23/06/2017

Unter dem Motto Bevor die Rohre bersten – Wasserinfrastruktur in der Steiermark versammelten sich auf Einladung des Landes Steiermark und der Kammer der ZiviltechnikerInnen für Steiermark und Kärnten VertreterInnen aus Politik und Wirtschaft am 01.06.2017 im Messe Congress Graz.
In Vorträgen und Diskussionsrunden wurde der aktuellen Situation der Wasser- und Abwasserversorgung, die in Österreich selbstverständlich ist, auf den Grund gegangen. Denn die Systeme werden immer älter und stellen eine Herausforderung dar.

Informationsveranstaltung zur Erhaltung und Sanierung der Wasserinfrastruktur der Steiermark

23/06/2017

(v. l. n. r.) Reinhold Heidinger (planconsort Leibnitz), Johann Wiedner (Land Steiermark / Wasserwirtschaft), Heinrich Schwarzl (Ziviltechnikerkammer), Silke Reverencic (Land Steiermark / Gemeindeabteilung), Birgit Starmayr (market Institut), Peter Rauchlatner (Land Steiermark / Wasserwirtschaft), Roland Schindler (Stadtwerke Leoben), Manfred Kindermann (Land Steiermark / Gemeindeabteilung), Josef Rauch (josefundmaria)

©: Kammer der ZiviltechnikerInnen Steiermark, Kärnten I Arch+Ing

Wasser- und Abwasserversorgung in der Steiermark
Nicht so selbstverständlich wie wir glauben.

Das heimische Wasserleitungs- und Kanalnetz hat eine hohe Qualität, kommt aber zunehmend in die Jahre. Ein großer Teil der insgesamt 18.000 km Wasserleitungen und 16.000 km Abwasserkanäle, die es in der Steiermark gibt, ist in den ersten Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg oder sogar noch davor gebaut worden und erreicht langsam das Ende seiner technischen Nutzungsdauer. Das Land Steiermark und die Ziviltechnikerkammer informieren über die Konsequenzen und Möglichkeiten.
Eine funktionierende Wasser- und Abwasserversorgung sind in Österreich eine Selbstverständlichkeit. Aber die Systeme werden immer älter. Damit verbunden sind weitreichende Konsequenzen für die Gemeinden und Genossenschaften, die diese Leitungsnetze betreiben. Die Kommunen wissen oftmals zuwenig, wie es aktuell um ihre Netze steht und welcher Investitionsbedarf in nächster Zeit auf sie zukommt.

Bei einer gemeinsamen Veranstaltung des Landes Steiermark und der Ziviltechnikerkammer wurde dem Thema auf den Grund gegangen.
„Ein Wissen über den Zustand der Wasser- und Kanalleitungen ist bei den Gemeinden zwar vorhanden, aber sicher ausbaufähig“, meint DI Johann Wiedner von der Wasserwirtschaftsabteilung des Landes Steiermark. Aktuell sind ca. 60% des Leitungsnetzes digital in einem Leitungsinformationssystem erfasst bzw. befinden sich in Bearbeitung. Eine aktuelle Datenlage ist aber eine wesentliche Voraussetzung für eine vorausschauende Planung der nötigen Instandhaltungsinvestitionen. Von Seiten des Landes wird die Erstellung von Leitungsinformationssystemen gezielt unterstützt, wie DI Peter Rauchlatner von der Wasserwirtschaftsabteilung des Landes betont. Auch mit wenigen Daten kann ein einfacher Vorsorgecheck mit Rahmenprognosen für die nötigen Reinvestitionen in das Leitungsnetz erstellt werden.
DI Heinrich Schwarzl von der Fachgruppe Wasserwirtschaft und Umwelttechnik der Ziviltechnikerkammer hob den wichtigen Beitrag, den ZiviltechnikerInnen in den vergangenen Jahrzehnten bei der Planung der Wasser- und Abwasserinfrastruktur geleistet haben, hervor. Dieses qualifizierte Planungswissen ist auch bei den in Zukunft anstehenden Sanierungen des Wasserleitungs- und Kanalnetzes der Schlüssel für eine effektive und kosteneffiziente Instandhaltung der Systeme.

