranstalter: Verein „prenninger gespräche“ in Kooperation mit der Ortweinschule Graz.

Verfasser/in:
Redaktion GAT, Empfehlung
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