12/10/2011
12/10/2011

Grundriss EG. (Darstellung: .tmp architekten)

Grundriss UG. (Darstellung: .tmp architekten)

Die neue Volksschule Hausmannstätten von .tmp architekten: Die strukturierte Holzfassade wirkt als robust-erdiger Gegenpart zu den präzise geschnittenen großen Glasflächen. (Foto: Paul Ott)

Die Lage an der bestehenden, künstlichen Geländekante in Verbindung mit dem zurückspringenden Sockelgeschoß lässt den Eindruck eines zweigeschoßigen, an der Kante schwebenden Volumens entstehen. (Darstellung: .tmp architekten)

Das geschoßübergreifende Schema zeigt den durch das gesamte Gebäude fließenden multifunktionalen Bewegungsraum. (Darstellung: .tmp architekten)

Lageplan. (Darstellung: .tmp architekten)

Grundriss OG. (Darstellung: .tmp architekten)

Baustellenfoto: Die Theatertreppe vom Untergeschoß ins Erdgeschoß. (Foto: .tmp architekten)

Baustellenfoto: Durch die Sitzzylinder sieht man in die Garderoben im UG hinunter. Das Tageslicht gelangt durch ein Oberlicht, vorbei an der Galerie im OG und durch die Zylinder bis ins UG. Im Hintergrund die Lesegalerie der Schulbibliothek. (Foto: .tmp architekten)

Die von den Architekten entwickelten, vorgefertigten Fassadenelemente aus Lärchenholz denken durch eine spezielle Lasur den Alterungsprozess mit, wodurch das silbrig-graue Erscheinungsbild schon von Anfang an und vor allem gleichmäßig gegeben ist. (Foto: .tmp architekten)

Am 8. Oktober 2011 wurde der Neubau der Volksschule Hausmannstätten feierlich eröffnet. Die Planer - .tmp architekten | tischler mechs projekte - verfolgen mit ihrem Entwurf einen neuen Ansatz, der die Anwendung moderner Pädagogik zulässt.

Eine Schule ist eine der Bauaufgaben, bei denen der Zusammenhang von Architektur und Gesellschaft, von Raum und menschlichem Verhalten am deutlichsten wird. Der Raum, in dem junge Menschen einen großen Teil ihres Tages verbringen, hat eine ebenso prägende Wirkung auf ihr späteres Leben wie ihr soziales Umfeld. Nicht selten passiert es, dass nur eine der beiden Komponenten stimmt: sich entweder engagierte Pädagogen in vorgestrigen Räumlichkeiten abmühen müssen oder Architekten innovative Raumkonzepte entwickeln (und manchmal gleich ein pädagogisches Konzept mitliefern), dieses Potenzial dann aber nicht genutzt wird.
Die neue Volksschule in Hausmannstätten entspricht keinem dieser Fälle. Die Direktorin Edeltraut Foller war, mit Unterstützung der Gemeinde, von der Ausschreibung des Wettbewerbs an in das Projekt eingebunden und konnte mit dem siegreichen Architektenduo Uli Tischler und Martin Mechs ihr ambitioniertes pädagogisches Konzept in konkreten Raum umsetzen.

Die neue Schule liegt am Grünraum des Hausmannstättener Generationenparks, in unmittelbarer Nachbarschaft des Hauptschulgebäudes, wodurch die bestehende Turnhalle und die Sportanlagen gemeinsam genutzt werden können. Der Zugangsweg führt die Kinder entlang des Ferbersbaches, fern der Gefahren an der Durchzugsstraße. Der dreigeschoßige, kubische Baukörper mit einer strukturierten Lärchenholzfassade liegt direkt an einer Geländekante, wodurch das Gebäude auf zwei Ebenen betreten werden kann. Im südwestlichen Eck liegen, geschützt von den weit auskragenden Obergeschoßen, der Haupteingang und ein, von Speisesaal und Werkraum aus zugänglicher Vorbereich. Auf der anderen Seite wird zwischen den Schulen ein Hofbereich mit den erneuerten und dabei gedrehten Sportanlagen definiert, zu dem ein Ausgang vom mittleren Geschoß führt.