Gemeindestrukturreform macht Gebührenharmonisierung notwendig
Aber nicht nur die Instandhaltung der Wasserinfrastruktur stellt die Gemeinden vor große Herausforderungen. Im Zuge der Gemeindestrukturreform ist es in vielen steirischen Gemeinden auch notwendig geworden, die bisher getrennt verwalteten Systeme organisatorisch und verrechnungs-technisch zusammen zu führen. Denn innerhalb einer Gemeinde besteht auch die gesetzliche Verpflichtung, Gebühren einheitlich und den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend vorzuschreiben, wie Dr. Manfred Kindermann von der Gemeindeabteilung des Landes Steiermark feststellt.
Diese notwendigen organisatorischen Restrukturierungsprozesse eröffnen für viele frühere Kleinstgemeinden neue Chancenpotenziale zur Qualitätssteigerung in der Systemerhaltung der Wasserinfrastruktur. Denn während in Kleinstgemeinden bisher oft nur ein Gemeindearbeiter für alle Wartungsaufgaben einer Gemeinde zuständig war, können durch die Gemeindezusammenlegungen auch Spezialisierungen mit gezielten Aus- und Weiterbildungskonzepten für das Wartungspersonal umgesetzt werden.

Gemeindezusammenlegungen als Chance zur weiteren Professionalisierung der Wasserwirtschaft
DI Gerhard Eibl von der TDC ZT-GmbH, der bereits bei einigen Gemeindezusammenlegungen die Zusammenführung der Wasser- und Abwasserwirtschaft als extern beratender Ziviltechniker begleitet hat, hebt die Chancenpotenziale dieser Prozesse hervor: „Die Zusammenlegungen bieten sich auch als Anlass an, aktuelle Kosten-Leistungsrechnungen und neue schlanke, aber spezialisierte Betriebsorganisationsmodelle für die jeweiligen Gemeinden zu erstellen. Etwa durch Einführung von regelmäßigen Hydrantenprüfungen und Netzspülungen, die früher oft nur anlassbezogen durchgeführt wurden, oder durch die Ausbildung eines Gemeindemitarbeiters zu einem qualifizierten Wassermeister.“ Im Rahmen dieser begleitenden Beratung durch die ZiviltechnikerInnen können auch die Basisparameter und Kalkulationsmodelle erstellt werden, die die Gemeinden für die Einführung harmonisierter Gebührenmodelle benötigen.
In 65 der im Rahmen der Gemeindestrukturreform neu zusammengelegten Gemeinden ist diese Gebührenharmonisierung bisher noch nicht durchgeführt worden, ortet Dr. Silke Reverencic von der Gemeindeabteilung des Landes Steiermark bei einigen Gemeinden dringenden Handlungsbedarf.

Die Österreicher sind stolz auf ihr Wasser
Der Präsident des Steirischen Gemeindebundes, Landtagsabgeordneter Erwin Dirnberger hebt hervor, dass die Gemeinden sich der Verantwortung für eine gut funktionierende Daseinsvorsorge im Bereich der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung bewusst sind. Damit verbunden ist auch die Erkenntnis, die entsprechende Infrastruktur bestmöglich zu erhalten. Er verweist jedoch auf die Herausforderung, die notwendigen Maßnahmen mit zumutbaren Gebühren zu finanzieren.
Dass die ÖsterreicherInnen mit ihrer Wasserversorgung und Abwasserentsorgung sehr zufrieden sind, zeigt eine aktuelle Umfrage des market Institutes. 84% geben an, stolz auf das heimische Trinkwasser zu sein. Und 87% der Steirer sind mit der hervorragenden Qualität des heimischen Trinkwassers sogar sehr zufrieden. Eine überwiegende Mehrheit will auch nicht, dass unsere Trinkwasserversorgung in die Hände privater Unternehmen gerät. Mit den Kosten und Gebühren, die für Wasser und Abwasser zu bezahlen sind, ist die überwiegende Mehrheit ebenfalls einverstanden (79%). Es gibt in der Bevölkerung, der market-Studie zufolge, aber wenig Bewusstsein dafür, welcher Aufwand und welche Kosten hinter der Aufrechterhaltung der Wasser- und Abwasserinfrastruktur stehen. Und nur 30% der Bevölkerung wären bereit, dafür auch mehr zu bezahlen, wenn es notwendig ist.

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