18/12/2004
18/12/2004

Peter und Elisabeth Kargl, vlg. Kühbrein, Gaal

Der Preisträger Günter Koberg bei seiner anregenden Dankesrede.

Peter und Elisabeth Kargl, vlg. Kühbrein, Gaal

Josef und Theresia Knoll, vlg. Gruber, Passail

Josef und Theresia Knoll, vlg. Gruber, Passail

Dipl.-Ing. Günter Koberg, vlg. Parnhansl, Hart/Graz

Dipl.-Ing. Günter Koberg, vlg. Parnhansl, Hart/Graz

Dipl.-Ing. Günter Koberg, vlg. Parnhansl, Hart/Graz

Josef und Margaretha Rosenbaum, vlg. Tödling, Weiz

Emil und Elisabeth Schiefermayer, Paldau

Emil und Elisabeth Schiefermayer, Paldau

Walter und Christine Stocker-Reicher, vlg. Martl, Oberzeiring

Feierliche Preisübergabe. (Fotos 1 u. 2 Red.)

Der Bauförderungspreis der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft Steiermark wurde 1979 als Stiftung ins Leben gerufen, um vorbildliches Bauen im Bereich der Landwirtschaft zu honorieren. Am Freitag, den 17. Dezember wurde er im Raiffeisenhof in Graz-Wetzelsdorf zum 11. Mal überrreicht, verliehen für je drei vorbildliche Wohnhäuser und Stallungen in Weiz, Paldau, Oberzeiring, Passail, Gaal und in Hart bei Graz.

Im Lauf ihrer 25-jährigen Geschichte hat der Bauförderungspreis der steirischen Land- und Forstwirtschaftskammer einen merkbaren Wandel vollzogen. Anfangs war der Preis nur für bäuerliche Wohnhäuser bestimmt und sollte dem damaligen Trend zum „stockhohen“, also zweigeschoßigen Wohnhaus mit flachem Satteldach (à la Tirolerhaus) entgegenwirken. Während sich die Besinnung auf tradierte bäuerliche Bauformen der Steiermark – das kleine Langhaus mit steilem Satteldach, holzverschaltem Giebel und kleinteiligen Fensterformaten etwa – bald in verfremdeter, schrecklich verkitschter Form im typischen „bäuerlichen“ Einfamilienhaus wiederfand und diese Bauform ungeniert und unreflektiert bis in die Stadtrandsiedlungen der Großstadt drang, wurde zu jener Zeit alte Bausubstanz am bäuerlichen Hof noch allzu oft radikal eliminiert oder stillgelegt. Wer kennt nicht Beispiele solcher rein sentimentaler Erhaltung von typischen weststeirischen Keuschen, die im Schatten ihrer neuen großen Schwester funktionslos verkümmern, bis sie eines Tages verfallen oder als störender Platzhalter doch abgerissen werden.
In den letzten Jahren machte sich ein Umdenken und damit eine Trendwende bemerkbar. An den Preisvergaben bis einschließlich 1993 ist dies deutlich ablesbar. Alte Bauernhöfe wurden wieder mit Sorgfalt umgebaut, erweitert und restauriert und neue mit einem Erscheinungsbild versehen, das ganz im Zeichen der bäuerlichen traditionellen Bauweise steht.
Dieser Trend hält bis heute an. Hinzugekommen ist die Prämierung von landwirtschaftlichen Nutzbauten wie Ställen, Scheunen oder Reithallen, die einer Entwicklung des bäuerlichen Betriebes Rechnung trägt, die im Vorfeld des EU-Beitritts auch Österreichs Bauern zur Neupositionierung herausforderte. So ist nach Meinung der heurigen Jurymitglieder die größte Innovation in der Errichtung von Ställen neuer Typologien zu beobachten.

