01/08/2008
01/08/2008

Am 19.07. ging es per Cabrio-Bus zum HDA-Citywalk auf den Grazer Reininghausgründen.

Roland Koppensteiner von Asset One führte seine Gäste als erstes auf den s. g. Stamag Turm.

Ausblick vom Dach des Stamag Turms auf das Reininghaus-Areal, auf dem bis 2017 ein neuer Stadtteil entstehen soll.

Blick auf den Grazer Westen

Der Blick reicht vom Grazer Westen bis zum Stadtzentrum.

Blick auf die Eisteiche der Reininghausgründen

das denkmalgeschützte Brunnenhaus

Brunnenhaus innen

Fassadendetail Brunnenhaus

Tennenmälzerei (teilweise denkmalgeschützt)

Der Citywalk fand mit Grillen am Areal einen kulinarischen Ausklang. Fotos: el

Das HDA lud am 19. Juli gemeinsam mit Roland Koppensteiner von Asset One zu einer Begehung der Gründe der ehemaligen Brauerei Reininghaus Graz. Begleitet und moderiert wurde der Walk von Thomas Wolkinger, Chefredakteur Falter Steiermark, sowie Architekt Ernst Hubeli aus der Schweiz.

In Ermangelung einer direkten öffentlichen Verkehrsanbindung wurden die zahlreichen TeilnehmerInnen mittels Cabriobus zu den Reininghausgründen gefahren. Während der Fahrt fielen in der Einführung von Thomas Wolkinger Begriffe wie Grazer Hoffnungsgebiet, neues Zentrum, bunte Stadt versus monotone Peripherie. Bei der Ankunft am Gelände lief im Bus in voller Lautstärke „We Built This City on Rock and Roll” (1985, Starship).

Den BesucherInnen wurde das Areal an Hand von fünf Stationen näher gebracht.
Roland Koppensteiner führte seine Gäste als erstes auf den s. g. Stamag Turm (Stadlauer
Malz AG). Das Gebäude, mit einer Höhe, die in etwa 15 Wohngeschossen entspricht, ist eines der letzten baulichen Investition der Steirerbrau AG. Vom Dach hat man einen beeindruckenden Rundblick über das gesamte Grazer Stadtgebiet. Das Potential dieses Gebietes tut sich förmlich auf. Im Anschluss ging es zum denkmalgeschützte Brunnenhaus. Insgesamt stehen vier Gebäude am Areal unter Denkmalschutz. Von dort begab sich die Gruppe in einen riesengroßen Keller. Rund 15.000 m² Kellerräume sollen sich unter den Reininghausgründen befinden, teilweise mehrgeschossig.

Koppensteiner präsentierte den Immobilienentwickler Asset One und das städtebauliche Projekt Reininghausgründe. Asset One ist eine Aktiengesellschaft mit einem kleinen Kreis von Aktionären. Mit zunehmendem Risikio und Kapitalbedarf werden größere Investoren einsteigen. Im Gegensatz zur Entwicklung des Flugfelds Aspern, wo die Betreiber bereits mit zwei Masterplänen gescheitert sind, will man in Reininghaus zuerst Identitätsentwicklung betreiben. Bestehende Gebäude sollen als urbaner Keim eingesetzt werden. Innerhalb des Areals soll es zu keinen Zonierungen kommen, die Durchmischung idealerweise bis in die einzelnen Gebäude stattfinden. Ende 2008 werden die unterschiedlichen funktionellen Modelle, die von verschiedenen Experten erarbeitet wurden, zu einem Stadtmodell verdichtet. Ende 2009 soll alles in einen städtebaulichen Rahmenplan münden. (GAT berichtete)

Die Fragen aus dem Publikum bezogen sich vor allem auf die Rolle und das Aktivitätsniveau der Stadt Graz. Von einigen wurde kritisiert, dass sie zu wenig als Gesprächspartnerin auftritt, und bisher Antworten auf soziologische Fragen offen ließ. Sollte in Ermangelung des aktiven Partners Stadt auf dem Areal am Ende nur ein Gewerbepark entstehen, wäre für Asset One der Prozess gescheitert, meinte Koppensteiner. Auf die Frage von Wolkinger nach BürgerInnenbeteiligung antwortete er, dass sich der Prozess derzeit auf einem abstrakten, konzeptionellen Niveau befinde und sich erst bei entsprechender Vergegenständlichung die Möglichkeit der BürgerInnenbeteiligung biete.

Vor der Tennenmälzerei (teilweise denkmalgeschützt) mit beeindruckendem Kellergewölbe führte Architekt Hubeli seine Sichtweise auf Entwicklungsprozesse a la Reininghaus aus. Seiner Meinung nach beschreitet Asset One mit der gewählten langsamen Herangehensweise den richtigen Weg. So komme das Gebiet ins Gerede, meinte er. Die Methode Masterplan hält Hubeli für überholt. Heute prägen Hot Spots und Nutzungsdynamik Stadtentwicklungen, Investoren und Firmen kommen und gehen. Deshalb seien Planungen in Szenarien der richtige Weg. Potentiale müssen ergründet werden. Er sprach Fallen und Chancen bei der Entwicklung von Industriebrachen an. Eine Falle ist für Hubeli der Masterplan, eine zweite die Medialisierung. Der oft zitierte Bilbaoeffekt war ein Phänomen der 1990er Jahre. In Hamburg lief bei der Entwicklung der Hafencity der politische Entscheidungsprozess gut, in Graz sei dieser eine „knorrzige“ Angelegenheit, wie sich Hubeli ausdrückte. Als Beispiel für eine ganz andere Herangehensweise nannte Hubeli dann Zürich West. Hier hatte man sich nach drei Jahren Nachdenken die Frage gestellt: Was passiert, wenn nichts passiert? Und man entschied sich, nichts zu tun. Durch eine innovative Musikszene als Initialzündung kam es zu einer Kette von Reaktionen, und es entstand ein lebendiger Stadtteil. Ein mögliches Szenario für die Reininghausgründe könnte u. a. in der Antwortfindung auf die künftig drohende Entleerung von Einfamilienhausgebieten liegen. In diesem Zusammenhang verwies Hubeli darauf, dass es in einigen deutschen Städten aus Geldmangel bereits eine Stadtrückwanderung eingesetzt habe.

Je öfter man an Veranstaltungen von Asset One teilnimmt, desto häufiger hört man ähnliche Slogans wie Graz-Reininghaus als weiteres Zentrum von Graz“ oder „Urbane Vielfalt – gemischte Nutzung“. Es fällt auf, dass die schlechte Verkehrsanbindung des Gebietes (noch) kein Thema ist. Man darf gespannt sein, ob es in dem Zusammenhang bald Antworten und Lösungsvorschläge geben wird, sei es seitens der von Asset One engagierten DenkerInnen oder der Stadtregierung. Eine Diskussionsveranstaltung in breitem Rahmen mit politisch Verantwortlichen wäre jedenfalls wünschenswert.

Verfasser/in:
Elisabeth Lechner, Bericht
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