07/11/2003
07/11/2003

JURYPROTOKOLL

Ort: Altes Rathaus, Bad Radkersburg,1.Stock
Datum: 13. Oktober 2003
Dauer: 09:30 Uhr Jurybeginn
15.45 Uhr Juryende

Anwesende:
Als Juroren:
o. Univ.Prof Arch DI Karla Szyszkowitz-Kowalski
Arch DI Ernst Giselbrecht

Für die AIK:
Arch. DI Adolph-Herbert Kelz

Für den Auslober:
Bürgermeister Peter Merlini
Vizebürgermeisterin Mag. Sonja Witsch
Dr. Franz Gmeindl

Für das Land Steiermark, Fachabteilung 16B:
OBR DI Gernot Axmann
Dr. Nikolaus Breisach

Als Berater:
Für das Bundesdenkmalamt: DI Eva Mohringer
Statik: DI Hans Boyer
Akustik: DI Dr. Gerhard Tomberger

Als Vorprüfer:
Arch. DI Barbara Strenitz

In der Folge werden alle Personen ohne Titel genannt

Die Begrüßung erfolgt durch Bürgermeister Merlini. Dieser führt im einzelnen für die Projektserstellung aus:

Auf Grund der Entwicklung im Hinblick auf die EU-Osterweiterung und die touristische Situation der Region Bad Radkersburg hat die Stadtgemeinde Bad Radkersburg die Aufgabenstellung, ein internationales Kultur-, Ausstellungs- und Seminarzentrum zu installieren. Es standen zwei Standorte zur Diskussion, einerseits im Bereich des Kur- und Erholungsviertels, andererseits im Bereich der Altstadt bei den Objekten Hauptplatz 10, 12 und Frauenplatz 5, womit die Nachnutzung des halbfertigen Landesausstellungsgebäudes auch teilweise erfüllt ist. Im Wesentlichen stand aber die Situation der Belebung der Altstadt im Vordergrund, um hier weitere Frequenzen zu erzeugen und somit die Abwanderung von Geschäfts- und Gastronomiebetrieben hintanzuhalten. Ein besonders Anliegen und die Fortsetzung einer jahrzehntelangen Tradition war es für die Umsetzung moderne architektonische Formensprache im Spannungsfeld zur historischen Bausubstanz geschehen zu lassen, um im jahrhundertelangen dynamischen Stadtentwicklungsprozess auch qualitätsvolle Architektur des 21. Jhd. vorzufinden.

In der konstituierenden Jurysitzung am 26. März 2003 wurden die erforderlichen Funktionen jeweils einstimmig wie folgt verteilt:

Vorsitzende: o. Univ.Prof Arch DI Karla Szyszkowitz-Kowalski
Stellvertr. Vorsitzender: Arch DI Ernst Giselbrecht
Schriftführer: Arch. DI Adolph-Herbert Kelz
Stellvertreter: OBR DI Gernot Axmann

Die Vorsitzende stellt die Beschlussfähigkeit des Preisgerichtes fest sowie die Unbefangenheit der Juroren und weist auf die Verschwiegenheitspflicht während des Verfahrens hin.

Sie übernimmt die Vorprüfungsberichte und die verschlossenen Verfasserbriefe.

Es folgt ein 1.Rundgang mit dem Vorprüfungsbericht von Strenitz.

11.00 – 11.10 Uhr: Pause
11.10: Im Anschluss werden Detailfragen intensiv erörtert.

- Lager:
Von Seiten des Auslobers wird klargestellt, dass ein Vollrestaurant nicht in Frage kommt, sondern ausschließlich bei Veranstaltungen Catering vorgesehen wird. Ein Tagescafe ist denkbar. Unter diesen Aspekten ist jedes Projekt änderbar und kann in der Detailplanung gelöst werden.

- Garderoben:
Garderoben sind für dieses vorgesehene Projekt von großer Bedeutung. Alle vorgelegten Projekte entsprechen diesen
Anforderungen.

- Heizung und Klimatisierung:
Zu dieser Frage hat sich im speziellen kein einziger Teilnehmer genauer geäußert. Durch die Vorschläge der großen verglasten Hallen werden Überhitzungen im Sommer erwartet, die problematisch werden können. Grundsätzlich sind diese Anforderungen lösbar, jedoch unter einem größeren techischen und finanziellen Aufwand zu sehen.

- Akustik und Schallschutz:
Hier gibt es eine intensivere und längere Betrachtung dieser Aspekte, insbesondere des Schallschutzes der Nachbarn und der getrennten, gleichzeitigen Bespielbarkeit aller Räume innerhalb des Gebäudes, ohne sich gegenseitig zu beeinträchtigen. Nach Aussage der Fachleute muss dies durch Detailprojekte gelöst werden können.

