15/11/2004
15/11/2004

Architekt Hans Hollein, Präsident der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs

Bauherrenvertreter Hofrat DI Wolfgang Beer (li) und der Architekt Friedrich H. Mascher (re)

Bauherrenvertreter Mag. Dietmar Ulreich (li) und Architekt Hans Gangoly (re)

Ein Bericht von Martin Krammer zur diesjährigen Verleihung des Bauherrenpreises am Freitag, den 12. November in Klagenfurt

Auch dieses Jahr wurden sie vergeben, die Bauherrenpreise der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs, diesmal im eher kleinen Rahmen des Hauses der Architektur in Klagenfurt. Aus 105 eingereichten Projekten hat die Jury - bestehend aus Otto Kapfinger, Much Untertrifaller, Stefan Rutter und Reinhold Wetschko - elf für preiswürdig befunden.

Längst hat sich der Bauherrenpreis, der seit 1967 vergeben wird, zum wahrscheinlich wichtigsten Österreichischen Architekturpreis entwickelt. Heute agitiert er, wie Hans Hollein, der Präsident der Zentralvereinigung Wien, jedes Jahr nicht zu erwähnen vergisst, nicht mehr gegen reaktionäre Bauherren, sondern filtert die besten Projekte des Landes und ihre Auftraggeber heraus.
Die aktuelle Frage ist eher, wie weit sich ein Bauherr überhaupt hinauslehnt, wenn er einen Architekten beschäftigt. Dieses Vorhaben ist tatsächlich nicht für alle gleich schwierig. So ist auch das diesjährige Ergebnis zu sehen, das wesentlich mehr private „ kleine“ Bauherren gegenüber den großen, institutionellen prämierte.
Während es eine junge Frau aus Ramsau im Zillertal mit einem Wiener Architekten geschafft hat, sind einige Seriensieger der letzten Jahre wie die BIG und Mpreis leer ausgegangen.

So muss der Bauherrenpreis heute auch nicht mehr erklären, dass es an sich kein Risiko darstellt, mit Architekten zu bauen. Im Gegenteil, anhand der Anzahl und Qualität der eingereichten Projekte kann man durchaus behaupten, dass, wer heute ohne Architekt baut und auch noch ein schlechtes Gebäude errichtet, einfach out ist.

Aus der Steiermark kommt heuer leider keines der ausgewählten Gebäude. Einen Steiermarkbezug gibt es dennoch: Vier von elf ArchitektInnen, deren Bauherren mit dem Preis geehrt wurden, stammen aus der Steiermark oder haben an der TU Graz studiert.

Nun zu den Preisträgern.

Wie bereits erwähnt:
Wohnungen und Bauernhaus
Bauherr: Natalie Kröll, Ramsau im Zillertal
Architekt: Martin Feiersinger, Wien

Aus der Jurybeurteilung:
„.....Trotz des Drucks aus dem sozialen Umfeld und der Behörden, das ererbte Bauernhaus abzureißen – wie es in den alpinen Ferienorten leider üblich ist - war die jungen Bauherrin fest entschlossen, das Gebäude mit einem Architekten - auch das nicht selbstverständlich – behutsam zu restaurieren und das Ensemble zu bewahren. Trotz vieler Widerstände und daraus resultierender Verzögerungen im Bauablauf wurden die mit dem Architekten erarbeiteten Konzepte von der Bauherrin beharrlich durchgezogen und umgesetzt. Das Bauen in den Alpen ist heute geprägt von den klischeehaften Lösungen mit regionalistischen Formenverschnitten als Ergebnis des kleinsten gemeinsamen Nenners örtlicher Sehgewohnheiten. Zu solchen, in den Alpentälern allgegenwärtigen Grotesken zeigt dieses Projekt eine beispielhafte Alternative.“

Gemeindezentrum Blons
Bauherr: Gemeinde Blons, Vorarlberg
Vertreten durch Bürgermeister DI Otmar Ganahl
Architekt: Bruno Spagolla, Bludenz
Kunst am Bau: Franz Gassner