Der Bauförderungspreis 2004, nach 1999 erstmals wieder vergeben, prämiert von 83 eingereichten Objekten je drei bäuerliche Wohnhäuser und landwirtschaftliche Nutzbauten mit Preisen und Anerkennungen (siehe Nennung und Beschreibung am Ende des Beitrags). Und wieder lässt sich vielleicht daraus ein neuer Trend erahnen. Das traditionell Bäuerliche wurde, zumindest an zwei der ausgezeichneten Wohnhäuser und Ställe, merkbar zurückgedrängt - zugunsten einer zeitgemäßen Formensprache, die Tradition als Fortschreibung bäuerlichen Lebens und Arbeitens empfindet. Das Regionale wird dabei auf tradierte Dachformen und die Verwendung traditioneller Baumaterialien wie Holz beschränkt und endlich wird mehr Augenmerk auf die Einbettung von Neubauten in die vorgegebene Landschaft gelegt. Der Stall wird als Visitenkarte des Landwirtes gesehen, die seine Offenheit gegenüber Reformen und Innovationen verdeutlicht. Die heuer ausgezeichneten Landwirte - zu recht werden immer auch die Frauen mitausgezeichnet – repräsentieren allesamt den Typus dynamischer Jungunternehmer. Unter diesem Aspekt lässt sich mit Neugier in die Zukunft sehen und der nächste Baupreis mit Spannung erwarten.

In seiner Dankesrede hat der Nebenerwerbsbauer Günter Koberg, als einer der heuer mit einer Anerkennung Ausgezeichneten selbst Architekt, Anregungen und Wünsche zur künftigen Vergabe des Bauförderungspreises deponiert, deren Berücksichtigung die Wirksamkeit des Preises sicherlich noch steigern würde. Er schlug vor, die am Bau beteiligten Planer als wesentlich zum Erfolg beitragende Beteiligte zu nennen, um damit zu betonen, dass gutes Bauen kein Zufall ist, sondern einer umsichtigen und gekonnten Beratung und Planung bedarf. Auch vorbildliche Firmen sollten dabei genannt werden. Weiters ermunterte er die Jury, Kriterien zur Vergabe des Preises bekanntzugeben und die ausgezeichneten Bauten nach diesen zu beschreiben, sodass nachvollziehbar ist, warum ein Bau als vorbildlich eingestuft wurde.

PREISTRÄGER

_ Josef und Margaretha Rosenbaum, vlg. Tödling, Ponigl 32, 8160 Weiz
_ Emil und Elisabeth Schiefermayer, Reith 13, 8341 Paldau
_ Walter und Christine Stocker-Reicher, vlg. Martl, Winden 7, 8762 Oberzeiring

ANERKENNUNGEN

_ Peter und Elisabeth Kargl, vlg. Kühbrein, Graden 31, 8731 Gaal
_ Josef und Theresia Knoll, vlg. Gruber, Krammersdorf 28, 8162 Passail
_ Dipl.-Ing. Günter Koberg, vlg. Parnhansl, Kirschengasse 21, 8075 Hart/Graz

Die Steirische Landwirtschaftskammer hat 1979 - aus Anlass ihres 50-jährigen Bestehens - einen Baupreis geschaffen, um das vorbildliche Wirken der Bauern für eine Verbesserung und Verschönerung ihres Hofes zu honorieren und auch die Baugesinnung, Bewahrung und Pflege der Kulturlandschaft zu wecken. Aus dieser „Stiftung für beispielhafte Gestaltung von Bauernhöfen“ vergab die Landeskammer heuer zum elften Mal drei Preise zu je 2.000 Euro sowie drei Anerkennungen zu je 700 Euro.

Durch die Vergabe dieses Preises sollen einer breiten Öffentlichkeit innovative Bauleistungen der Landwirtschaft präsentiert werden. Damit stehen Betrieben, die in nächster Zeit ebenfalls Baumaßnahmen setzen werden, Planungs- oder Diskussionsgrundlagen zur Verfügung.

Insgesamt haben 72 landwirtschaftliche Betriebe 83 Objekte eingereicht.