Keine langen, eintönigen Gänge

Bemerkenswert sind vor allem die großzügig bemessenen Bewegungsflächen, die sich über alle drei Ebenen ziehen. Diesem Raum, der mit vielen Nischen und schrägen Winkeln sehr bewusst aus dem orthogonalen, die Klassenräume fassenden Konstruktionsraster ausbricht, kommt im pädagogischen Konzept eine wesentliche Bedeutung zu. Hier findet klassenübergreifender Unterricht statt, wird gespielt und bei Schlechtwetter ersetzen die Flächen den Außenraum. Die Funktionsüberlagerung von Erschließungs-, Pausen- und Unterrichtsflächen unterstützt dabei die informelle Kommunikation der Kinder untereinander, aber auch mit den LehrerInnen. Neben den Lehrenden und den MitschülerInnen wird der Raum zum „dritten Pädagogen". Die Treppe zwischen den beiden unteren Ebenen mit Theaterstufen und einer offenen, der Schulbibliothek zugeordneten, Lesegalerie versinnbildlicht die soziale Multifunktionalität. Eine abgeschrägte Fläche am Zwischenpodest wird von den Kindern schon mal als Steilkurve interpretiert, wie die Fußabdrücke schon nach den ersten drei Schulwochen belegen. „Aber das ist ja eine Schule, kein steriles Krankenhaus", versteht Direktorin Foller die Aneignung durch die Kinder eher als Bestätigung denn als Ärgernis.

Die insgesamt zwölf, annähernd quadratischen und unterschiedlich orientierten Klassen befinden sich in den beiden oberen Geschoßen und ergänzen mit teils raumhohen Verglasungen und ihren meist zwei Eingängen, einige davon als Glastüren ausgeführt, die variantenreichen Blickbeziehungen zwischen den Pausenbereichen, den Klassenräumen und nach draußen. Mit einer Freiklasse und Loggien in unterschiedlichen Größen verfügt ein Großteil der Klassen über einen Zugang ins Freie. Zwei Klassen werden als Schulversuch mit jahrgangsübergreifendem Unterricht (und wie viele der anderen Klassen als Integrationsklassen) geführt. Sie teilen sich einen Gruppenraum, der variabel als Ganzes oder geteilt den Klassen zugeschaltet werden kann.
Im Erdgeschoß flankieren Speisesaal, Werkraum und die Garderoben, in die man vom darüberliegenden Pausenbereich durch glasgedeckte Sitzzylinder hinunterblicken kann, den Eingang. Ein Geschoß höher befindet sich neben Bibliotheks- und Medienraum auch die Administration mit einem Lehrerzimmer, in dem die Pädagogen in ihrer Vorbereitungszeit auch wirklich arbeiten können. Im Zentrum des Gebäudes, umspielt von den Pausenflächen, sorgt ein Lift für Barrierefreiheit.
Die sich in aller Munde befindende Nachhaltigkeit wird bei diesem Projekt nicht plakativ in den Vordergrund gestellt, sondern liegt im Verborgenen: Über eine, per Tiefenbohrung gespeiste, konditionierte Be- und Entlüftung wird das Schulhaus in Kombination mit einer Fußbodenheizung temperiert. Eine Tageslichtsteuerung regelt Beleuchtung und Beschattung. Der Außenraum fungiert durch die Höhendifferenzierung, unterschiedliche Bodenbeläge und den alten Baumbestand am Bachufer selbst als Lernlandschaft.

Die neue Volksschule von Hausmannstätten ermöglicht nicht nur einen innovativen Unterricht, fernab von unzeitgemäßem Frontalunterricht, sondern sie erzwingt ihn förmlich. Die Kinder werden es ihr danken.