- Konstruktion: Dadurch, dass einige Projekte auf dem vorhandenen Saal abgesetzt werden sollen, wurden von den Verfassern Leichtkonstruktionen gewählt. Diese haben nach Ansicht der Fachleute den Nachteil über zu wenig Masse zu verfügen. Dadurch könnten im Schallschutz Nachteile auftreten.

Stellungnahme der Vertreterin des Bundesdenkmalamtes:

Die vorgeschlagenen Lösungen für den großen Saal werden bei einigen Projekten als Fremdkörper in der Dachlandschaft empfunden. Zu den vorgeschlagenen Verglasungen des Innenhofes wird festgestellt, dass es von Seiten des Bundesdenkmalamtes zu Schwierigkeiten, zumindest zu eingehenden Gesprächen kommen kann. Da aber die Mehrzahl der Teilnehmer eine solche Überdachung vorschlägt, wird auf das Genehmigungsverfahren des Bundesdenkmalamtes verwiesen. Von Seiten des Bundesdenkmalamtes ist aus der Sicht der Substanzerhaltung (= Gesetzesauftrag) das Projekt 5 schwer vorstellbar, da es als einziges Projekt den großen Saal in das platzseitige Gebäude legt. Dabei würde das zweite Obergeschoss mit dem originalzerstörten und dem dann neu zu errichteten Dachgeschoss baulich zu einer Einheit verbunden.

Diese Aussage nimmt die Vorsitzende um 11.45 Uhr zum Anlass, um zum ersten Bewertungsdurchgang überzugehen, wobei ein Projekt dann nicht ausgeschieden wird, wenn es über Pro-Stimme verfügt.
Besonders wurde auf den architektonisch-inhaltlichen Aspek (neben den technischen Gesichtpunkten) verwiesen und um Diskussion gebeten.

Abstimmungsergebnis des ersten Bewertungsdurchganges:

Ausgeschieden wurden die Projekte 5 und 6.
Projekt 5: 7:0
Projekt 6: 7:0

In der Bewertung bleiben die Projekte
Projekt 4: 7:0
Projekt 3: 5:2
Projekt 2: 1:6
Projekt 1: 6:1

Ende des ersten Bewertungsdurchganges 12.30 Uhr.

12.30 bis 12.40 erfolgte eine nochmalige Besichtigung des Gebäudes vor Ort durch die Juryteilnehmer. Danach wurde der zweite Bewertungsdurchgang durchgeführt. Dieser war mit einer intensiven Auseinandersetzung innerhalb der Jury mit den verbliebenen Projekten verbunden.

Abstimmungsergebnis des zweiten Bewertungsdurchganges:

Projekt 4: 7:0
Projekt 1: 6:1
Projekt 2: 0:7
Projekt 3: 2:5

Damit wurde das Projekt 2 ausgeschieden.
Die Vorsitzende stellt die Frage, ob damit schon ein Ergebnis des Wettbewerbes vorliegt. Der Bügermeister bittet in seiner Eigenschaft als Auslober über die Reihung abstimmen zu lassen. Daraufhin stellt die Vorsitzende den Antrag, das Projekt 4 als Sieger und das Projekt 1 als Nachrücker zu betrachten. Dieser Vorschlag wurde nach nochmaliger Diskussion und Abgleichung der Argumente mit 7:0 einstimmig angenommen.

Nach der Formulierung der Projektsbeschreibungen öffnet der Vorsitzende die Verfasserbriefe.

Projekt Kennzahl Verfasser

1 241020 Arch. DI Alfred Bramberger
2 991154 Arch. DI Markus Pernthaler
3 743014 Arch. DI Rüdiger Lainer
4 876189 Arch. DI Hans Gangoly
5 512777 Arch. DI Markus Spiegelfeld
6 313233 Team A, Arch. DI Herbert Missoni

Die Jury empfiehlt dem Auslober, den Verfasser des erstgereihten Projektes mit der Weiterbearbeitung zu beauftragen.

Die Vorsitzende verständigt telefonisch die Preisträger.

Die Niederschrift der Jurysitzung wird allen Teilnehmern am Wettbewerbsverfahren und den Juroren zugesandt.

