09/11/2007
09/11/2007

Drei Fragen stellte der Veranstalter des Diskussionsabends „Findet Graz Stadt“, am 08.11.2007 im Space04 des Grazer Kunsthauses zur Diskussion:

- Wie entwickeln sich Städte tatsächlich?
- Welche Probleme ergeben sich aus dem Trend zu Ballungszentren?
- Wo liegt die Chance einer Stadt Graz?

Drei Statements mögen aus der Diskussion mit DI Dr. Wolfdieter Dreibholz (GF COOP Himmelb(l)au, Wien), Univ.-Prof. Arch. DI Hans Gangoly (TU Graz, Büro in Graz), Mag. Roland Murauer (GF CIMA Austria), Daniel Wiener (MAS; GF Ecos Schweiz), Univ. Ass. DI Gesa Witthöft (Soziologin, TU Wien) und Mag. Bertran Conrad-Eybesfeld (Projektentwickler, Lebring) aufgegriffen werden, die die Thematik der Lebensqualität der Bürger in Graz betrifft:

Frau Witthöft sieht soziale Ungleichheit und damit einhergehende Polarisierung der Gesellschaft in den Städten, so wie die Alterungs- und Migrationsproblematik als nicht zu vernachlässigende Parameter der Stadtentwicklung mit stadträumlichen Folgen.

Gangoly spricht sich für eine Verdichtung der Stadt in inhaltlicher und baulicher Hinsicht aus und nennt mit den (122) Hochhäusern und der Blockrandbebauung der Gründerzeit zwei Möglichkeiten, wo angesetzt werden könne, um städtische Wohnqualität zu erzeugen.

Dreibholz sieht zurzeit keine Persönlichkeiten in Graz, die Stadtentwicklung als Gestaltungsinstrument der Politik begreifen.

Was hat also in den letzten 30 - 40 Jahren stattgefunden, welche Probleme haben sich daraus ergeben und wo liegt die Chance von Graz?

Über 50% der Bevölkerung leben heute österreichweit in den suburbanen Gebieten der Städte, meist aus dem Grund, der Natur in Zeiten der Familiengründung näher zu sein, aber auch weil Baugrund im Umfeld der Städte einfach erschwinglicher ist. Mit fortschreitendem Alter tendieren viele in die infrastrukturell besser versorgten Städte zurück. Was sie dort aber auch suchen, ist Wohnraum, der ihren Ansprüchen gerecht wird: Gute Lage, entsprechender Ausblick und qualitativ hochwertige private und öffentliche Außenräume. Hier tut sich schon das erste Problem auf, denn Graz verfügt über kein genügend großes qualitätsvolles, differenziertes Wohnungsangebot. Und das, obwohl die Potenziale vor allem in den Gründerzeitvierteln enorm sind.

Entsprechend den Nutzungs- und Lebensqualitätsansprüchen von Jungen, Älteren und MigrantInnen sollten Umgestaltungen der Blockrandbebauungen überlegt und realisiert werden, will Graz diese Bevölkerungsgruppen gewinnen und einer Ghettoisierung ganzer Stadtteile entgegen wirken. Baulich geht es dabei um die Schaffung eines vielfältigen Wohnungsangebotes in den Altbauten, eine barrierefreie Erschließung derselben und eine Öffnung von (zumindest) Teilen der Innenhöfe für die Nutzung durch die Bewohner der Wohnblöcke.

An der Begrünung und Verbesserung von Möglichkeiten der Zugänglichkeit von Innenhöfen in den Grazer Gründerzeitvierteln arbeitet derzeit eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe im Auftrag der Stadtplanung (GAT berichtete).

Revitalisierte urbane Lebenssituationen mit guter infrastruktureller Versorgung sind angesichts steigender Mobilitätskosten attraktiv. Womit ein weiteres Problem zu Tage tritt, das sich in der Vernachlässigung von Straßen- und Platzräumen außerhalb der Grazer Altstadt darstellt.

„Graz braucht Selbstkritik und den Dialog mit der ohnedies sehr aktiven Bevölkerung, um die Lebensqualität für alle BürgerInnen anzuheben“, war mehrmals aus dem Publikum zu vernehmen. Den Dialog gibt es zwar auf verschiedenen Ebenen. Aber wie sieht es mit der Partizipation aus? Ist Partizipation nicht mehr als Dialog? Wie klang es so richtig aus dem Publikum des Abends? „Graz muss für seine BürgerInnen und nicht für den Tourismus funktionieren. Schönheit ist keine Garantie für Qualität“.

Die Politik ist gefordert!

Veranstaltet von MODELL:ZUKUNFT:STEIERMARK der ÖVP.

Verfasser/in:
Karin Wallmüller, Kommentar
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