10/04/2007
10/04/2007

Das neue "Joanneum" (Ansicht von der Landhausgasse).
Unter der Erde: Haupteingang mit Besucherzentrum (Café, Info,
Freihandbibliothek) sowie Depots Landesbibliothek und Joanneum.
Links: "Haus der Natur", Raubergasse, EG: "Hands on"-Bereiche, Vermittlung, 1. Stock: Studiensammlung, Sonderausstellungen, 2. Stock:
Erdgeschichte, Natur (fixe/semipermanente Ausstellungen), Dach:
wissenschaftliche Büros, Labors, zentrale Fachbibliothek.
Rechts: Neutorgasse: EG: Kulturgeschichte, Kunstgewerbe (fix), 1.Stock:
Themenausstellungen ("Barock", "Zeit" o.ä.), 2. Stock: Bild- und Tonarchive, Büros.
Hinten links: Landesbibliothek, Kalchberggasse: neue Lesesäle, Mediathek,
Ausstellungs- und Vortragsräume.
Abbildung: Nieto Sobejano Architectos, eep architekten

Wolfgang Muchitsch: "Es ist wie in der Gründerzeit." Foto: Max Wegscheidler

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Wer hätte das gedacht: Als das spanische Architektenduo Nieto Sobejano Ende 2006 den Wettbewerb für die Neugestaltung des Museumsquadranten Joanneum samt Neubau gewann, war dies bereits der zweiter Coup der Spanier in der steirischen Landeshauptstadt. Nur ein Jahr zuvor waren sie Sieger beim Wettbewerb für den Dachausbau das Kaufhauses Kastner & Öhler gewesen – ihr vielbeachtetes Projekt soll nach langer Diskussion mit der Unesco ab Herbst 2007 umgesetzt werden. Anders als bei Kastner & Öhler wählten die Architekten für den Neubau am Museumsquadrant die umgekehrte Strategie: Ihr Entwurf geht in die Tiefe. Eine Konsequenz aus den Querelen mit der Unesco? „Nein“, sagt Gerhard Eder vom Grazer Partnerbüro eep architekten, „Vorgabe des Wettbewerbes war es, ein verbindendes Besuchergeschoß zwischen den bestehenden Museen in der Rauber- und Neutorgasse sowie der Landesbibliothek in der Kalchberggasse zu schaffen.“ Nachdem eine oberirdische Bebauung auch vom Denkmalschutz so gut wie ausgeschlossen wurde, war ein unterirdisches Gebäude zentral zwischen den Bestandsgebäuden die logische Antwort.

Nach außen soll sich der unterirdische 6500-Quadratmeter-Neubau zukünftig als öffentlicher Platz präsentieren, der sowohl von der Landhaus- als auch von der Kalchberggasse rund um die Uhr zugänglich ist. „Uns erscheint es wesentlich, diesen verschlafenen Ort in die Stadt zurück zu holen“, erläutert Eder den grundlegenden Entwurfsgedanken. Ein attraktiver Platz sei aber auch am besten geeignet, den Museumsquadranten an das Stadtzentrum anzubinden: „Jeder Hochbau hätte eine solche Verbindung verhindert.“ Über Rolltreppen soll man in Zukunft in das neue Besucherzentrum unterhalb des Platzes gelangen, wo der Zugang zu den Bestandsgebäuden einschließlich der Landesbibliothek (LB) erfolgt. Im diesem Untergeschoß sind außerdem Shop, Vortragsräume, Freihandbibliothek und Schaulager geplant. Kreisrunde Öffnungen im Platz sollen viel Licht nach unten bringen. Zwei weitere Untergeschoße sind für Lager der LB sowie der natur- und kunsthistorischen Sammlungen vorgesehen. Dies soll nicht nur die momentan völlig überfüllte LB, sondern auch die bestehenden Museen entlasten: Tausend Quadratmeter neue Ausstellungsflächen werden dort freigeschaufelt.

Dennoch: Angesichts des beachtlichen Projektbudgets von 48,5 Millionen Euro mag sich die Frage stellen, ob hier nicht Gelder einfach im Erdboden versenkt werden. „Zwei Drittel der Kosten werden für die Renovierung der Altbauten verwendet“, informiert dazu die Landes-Immobilien-Gesellschaft (LIG), die das Projekt abwickelt und vorfinanziert. 27,7 Millionen Euro würden demnach in die Sanierung der Bestandsgebäude fließen, die neuen Flächen und Depots im Tiefbau kosten 20,8 Millionen Euro. Ein Viertel der Gesamtkosten entfallen auf Sanierung und Lager für die Bibliothek.

Zur Finanzierung hat das Land die Gebäude der LIG mit 1. Jänner 2007 verkauft und mietet sie im Gegenzug auf 25 Jahre zurück. Nach Neueröffnung des Museumsquadranten – Neutorgasse und Besucherzentrum sollen Mitte 2010 aufsperren, Raubergasse und LB rechtzeitig zur 200-Jahresfeier im Sommer 2011 – kommen zu den 48,5 Millionen Euro Rückzahlung jährliche Betriebskosten von 857.000 Euro sowie ein zusätzliches Programmbudget für die neuen Sonderausstellungsflächen dazu. Das hofft zumindest Joanneums-Geschäftsführer Wolfgang Muchitsch, der mit jährlich rund 80.000 Besuchern rechnet: „Das wäre sonst so, als würde man das Kunsthaus bauen, es dann aber nicht bespielen.“

Für die von der ÖVP geforderte Prüfung des Projekts durch den Landesrechnungshof hat die LIG nun am 28. März mehr als 500 Seiten Unterlagen eingereicht, darunter eine Sparvariante, die auf die Depots im dritten Untergeschoss verzichtet. Dadurch könnten, so Landesrat Flecker, 4,5 Millionen Euro im Bau und 200.000 Euro bei den künftigen Betriebskosten eingespart werden. Eder und die LIG halten diese Variante nur für bedingt sinnvoll.

Verfasser/in:
Fabian Wallmüller, Bericht; erschienen im Falter 14/2007
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