FACHJURY
Eine Fachjury bewertete die in den letzten Jahren vorbildhaft gebauten Wohn- und
Wirtschaftsgebäude nach folgenden Kriterien:
_ Harmonische Einfügung in das Hof-, Dorf- und Landschaftsbild unter Berücksichtigung der Häuserlandschaft
_ Berücksichtigung von Einheit, Maßstäblichkeit, Bauform und Proportionen
_ Handwerkliche und konstruktive Qualität
_ Farbgebung
_ Wohnwert, Funktionalität, Sicherheit
_ Tierfreundlichkeit, Wirtschaftlichkeit, Umweltgerechtigkeit
_ Harmonie zwischen alt und neu, Bewahrung der überlieferten Qualität
_ Vorbildwirkung

JURYTEILNEHMER

Vorsitzender: Obmann Präsident ÖR. Gerhard Wlodkowski
Stellvertreter: Vizepräsidentin ÖR. Elisabeth Leitner

Vertreter der Landwirtschaftskammer:
_ Vizepräsidentin ÖR. Elisabeth Leitner, 8600 Bruck, Schörgendorf 9
Stellvertreterin: LB Katharina Zechner, 8741 Weißkirchen, Baierdorf 20
_ AL. Dipl.-Ing. Michael Tritthart
Stellvertreterin: Dipl.-Ing. Dagmar Kreutzer
_ Ing. Manfred Eder, Abteilung Ernährung und Erwerb

Vertreter des Landes Steiermark:
_ OBR. Dipl.-Ing. Karl Amtmann, BBL HB, 8230 Hartberg, Rochusplatz 2
_ Dipl.-Ing. Christian Hofmann, BBL LB, 8435 Wagna, Marburgerstr. 75

Architekten/Technische Universität:
_ Univ.-Prof., dipl.Architekt ETH Daniele Marques, Inst. f. Arch. u. Landschaft
Stellvertreter: Dipl.-Ing. Kai-Uwe Holtin, Dipl.-Ing. Roland Tusch
_ Ao. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Arch. Holger Neuwirth, Inst. f. Baukunst

Praktizierende Landwirte:
_ Hermann Wilfinger, 8230 Hartberg, Mitterdombach 17
_ Wilma Tinnacher, 8462 Gamlitz, Steinbach 12

PROJEKTBESCHREIBUNGEN - PREISTRÄGER

Josef und Margaretha Rosenbaum, vlg. Tödling, Ponigl bei Weiz
Planung: Dipl.-Ing. Franz Ederer
Ein typisches Haus der 70er Jahre mit der modischen Gestaltung seiner Zeit musste an den heutigen Bedarf angepasst werden. Die Großfamilie verlangte eine Erweiterung der Wohnfläche. Der wesentliche Planungsschritt war die Drehung des Daches um 90 Grad. So entstand ein schmaler Hauptbaukörper, der mit seiner Holzverschalung beeindruckt. Die Fenster blieben weitestgehend unverändert. Ein einladendes Landhaus in zeitgemäßer, unaufgeregter Gestaltung, ein Haus mit Zukunft.

Emil und Elisabeth Schiefermayer, Reith bei Paldau
Planung: Arch. Dipl.-Ing. Hans Gangoly und steirische Landwirtschaftskammer, Bauabteilung
Das ortsbildprägende Gebäude aus dem Jahre 1859 ist mit seiner reich gegliederten Putzfassade ein besonderes Baujuwel für Reith. Die Besitzer wollten das historische Erscheinungsbild unbedingt erhalten, stellten aber gleichzeitig umfangreiche Forderungen an die neue Nutzung. Neben der eigenen Wohnung war ein Altenteil einzubauen und Ferienwohnungen wurden gewünscht. Wie das Ergebnis zeigt, ist dies vorbildhaft gelungen. Das historische Erscheinungsbild in seinem ganzen Reichtum konnte bewahrt und alle Nutzerwünsche erfüllt werden. Sogar ein ansprechender Wellness-Bereich wertet den alten Lagerkeller auf.