„ .... Zur Entscheidungsfindung wählte der Bürgermeister eine sehr direkte, demokratische Vorgangsweise. In zwei großen Dorfversammlungen wurde das Projekt am Beginn diskutiert, daraus eine Arbeitsgruppe aus interessierten BürgerInnen gebildet und mit Entscheidungskompetenz ausgestattet. Alle Aspekte der Planung wurden bis zur breiten Akzeptanz bearbeitet – bis zur Integration eines anspruchsvollen, sehr sensiblen Kunstprojektes....“

Schihütte Schneggarei, Lech
Bauherr: Geschwister Gerold und Christian Schneider, Andreas und Angelika Schneider
Architekten: Philip Lutz, Gerold Schneider/Katia Polletin, Bregenz

„ Das Ortszentrum von Lech, geprägt von typischen Beispielen der Gattung klischeehafter Tourismusbauten, hat einen ungeliebten Nachbarn bekommen. Gegen den Willen der Gemeinde Lech, die aus Ihrer Abneigung gegen qualitätvolle Architektur keinen Hehl macht , setzten die Bauherren ihr engagiertes Konzept mit Hilfe der Bezirkshauptmannschaft und der Landes-Raumplanungsstelle konsequent durch.....“

Headquarter s.i.e, Lustenau
Bauherr: system industrie electronic, Lustenau
Architekt: Marte.Marte Architekten, Weiler

„....Die flache Hierarchie, die optimierten Arbeitsabläufe und eine innovative und unkomplizierte Gesamtstimmung prägen aus der Philosophie des Unternehmens heraus auch die Planung des Firmensitzes. In großer atmosphärischer Übereinstimmung mit den engagierten Bauherren schufen die Architekten einen maßgeschneiderten Behälter für die Arbeits- und Repräsentationsbedürfnisse des jungen, erfolgreichen Unternehmens.“

Grenzüberschreitendes Dialektikinstitut, Oberschützen
Bauherr: Hianzenverein Oberschützen, vertreten durch Mag. Dietmar Ulreich
Architekt: Hans Gangoly, Graz

„... Bemerkenswert ist vor allem der Zugang der Bauherrschaft, der Bürgenländisch Hianzischen Gesellschaft Oberschützen, zur Thematik und ihrer baulichen Konkretisierung – vom Erwerb des geschichtsträchtigen Altbaus über die Abwicklung eines Wettbewerbes für die neuen Zubauten bis zur Realisierung mit Einbeziehung von Eigenleistungen. Die Instrumentalisierung von zeitgemäßer Architektur zur Vermittlung überlieferter bäuerlicher Sprache und Kultur erscheint exemplarisch und kreiert einen Ort des Dialogs zwischen Zeiten, zwischen sozialen Schichten und Wirklichkeiten – mit weitreichender Bedeutung für die ganze Region.“

Pädagogische Akademie, Salzburg
Bauherr: Republik Österreich, BMWA, vertreten durch das Amt der Salzburger Landesregierung BGV 1, Oberbaurat DI Erich Wenger, Pädagogische Akademie Salzburg, Direktor Mag. Dr. Josef Sampl, Oberstudienrat Mag. Gottfried Niedermüller
Architekten: fasch&fuchs., Wien
Kunst am Bau: Thomas Hamann

„...Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass hier die Bauherrschaft im Umgang mit scheinbar unattraktivem Bestand von der Wettbewerbsauschreibung bis zur Durchführung den baukünstlerischen Anspruch gesucht hat, und dass speziell in Kooperation mit dem sehr engagierten Nutzervertreter, dem Akademiedirektor, ein unter vergleichbaren Anlässen herausragendes Niveau der Licht-, Farb- und konstruktiven Detailaspekte erreicht wurde. Insgesamt bietet das Projekt ein Modellbeispiel des Umnutzens und Weiterbauens, .- eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben aktueller Architektur.“

Office Pavillon Bene Zumtobel-Staff, Klagenfurt
Bauherr: Vereinigte Kärntner Brauereien AG,
Vertreten durch Direktor Johann Stockbauer
Architekt: henke und schreieck, Wien

