04/07/2007
04/07/2007

AuePavillon inside

Ines Doujak, Siegesgärten, 2007

Gerwald Rockenschaub, 2007

John McCracken, Orchid, 1991

Poul Gernes, Model for the Watertower, 1972

Lu Hao, Recording 2006 chang´an street, 2006, Tusche auf Seide

Léon Ferrari, Passarelas (Ausschnitt), 1981

Peter Friedl, Zoo Story, 2007
Die Giraffe "Brownie" aus dem Westjordanland starb 2003 bei einem militärschen Angriff, als sie in Panik gegen ein Hindernis lief, stürzte und nicht mehr hochkam. Ausgestopft erwartete sie ihre "Entdeckung" durch Peter Friedl.

Trisha Brown, Floor of the forest, 1968

Trisha Brown, Floor of the Forest, Tanzperformance im Fridericianum

Sanja Ivekovic´s Mohnfeld, noch nicht blühend, im Hintergrund Andreas Siekmann´s Karussell "Die Exklusive - Zur Politik des ausgeschlossenen Vierten"

Charlotte Posenenske, Drehflügel SerieE, 1967

Haroun Farocki, Deep Play, 2007
Videoanalsye des Fußball WM Finalspiels auf 12 Monitoren im Fridericianum

Cosima von Bonin, Krake

Inigo Maglano-Ovalle, Phantom Truck

Eine der 159 Bildmontagen von Luis Jacob in Album III, 2004

Kerry James Marshall, Invisible Man

Romuald Hazoumé, Dream

documenta12
Die Definitions-Schau der Kuratoren Roger Buergel und Ruth Noak

Am 16. Juni 2007 eröffnete die documenta 12 ihre 100 Tage zu den Fragen: "Ist die Moderne unsere Antike?", "Was ist das bloße Leben?" und "Was tun?".

Erst mal den Ausstellungsparcours starten: Im Aue-Pavillon von Lacaton & Vassal, der trotz der Distanzierung der ArchitektInnen einen zeitgemäßen Raum für Kunst darstellt, sind die Kunstwerke lose am roten Asphaltteppich drapiert. Ein Großteil der hier gezeigten KünsterInnen wie Gerwald Rockenschaub, Charlotte Posenenske, John McCracken und Trisha Brown sind auch in den übrigen Ausstellungsstationen vertreten, im Fridericianum, der Neuen Galerie und in der documenta-Halle. In der Gesamtheit der Schau wird klar: Hier wird nicht das Aktuellste gezeigt, sondern auch mal weiter zurückgeschaut, daher kommt manches bekannt vor. Nicht "the hottest and the newest" des Kunstmarktes wird offenbart, sondern eine Definition des Kunstbegriffs „installiert“: Die Kuratoren erzählen ihre Kunst-Geschichte(n) durch ihre Auswahl der KünstlerInnen und durch die Kontextualisierung der Exponate.Natur scheint eine besondere Rolle zu spielen, beginnend bei den Skulpturen von John McCracken über das Beet der „Siegesgärten“ von Ines Doujak, in dem die Stilblüten der Genmanipulation und der Globalisierungsverluste blühen, bis zu den Naturschauspielen wie dem Mohnfeld von Sanja Ivekovic vor dem Fridericianum, das tätsächlich der Natur in Form von Mohnsamen als Taubenfutter Tribut zollen musste - vom rotblühenden Feld ist noch nicht viel zu sehen. Auch die Reisterrassen des thäilandischen Künstlers Sakarin Krue-On am Schloss Willhelmshöhe wollen nicht so recht gedeihen.

Besondere Raumerfahrungen bieten die Arbeiten von Iñigo Manglano-Ovalle in der documenta-Halle, sein „Phantom Truck“ ist ebenso sinnlich wie hintergründig politisch. Der "Phantom Truck" als graues lastwagenartiges Gebilde erinnert an die angeblichen irakischen ABC-Waffen-Trucks, die der damalige US-Außenminister Colin Powell dem UNO-Sicherheitsrat präsentierte. Iñigo Manglano-Ovalle: "Ich versuche nicht nachzuweisen, dass dieser LKW eine Lüge war, sondern ich versuche zu zeigen, wie eine Lüge und ein Gerücht entstehen".
Die „Zoo Story“ von Peter Friedl liefert die wohl am häufigsten erzählte documenta12-Story: Die Giraffe "Brownie" aus dem Westjordanland starb 2003 bei einem militärischen Angriff, als sie in Panik gegen ein Hindernis lief, stürzte und nicht mehr hochkam. Ausgestopft erwartete sie ihre "Entdeckung" durch Peter Friedl neben dem Zoogelände in der Westbank und wurde für die documenta12 nach Kassel transportiert.

Eine besondere Kulturgeschichte, in verschiedene Richtungen lesbar, erzählt in gesammmelten und montierten Bildern „Album III“ von Luis Jacob, einen zweiten Blick erfordert auch "Invisible Man", von Kerry James Marshall als schwarze Figur auf schwarzen Grund gemalt, oder "Dream" von Romuald Hazoumé: sein afrikanisches Boot besteht aus 421 Blechkanistern.

Auffallend wenig Film- und Videokunst ist in den Ausstellungsräumen zu sehen - Film ist auf der documenta12 wieder im Kino zu Hause: Ein Filmprogramm im Gloria-Kino begleitet die 100 Tage, kuratiert von Alexander Horwath, dem Direktor des Österreichischen Filmuseums in Wien.

Beinahe einfach „sinnlich“ ist die documenta12 als Kunst-Schau zu erfahren, obwohl im Hintergrund die großen Fragen nach der Geschichte, dem Leben, der Bildung und unserer Kultur in ihren ökonomischen und politischen Zwängen und Globalisierungskämpfen stehen.
Die Hintergründigkeit kann für Kunst-Jetsetter, die direkt von der Kaufmesse ArtBasel anreisen, enttäuschend sein und erhellend nur für jene, die sich abseits der Hastigkeit des Event-Kunstmarktes Zeit für einen zweiten Blick nehmen. Der Kunsthunger wird in der documenta12 unaufgeregt gestillt, die Schau macht satt statt zu übersättigen und hinterlässt kein flaues Gefühl durch flüchtige Betroffenheit(skunst) – da bleibt ausreichend Kraft für die offenen Fragen, die in den drei documenta12-Magazinen „Modernity?“, „Life!“ und „Education“ gestellt werden.

DOCUMENTA KASSEL
16/06 - 23/09/2007

KONTAKT:
documenta und Museum Fridericianum Veranstaltungs-GmbH
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34117 Kassel

T +49 (0)561/70 72 70
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Fotos: Margareth Otti, Johann Puntigam

Verfasser/in:
Margareth Otti, Empfehlung
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