09/06/2004
09/06/2004

Sabine Richter

Sabine Richter

Sabine Richter

Sabine Richter

Sabine Richter

Zu Fotografien und Zeichnungen der Serie "insight-out" von Sabine Richter im Grazer Kulturzentrum bei den Minoriten

Während der Fertigstellung der Grazer Stadthalle von Klaus Kada nahm die 1959 geborene und mit einem Lehrauftrag an der Fachhochschule Nürnberg betraute Sabine Richter ein Fotoprojekt auf, das in seinen Ergebnissen für einen wahrscheinlich exponierten Bereich der Architekturfotografie steht. Über mehrfache Spiegelungen und Reflexionen in der Glasfassade, aufgenommen mit einer Spiegelreflexkamera, entstanden Ansichten von Details, die in ihren vielfach überlagerten Raumsituationen kaum mehr mit dem Motiv des realen Baukörpers in Verbindung gebracht werden können. „ ... dem Bekannten die Würde des Unbekannten geben ... „ zitiert Sabine Richter in ihrem Katalog Novalis und in der Tat werden die in den Fotografien auf zwei Dimensionen reduzierten Bildräume zu Strukturen, vergleichbar jenen des modernen Konstruktivismus. Vor dem blauen Grund des Himmels etwa werden die Kanten des Vordaches in stumpfem Winkel von einer pfeilartigen Spiegelung geschnitten, die Fragmente des Innenraumes erkennen lässt. Für einen Betrachter, der die Stadthalle nicht kennt, haben diese flächigen Strukturen keinerlei dokumentarischen Wert, vielmehr erscheinen sie wie die Neukonstruktion von zuvor separierten linearen Elementen eines abgebildeten physischen Baukörpers, als Dekonstruktion. Wichtig zu wissen, dass Sabine Richter diese Fotografien nicht nachbearbeitet hat, alles darauf Sichtbare also Abbildung so vorgefundener Wirklichkeit ist und die Dekonstruktion nur eine scheinbare ist. Dass diese Abbilder aber so gut wie keine Orientierung gegenüber eigener Ansicht auf die Stadthalle zulassen, macht sie zu einem anschaulichen Beispiel für Jean Baudrillards These, Wirklichkeit sei von der Realität ihrer Zeichen, der Abbildung, separierbar. Nach Baudrillard könnten Sabine Richters Fotografien Simulakren sein, referenzlose Bilder, die nicht verweisen und somit selbst einer konstruierten Wirklichkeit zweiter Ordnung werden.
In einem weiteren Schritt - und ebenfalls Teil der Ausstellung – konstruierte Sabine Richter „Foto-Grafiken“ auf Basis der strukturellen Konstellationen in den Fotografien. Diese Kombination aus collagierten Fotoelementen und Zeichnung führen einerseits weiter in die Abstraktion des Motivs und andererseits in die Neukonstruktion scheinbar perspektivischer Ansichten – aber wovon? Interessant ist auch der - wenn nicht gewollte, so jedenfalls nicht zu vermeidende - Effekt, dass Spiegelungen des Ausstellungsraumes im Rahmenglas zu nochmaligen Strukturerweiterungen führen.
Insight-out von Sabine Richter ist bis zum 9. Juli 2004 im Grazer Kulturzentrum bei den Minoriten zu sehen.
Biografie der Künstlerin
Sabine Richter wurde 1959 in Coburg geboren. Sie besuchte die Akademie der Bildenden Künste Nürnberg und ist seit 1989 Lehrbeauftragte an der Universität Würzburg und Fachhochschule
Nürnberg, freischaffend in Nürnberg tätig

Ausstellungen (Auswahl)
1996 Galerie am Weißen See Berlin, Maison des
Artistes Cagnes-sur-Mer, 1998 Städtische Galerie Erlangen, Kunstverein Ingolstadt, Kunstverein Kronach, 1999 Kunstverein Coburg , Villa Jauss Oberstdorf, 2000 Galerie Maerz Linz, 2001 Museum der Wahrnehmung Graz,
2003 Hallen für Kunst Freiburg, "Curves and Spikes" Galerie Aedes Berlin,Galerie d'Architecture Paris, Forum für Konkrete Kunst Erfurt, 2003/04 Große Kunstausstellung Haus der Kunst München, 2004 Galerie Konkret Sulzburg, Kulturzentrum bei den Minoriten

Preise
1985 Akademiepreis, 1987 Förderpreis der Stadt Coburg, 1988 Debütantenpreis des Kultusministeruims Bayern, Kunst-am-Bau Wettbewerbe: 1998 HUK Coburg, 2000 Fachhochschule Schmalkalden, 2001 Fachhochschule Ansbach

Verfasser/in:
Wenzel Mracek
Kommentar
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