27/08/2007
27/08/2007

Pavillon mit Rednerpult, das gleichzeitig als Bar und Trinkstation dient

multifunktionaler Pavillon als moderne Interpretation des Klingensteiner Achteckstadels

Gemäß dem Motto der Genussregion Hügelland als „Slow Region“ führte HoG Architektur den Begriff „drive slow“ ein und integrierten die Straße in den Platz.

Südlich des Platzes erhebt sich auf einem kleinen Hügel eine moderne Kirche aus dem Jahr 1962 (Planung: Arch. DI Robert Kramreiter-Klein).

Rückansicht Kirche

Der regionale Marktplatz in Vasoldsberg befindet sich derzeit noch in Bau und soll gemeinsam mit dem neuen Marktgemeindeamt von Arch. DI Hubert Wolfschwenger am 30.09.2007 eröffnet werden. Rechts im Bild: der originale Klingensteiner Achteckstadel.

Der regionale Marktplatz in Vasoldsberg wird mittels eines Fußweges mit dem Marktgemeindeamt verbunden. Im Bild hinten: das neue Marktgemeindeamt (dzt. in Bau)

Next Step: Regionaler Marktplatz in Vasoldsberg (Lageplan)

...sind die Ingredienzien, aus denen das Architekturbüro HoG Architektur für vier Gemeinden des HöG (Hügelland östlich von Graz) neue Marktplätze kreiert.

Schon das Wort Marktplatz in seiner Zusammensetzung aus „Markt“ und „Platz“, deren Bedeutungen sich im Lauf der Zeit – vor allem der jüngeren – tief greifend gewandelt haben, lässt auf eine besondere architektonische Herausforderung schließen. „Märkte“ haben sich zum größten Teil entmaterialisiert und sind vor allem im virtuellen Raum zu finden. „Plätze“ sind als Zentren öffentlichen Lebens, als Versammlungs- und Kommunikationsorte oftmals aus dem örtlichen Kontext verschwunden. Geschichtlich betrachtet war „der Marktplatz ein Platz innerhalb der mittelalterlichen Stadt, an dem materielle Güter verkauft und gekauft wurden. [...] Seit den Anfängen der Stadtbildung waren Märkte die Zentren städtischen Lebens, dabei auch häufig städtebauliche Räume von hohem architektonischen Rang.“ Letzterem wird bisweilen wenig Bedeutung beigemessen. Plätze waren als architektonische Räume lange Zeit aus der Mode gekommen, zu einem Teil mag dies daran liegen, dass es hierzulande noch zu wenig adäquate architektonische Auseinandersetzungen mit zeitgemäßen Plätzen gibt.

Ein Versuch, dem Marktplatz in zeitgemäßer Form wieder Raum zu geben, ist das Projekt „Regionale Marktplätze im Hügelland östlich von Graz“, das, von der FA 16 des Landes Steiermark initiiert, als EU-Leitprojekt zur Umsetzung gelangte. Im Jahr 2006 lud der Verein HÖG Hügelland östlich von Graz acht steirische Teams zu einem Wettbewerb, um Entwürfe für Marktplätze in vier steirische Gemeinden - Kainbach, Raaba, St. Margarethen a. d. R. und Vasoldsberg - zu erlangen. Als deren gemeinsames Zeichen der regionalen Identität, nunmehr marketingtechnisch CI genannt, galt es, im Rahmen des Wettbewerbs den Klingensteiner Achteckstadel, der im Original in Vasoldsberg steht und den hochstämmigen Apfelbaum in den Entwurf aufzunehmen.

„Ein Augenschein vor Ort nährte mehr die skeptische Annäherung als die Begeisterung für die Aufgabe: vier sehr unterschiedliche Örtlichkeiten, deren Ambiente sich zwischen räumlicher und ästhetischer Gleichgültigkeit und der in Österreich stets präsenten postbarocken Gestaltungsfreude einordnet, sträubten sich gegen einen einheitlichen Zugang.“ So beschreiben die Wettbewerbsgewinner, Martin Emmerer, Hansjörg und Clemens Luser von HoG Architektur ihren ersten Zugang zur Aufgabe. Sie antworteten mit der „Kalten Platte für vier Hügellandgemeinden“: „Ein flacher Betonkörper fällt gänzlich unerwartet in das weiche steirische Hügelland, drückt sich zum Teil in das Gelände, ragt zum Teil heraus und legt sich raumgreifend über alles Vorhandene. Seine im Besenstrich abgezogene ebene Betonoberfläche spannt eine unregelmäßig viereckige Kontur mit langem Zeigefinger auf und bildet jenes Tableau, auf dem sich nun die primären CI Elemente des Hügellandes präsentieren können.“

