31/01/2008
31/01/2008

Der Falter Steiermark erscheint wöchentlich, jeweils am Mittwoch.

Das revitalisierte Palais Thinnfeld wurden am 30.01.2008 eröffnet.

Im Erdgeschoss des von ifau (Institut für angewandte Urbanistik) und Jesko Fezer umgebauten Palais Thinnfeld ist nun das HDANEU untergebracht. Fotos: J.J. KUCEK

Das Haus der Architektur (HDA Graz) will mit dem Umzug ins Palais Thinnfeld auch den Diskurs wieder in die Mitte der Stadt tragen.

So sehr die Fünf von ifau (Institut für angewandte Urbanistik) und Jesko Fezer aus Berlin auf Understatement setzen, so sehr ist das auch ästhetische "Masche". Mit der konnten sie in kurzer Zeit an vier "Kunstorten" in Europa ihre "Verhandlungsräume" inszenieren. Zwischen "Edelrohbau" und fein reflektierten Details, zwischen verzinktem und verspiegeltem Blech changiert ihr Repertoire in Graz. Sogar die Deckenleuchten scheinen vom Baumarkt, sind aber Sonderanfertigungen. Nach einem Wettbewerb 2005, Sanierung, Brand, Eingriffen in die Bausubstanz öffnet das Palais Thinnfeld, früher Thienfeld, nun seine Pforten als nüchtern-schicker Teil des Kulturclusters ums Grazer Kunsthaus.

Dass man mit zwanzig eine neue Wohnung sucht, ist nichts Ungewöhnliches. Es riecht aber nicht nur neu im Erdgeschoss am Südtirolerplatz, sondern das aus der Engelsgasse hierher gesiedelte Haus der Architektur (HDA) nennt sich nun offenbar auch so: HDANEU. Das soll auch einen inhaltlichen Neustart anzeigen. Endlich im Zentrum von Graz angekommen, ist es gleich an der Seite des Flaggschiffs Kunsthaus, unterhalb der Verwaltung des Joanneums sowie dem im Dachgeschoss großzügiger untergebrachten Kunstverein gelandet. Der Druck zur Veränderung war längst offenbar. Auch das HDA, im Juni 1988 als Erstes der jetzt in allen Bundesländern etablierten Architekturhäuser geboren, steht heute unter Vermarktungsdruck. Trotz einer beachtlichen Palette an Betätigungsfeldern - vom Fachverlag bis zur Vermittlungsarbeit; von gut getexteter Zweijahresprogrammatik zur Reihe "Aktuell" - hatte es sich als einstige "Institution" irgendwie zur Institution verfestigt. Das weiß man dort aber selbst.

Die Problematik, die des fünfköpfigen Vorstands nun harrt: Wie bringt man sein "Produkt" besser ins Spiel? Bei diesem handelt es sich schließlich nicht um eine Ware wie jede andere. Sondern um brennende Diskurse über Städtebau, Zersiedelung, Architektur als Touristenmagnet, repräsentativen Formalismus und ähnliches. In der dreimal jährlich erscheinenden HDA-Gazette tönt es jetzt schon manifestartig: "Weniger Form, mehr Inhalt!" Markus Bogensberger vom Ende 2007 berufenen Vorstand zeigt sich aufgeklärt: "Der Umzug ist ein Paradigmenwechsel für uns. Das Publikum hat sich gewandelt – wir wollen wieder eine aktivere Rolle einnehmen." "Gemeinsam" lautet also das passende Motto des Programms, um Probleme anzusprechen, die man allein sowieso nicht mehr lösen kann. Es schließt an die vergangene Thematik "Alltag" an. Allerdings: Was hatte es bewirkt, welches kritische Potenzial geweckt und was davon hat in der Politik nachgehallt?

Arno Ritter in Tirol wie auch Dietmar Steiner in Wien – Leiter vergleichbarer Institutionen - werden schon kraft ihrer Persönlichkeit "gehört". Besitzt ein ehrenamtlicher, zweijährig wechselnder Vorstand dieselben Ambitionen, nötigenfalls kritisch Position zu beziehen? Gerade weil das "Kuratorium", nach wie vor Förderer des HDA, durch seine Zusammensetzung multiple Interessen pflegt: Ob Universität, Stadt, Land oder Kammer - da tritt man schon leicht jemandem auf die Füße. Lieber ist man da Gesprächsleiter. Ein Umzug weckt solche und ähnliche Strukturfragen leider erst, löst sie aber nicht schon.

> > VORSCHAU:

Mittwoch, 27.02.2008 - 19.00, im HDA Graz

VERNISSAGE "Doppelhaushälften"
Als Einführung in das Zweijahresprogramm GEMEINSAM GEMEIN SEIN zeigt das Haus der Architektur Graz die Ausstellung "Doppelhaushälften" des Kölner Fotografen Andreas Machanek.

KONTAKT:
HDA Graz
Palais Thinnfeld
Mariahilferstraße 2
8020 Graz
T ++43 (0)316/32 35 00
office@hda-graz.at

Der Falter Steiermark erscheint wöchentlich, jeweils am Mittwoch.

Verfasser/in:
Albert Kirchengast, Kommentar; erschienen im Falter Stmk. Nr. 05/08
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