PROJEKTDATEN:

Standort: Hausmannstätten, südwestl. der bestehenden Hauptschule
Planung und Örtliche Bauaufsicht: .tmp architekten, tischler mechs projekte
Mitarbeit Planung: DI Angelika Bauer, DI Peter Rous, Robert Rieder, Florian Schicho, DI Ingo Findenig
Mitarbeit Örtliche Bauaufsicht: Ing. Johann Reiterer, Ing. Karl Schantl
Bauherrin: Schulbau KG der Marktgemeinde Hausmannstätten
Projektsteuerung: architekturbüro b+p, Graz
Tragwerksplanung: DI Manfred Petschnigg, Graz
Planung HLS: Ing. Buchgraber GmbH, Ilz
Planung Elektro: Hammer GmbH, Seiersberg
Freiraumkonzept: Land in Sicht, Wien
Bauphysik: Dr. Tomberger ZT GmbH, Graz
Brandschutz: DI Rabl ZT GmbH, Graz
Bau KG Sigeplanung: Bmst. Ing. Pammer, Strass

Ausführende Firmen:
Arge PORR GmbH / Gebrüder Haider & Co, Strabag AG, MA.TEC Stahl- und Alubau GmbH, Holzbau Malli, Ebner & Wiedner GmbH, Hübl – Haustechnik GmbH, DI Wagner GmbH, Gärtnerei Alfred Zenz, Bauspengler Schwarzdecker Zidek

Beteiligte Firmen Innenausbau:
Pichler Trockenbau, Sorger Parkett, Tischlerei Reiterer, Fliesen Reinegger, Kone AG, SZW, Möbelbau Breitenthaler, Inside Einrichtungen, Piller Schul- und Objekteinrichtungen, Möbelwerk Svoboda, Zieger GmbH, Assmann Ladenbau, Zumtobel

Wettbewerbssieg: 2009
Gleichenfeier: Sept. 2010
Fertigstellung: Sept. 2011

KONTAKT:
.tmp architekten | tischler mechs projekte
Ass.-Prof., Arch. DI Dr. Uli Tischler | DI Martin Mechs
Haydngasse 6, 8010 Graz
T 0316.81 76 35, F -75
mail@t-m-p.org

> > TERMINHINWEIS: HÄUSER SCHAUN

Im Rahmen der HDA-Reihe Häuser schaun wird am am Samstag, dem 05.11.2011, um 11.00 Uhr
die Volksschule Hausmannstätten von .tmp architekten besichtigt.

Samstag, 05.11.2011
Treffpunkt: 11.00 Uhr
HDA, Palais Thinnfeld
Mariahilferstraße 2, 8020 Graz

Preis: EUR 3,- / für Kinder gratis. Die Führung vor Ort startet um ca. 11.45 Uhr und dauert eine Stunde.
Die TeilnehmerInnenzahl ist beschränkt. Wir bitten um Anmeldung unter office@hda-graz.at.
Für organisatorische Fragen steht Frau Dr. Tanja Gurke gerne zur Verfügung: +43(0)650/777 84 89

Verfasser/in:
Martin Grabner, Bericht
Tschavgova

Konstruktiver Holzbau, Beton- oder Ziegelbau? Skelettbau? Mauermassenbau? Fassade als massive Holzausfachung (Foto?) oder mit Holzlattung versehene Leichtbaufassade?

Mi. 12/10/2011 9:34 Permalink
Redaktion GAT

Es gibt natürlich viele Möglichkeiten, ein Gebäude zu betrachten und zu beschreiben und jedem steht frei, welche er wählt. Dieser Beitrag legt offensichtlich den Schwerpunkt auf das Thema „Der Raum als dritter Pädagoge“ und nicht auf technische Daten und Fakten, die vs. zu einem späteren Zeitpunkt im Virtuellen Architekturführer Steiermark (http://gat.nextroom.at) Eingang finden werden.

Mi. 12/10/2011 10:32 Permalink
Martin Grabner

Bei aller Anerkennung ihrer tragenden Funktion im statischen Sinn erscheint mir die Konstruktionsmethode im Kontext des Bestrebens, Synergien zwischen Raum und Pädagogik zu schaffen, nicht von unbedingter Relevanz. Insbesondere da sie sich meist als Folge von vorangegangenen Entwurfsentscheidungen und wirtschaftlichen Überlegungen ergibt. Obwohl sonst eher nicht Oberflächlichkeiten zugeneigt empfinde ich, besonders wenn es um Raum für Kinder geht, neben den primären räumlichen Qualitäten durchaus die Anmutung und Haptik der Oberflächen ausschlaggebender als die Konstruktionsmethode.

Di. 18/10/2011 9:39 Permalink
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