Die erste Platte fiel nicht auf eine der vorgesehenen Gemeinden, sondern landete in der Gemeinde Laßnitzhöhe, die spontan für die abgesprungene Gemeinde Raaba einsprang und als erste den Marktplatz fertig stellte. Am 12.08.2007 wurde er feierlich eröffnet.

Es spricht für den Entwurf, dass dieser trotz der besonderen Umstände von Zeitdruck und komplizierter Örtlichkeit, erstaunlich konsequent umgesetzt werden konnte. Der neue Platz liegt östlich einer Verkehrsinsel und man kann, auf der Suche nach dem Ortszentrum, das es in Laßnitzhöhe nicht gibt, leicht daran vorbeifahren. Gemäß dem Motto der Genussregion Hügelland als „Slow Region“ führten HoG den Begriff „drive slow“ ein und integrierten die Straße in den Platz. Südlich des Platzes erhebt sich auf einem kleinen Hügel eine moderne Kirche aus dem Jahr 1962 (Planung: Arch. DI Robert Kramreiter-Klein). Sie kommt nun unverhofft zu einem Platz und gibt diesem, quasi als Gegenleistung, durch ihre markante Erscheinung seine eigene Note.

Ein Vergleich mit dem Wettbewerbsergebnis zeigt, dass die einzelnen Elemente des Entwurfs - der Pavillon als moderne Interpretation des Klingenbacher Achteckstadels, die Fahrradständer, die ausklappbaren Tische, die in den Pavillon integriert sind, das Beleuchtungselement „Milchstraße“ sowie die Sitzbänke - entwurfsgemäß umgesetzt werden konnten. Auch der hochstämmige Apfelbaum wurde gepflanzt und wird aufgrund seines jugendlichen Alters noch einige Jahre brauchen, um in Erscheinung zu treten. Wie man hört, wird der neue Platz in Laßnitzhöhe sehr gut angenommen. Dies ist ein Beweis dafür, dass zeitgenössischer Gestaltungswille sehr wohl auch in ländlichen Gebieten Anklang findet.

Am 30. September 2007 soll der Marktplatz in Vasoldsberg gemeinsam mit dem neuen Marktgemeindeamt von Arch. DI Hubert Wolfschwenger eröffnet werden, die Bauarbeiten sind jedenfalls voll im Gange. Geht es nach Plan, so folgen im November 2007 die Eröffnungen in Kainbach und St. Margarethen a. d. Raab. Mit Ende des Jahres 2007 muss das von der EU geförderte Leitprojekt "Regionale Marktplätze im Hügelland östlich von Graz" abgeschlossen sein, dessen rasche Umsetzung Mut für weitere baukulturell wertvolle Initiativen im ländlichen Raum machen sollte.

Angaben zum Teilprojekt in Laßnitzhöhe
_ Wettbewerbsverfahren: 2006
_ Fertigstellung: September 2007
_ Bauherr: Marktgemeinde Laßnitzhöhe
_ Auftraggeber: Verein HöG Hügelland östlich von Graz in Kooperation mit dem Land Steiermark - Abt. 16

_ Planung:
HoG Architektur ZT GmbH
Arch. DI Hansjörg Luser, DI Martin Emmerer, DI Clemens Luser
Belgiergasse 6, A 8020 Graz
T ++43 (0)316/22 58 05-0
F ++43 (0)316/22 58 05 99
studio@hog-architektur.com

Kofinanziert aus Mitteln der Europäischen Gemeinschaft: Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft.
Gefördert aus Mitteln des Landes Steiermark - Abt. 16, Landes- und Gemeindeentwicklung.

Verfasser/in:
Ute Angeringer-Mmadu, Bericht
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
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