„...Die Jury würdigt speziell die Tatsache, dass die Bauherrschaft in einem derzeit boomenden Sektor für die ganze Region einen Maßstab gesetzt hat. Dies betrifft auch den Umgang mit einer markanten Schnittstelle zwischen Naturraum, Verkehrsraum, benachbarten Altbauten und Stadt-Randgefüge....“

Wohnhausanlage Am Hundssteig, Krems
Bauherr: GEDESAG – Gemeinnützige Donau-Ennstaler Siedlungs-Aktiengesellschaft, Krems, NÖ
Direktor Günter Hanko
Direktor Bmstr. Ing. Alfred Graf
Architekt: Ernst Linsberger, Wien

„.... Vom Architekten stimuliert, hat die Baugesellschaft ein Unternehmen gewagt, das ihre üblichen Standards überschreitet, aber anfänglich mit Vorurteilen in der Bevölkerung und mit Skepsis in Expertenkreisen konfrontiert war. Wegen der schwierigen Aufschließung und der Prominenz im Stadtbild wurde das Projekt mit dem örtlichen Gestaltungsbeirat in mehreren Schritten optimiert....“

Apotheke Zum Löwen von Aspern, Wien
Bauherr: Dr. Wilhelm Schlagintweit KG, Phoenix Arzneiwaren GmbH, Wien
Architekten: ARTEC, Wien

„ Die Rolle der Bauherrschaft begann hier schon in der Programmerstellung. Dr Schlagintweit wies seiner Apotheke eine Fülle weiterführender Aufgaben zu und inspirierte damit die Architekten zur raumtypologischen Innovation.... Die Bauherrschaft hat da nicht nur den Architekten allen Spielraum zur Interpretation ihrer Vision gegeben, sie nützt das polyvalente Raumgefüge auch mit regelmäßigen Veranstaltungen in einer kompetenten, inhaltlichen Struktur.“

Studien- und Forschungsgebäude der Albertina, Wien
Bauherr: Republik Österreich – BMWA, vertreten durch die Burghauptmannschaft Österreich, Hofrat DI Wolfgang Beer
Architekt: Erich G. Steinmayr & Friedrich H. Mascher, Wien

„... Ein richtig entschiedener Wettbewerb, eine trotz vieler unvorhersehbarer Hindernisse und eines Direktionswechsels so elastisch wie konzise mit den Architekten durchgezogene Planungs- und Bauphase erbrachten ein Resultat von internationalem Rang: einen präzisen, sensiblen Umgang mit dem Bestand, und eine geniale Aktivierung der Raumreserve in der „unbewussten Tiefe“ des Baukomplexes...“

Büro- und Gewerbezentrum IP.TWO, Wien
Bauherr: PRISMA Standort- und Stadtentwicklungs GmbH, Wien
DI Alois Aigner, S Immobilien AG, Mag. Ernst Vejdovsky
Architekt: BKK-3, Wien

„ Der Bau ist bewusst auf hausgemeinschaftliche und hybride Nutzung konditioniert, die Mieter konnten ihre Grundrisse mitbestimmen. Kommentar der Architekten: „Eine Verschiebung von Wirklichkeit kann nur über Inhalte und Programme erfolgen, die hier die Grenzen des „Zellenbüros“ eliminieren und überlappende Lebens-Arbeitszonen schaffen. Die Rolle des Bauherren war genauso wichtig wie die des Architekten. Die gesellschaftliche Kompetenz, vom Bauherren mitgetragen, ist unerlässlich, da reine Architektur – ohne Inhalt und Wollen – zum beliebigen Design verkommt.“

Schöner Schlusssatz.

Die vier ArchitektInnen mit Steiermarkbezug sind: Hemma Fasch von fasch&fuchs., Hans Gangoly, Bettina Götz und Richard Manahl von ARTEC und Friedrich H. Mascher, dessen Albertina Zu- und Umbau prämiert wurde.
Bildmaterial liegt leider noch nicht vor. GAT wird es demnächst nachtragen.

Bis 30. November sind alle eingereichten Projekte in einer Ausstellung im Kärntner Haus der Architektur - Napoleonstadel in Klagenfurt zu sehen.

Verfasser/in:
Martin Krammer, Präsident der ZV-Steiermark
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+