Walter und Christine Stocker-Reicher, vlg. Martl, Winden bei Oberzeiring
Planung: steirische Landwirtschaftkammer, Bauabteilung
Der alte Stall im Dorf konnte aus Platzgründen nicht mehr erweitert werden. Ein Neubau in der sensiblen Dorfrandzone war notwendig. Der große, hallenartige Laufstall wurde in zwei Baukörper gegliedert und mit flachen Pultdächern überdeckt. Dadurch ist eine optimale Besonnung im Stall gegeben und gleichzeitig integriert sich das Gebäude vorbildhaft in den Landschaftsraum. Diese Einbindung in die Landschaft wird durch das Baumaterial Holz - mit seiner natürlichen Abwitterung - noch zusätzlich unterstützt. Hervorzuheben sind auch die konsequente Verwendung von Holz bei den Liegeboxen und die Verbindung vom Stall mit der angrenzenden Weide, ein Weg, der den Tieren immer offen steht.

PROJEKTBESCHREIBUNGEN - ANERKENNUNGEN

Peter und Elisabeth Kargl, vlg. Kühbrein, Graden in der Gaal
Planung: steirische Landwirtschaftskammer, Bauabteilung
Das bestehende Stallgebäude war zu klein und musste durch einen Zubau erweitert werden. Bestand und neuer Zubau gruppieren sich um einen Laufhof und bilden so eine gemeinsame neue Einheit. Der respektvolle Umgang mit dem historischen Altbau, die sorgfältige Einbindung der geänderten Nutzung und die gute Anbindung des neuen Stalles mit Laufhof waren die Hauptargumente für die Anerkennung. Das Ergebnis ist ein landschaftstypisches Gehöft, das trotz Umbau und Erweiterung zusammen mit dem Wohnhaus seine historische Würde bewahrt hat.

Josef und Theresia Knoll, vlg. Gruber, Kramersdorf bei Passail
Planung: steirische Landwirtschaftskammer, Bauabteilung und Zimmerei Feldgrill
Notwendig war ein neuer Stall für die Mutterkuhhaltung, der für einen Nebenerwerbsbetrieb mit minimaler Betreuung bewirtschaftbar ist. Die gefundene Lösung zeigt ein Stallgebäude, das durchaus schon als Standardstall bezeichnet werden kann. Trotzdem sind einige Details beachtenswert und somit einer Anerkennung würdig. Die Konstruktion aus maschinell bearbeiteten Rundhölzern ist perfekt gelöst und zeugt von einer sehr hohen Verarbeitungsqualität. Der Güllekeller unter dem Futtertisch nutzt die Hanglage und stellt eine wirtschaftliche Lösung dar. Die Strohbühne und die Anordnung der Liegeboxen mit Tiefstreu garantieren einen wirtschaftlichen Betrieb.

Dipl.-Ing. Günter Koberg, vlg. Parnhansl, Hart bei Graz
Planung: Arch. Dipl.-Ing. Peter Zinganel
Auch hier war ein Altbestand an neue Gegebenheiten anzupassen. Der Betrieb wird im Nebenerwerb geführt. Außer der Wohnung für die Besitzer waren Bereiche für die Apfelsaft- und Fleischverarbeitung, ein Verkaufsraum und zwei Kleinwohnungen einzuplanen. Diese Forderungen wurden durch klare Grundrisslösungen umgesetzt, besonders die offene Wohnform im Obergeschoss überzeugt. Bemerkenswert ist der Umgang mit der Hanglage und die Maßstäblichkeit des Gebauten, wobei die Vielfalt als Antwort auf den Ort zu begreifen ist.Literaturhinweis

Die BROSCHÜRE "25 Jahre Baupreis" ist zu einem Unkostenbetrag von 6 € (+ Porto) in der Bauabteilung der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft Steiermark, Hamerlinggasse 3, 8010 Graz, T 0316/8050-0, erhältlich!

Verfasser/in:
GAT GrazRedaktionTäglich
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