Die Ausstellung der Projekte findet zu einem späteren Zeitpunkt statt. Der genaue Termin wird allen Teilnehmern und Juroren bekanntgegeben

Beilagen:

Projektbeschreibungen
Anwesenheitsliste
Kopien der Verfasserbriefe

Projektbeschreibungen:

Projekt 1:

Klare Funktionsabläufe lassen sich im klaren Grundriss ablesen. Die typische Parzellenstruktur der Altstadt wird in den Hofumgängen in allen Geschossen wieder hergestellt. Man erreicht sie über eine breite "Freitreppe", die sich wo notwendig zu einem Foyer erweitert. Die formuale Umsetzung der Gesamtkubatur erschien uns gelegentlich nicht ganz verständlich. Dies gilt gleichermaßen für die Lininenführung des Lichtbandes.

Projekt 2:

Grundsätzlich wird die Hofumbauung für einen guten städtebaulichen Ansatz gehalten. Die Abtreppung zum Nachbargrundstück ist angenehm. Das Foyer wirkt durch die große Auskragung im zweiten Obergeschoss sehr eng. Die Lage der Treppe mit einem Lauf innerhalb der Mauer und einem außerhalb scheint problematisch. Die "weich modelierte Möbelplastik" ist als akustisches Element verständlich, von der formalen Notwendigkeit eher nicht. Der Abbruch der Stahlbetondecke über der Galerie im 2. Obergeschoss ist sehr aufwendig und erleichtert nicht den Anschluss des Glasdaches an den Bestand. Funktionell ist das Veranstaltungszentrum prinzipiell gut und übersichtlich gelöst bis auf einige Stellen, die fraglich sind wie z.B. die Bar im "letzten Eck" oder die Lager in den Arkaden.

Projekt 3:

Das überzeugende an diesem Projekt ist die Idee der Dachführung, die nicht nur eine sehr eigene abstrakte Interpretation des Altstadtgedankens ist, sondern vom Innenraum her besondere Wirkung zeigen könnte.
Funktionell allerdings ergeben sich eine Reihe von Ungereimtheiten oder Schwierigkeiten, die – teilweise verursacht durch den unter Umständen im Sinne des Denkmalschutzes stehenen Versuch, den Hof unverglast zu halten – der Stärke der Primäridee vieles genommen haben.

Projekt 4:

Siegerprojekt. Das Projekt zeigt auf bestchende Weise die Einfügung einer neuen funktionstüchtigen Struktur in das bestehende Altstadtambiente. Hervorzuheben ist die konsequente Haltung in der Gestaltung, der Umgang des Baukörpers mit der Umgebung, die Integrierung und Begehbarkeit des neu gestalteten Gartens als auch die Erlebnisqualität im ehemaligen Innenhof. Besonders überzeugen konnten die funktionelle Stimmigkeit und die Lichtführungen im Foyer bzw. im Saalbereich.
Für die Realisierung werden folgende Optimierungen und Überarbeitungen empfohlen:
1.) Problematisch scheinen die Mauerpfeiler im Bereich der Treppe, da dadurch ein Rundgang nicht möglich ist.
2.) Die Erdgeschossräume bzw. auch die Obergeschossräume im Bestand müssen neu überarbeitet werden, ebenso wie die Restauration.
3.) Der Veranstaltungsbereich muss im Detail akustisch und klimatechnisch adaptiert werden, ebenso ist die Verdunkelbarkeit zu überdenken.

Projekt 5:

Als einzige Projekt versucht der Architekt neue Kubaturen zu minimieren, in dem er den neuen Saal in das 2. OG. des Hauptplatzes 10 legt. Gerade durch diesen Schritt entsteht eine Diskrepanz im Denkmalschutz. Die Entkernung der alten Bausubstanz, sowie die Adaptierung des Dachstuhls wird negativ gesehen. Die Ausgestaltung des überdachten Innenhofes mit der Möglichkeit eines Rundganges wird als sehr positiv gewertet. Abschließend muss jedoch festgehalten werden, dass das gewünschte Zeichen für die Gemeinde durch die vorgeschlagene Bebauung nicht gefunden wurde.

Projekt 6:

In der kleinteilig strukturierten Hinterhofarchitektur wird der großvolumige Baukörper (Saal 2) fremd, fügt sich nicht ein. Als Solitär kommt er hier nicht zur Geltung, stört eher durch seine Masse und Oberfläche die städtebauliche Struktur und Dachlandschaft. Die einbindenden Kubaturen wirken zu schwach. Das Fensterband des Saals 2 wirkt formal und von der Richtungsgebung her nicht überzeugend, die max. mögliche Auskragung von 4,50 m wird überschritten (5,40 m). Die Erschießung der oberen Geschosse ist wenig attraktiv. Gelungen sind die Organisation der Fluchtwege und die Anlage des Windfanges.

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